Zur Unterbringung von Flüchtlingen: Kündigungen von Mietern durch die Gemeinde wirksam?

Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen.

Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen.

In der Presse war in den vergangenen Wochen mitunter von Fällen zu lesen, in denen Mieter eine Kündigung von der Kommune bzw. dem kommunalen Wohnungsunternehmen erhalten hatten, damit in diesen Wohnungen Flüchtlinge untergebracht werden können. Können solche Kündigungen wirksam sein?

Keine Kündigung wegen Eigenbedarfs:

Wegen Eigenbedarfs kann eine Gemeinde grundsätzlich nicht kündigen, da der Vermieter gem. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB dabei die Wohnung für sich oder nahe Angehörige benötigen muss. Da es sich bei Gemeinden oder gemeindeeigenen Wohnungsgesellschaften um juristische Personen handelt, die nicht selbst bewohnen können und naturgemäß auch keine Angehörigen haben, scheidet dieser Kündigungsgrund grundsätzlich aus.

Kein Betriebsbedarf bei Unterbringung von Flüchtlingen:

Dass die Kommune die Wohnung auch nicht für ihre Mitarbeiter benötigt, ist auch der sog. Betriebsbedarf nicht einschlägig. Auf Flüchtlinge werden Gerichte diese Fallgruppe wohl nicht erstrecken. Es handelt sich in diesem Fall ja nur um allgemeine öffentliche Aufgaben.

Kündigung wegen notwendiger Erfüllung von öffentlichen Aufgaben?

Gerichte haben in vergangen Fällen mitunter die notwendige Unterbringung von Asylbewerbern oder Obdachlosen als Kündigungsgrund für die Gemeinde anerkannt. Ich halte das für äußerst zweifelhaft vor dem Hintergrund, dass vom Gericht im Ergebnis eine Interessenabwägung vorzunehmen ist. Diese beinhaltet sowohl die grundrechtlich geschützten Interessen des Mieters als auch die ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen des Vermieters. Als grundrechtlich geschütztes Interesse des Vermieters kommt letztlich nur die Erfüllung von öffentlichen Aufgaben, hier die Vermeidung von Obdachlosigkeit für Dritte in Betracht. Genau diesem Interesse steht allerdings das gleiche Interesse des Mieters gegenüber. Allerdings mit dem Unterschied, dass der Mieter bereits seit vielen Jahren Mitglied der Gemeinde ist. Insofern kann eine Interessenabwägung regelmäßig nur zu Gunsten des Mieters ausgehen.

Restrisiko für Mieter bleibt:

Da es keine gefestigte Rechtsprechung zu dieser Frage gibt, bleibt für betroffene Mieter ein Restrisiko. Der Prozess kann unter Umständen verloren gehen.

Räumungsklage riskieren:

Ich empfehle Mietern, unbedingt in der Wohnung zu bleiben und eine Räumungsklage des Vermieters zu riskieren. Auch wenn die Gemeinden unter großem öffentlichen Druck stehen, ist das Ausspielen der Interessen der Gemeindemitglieder gegen Interessen der Flüchtlinge weder politisch opportun noch medial sinnvoll. Das werden die Kommunen vermutlich noch einsehen. Auch in den Fällen, in denen Räumungsverfahren von den Kommunen durchgezogen werden, stehen die Chancen vor Gericht nicht schlecht.

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11.11.2015

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