Bundesgerichtshof stärkt Kapitalanleger – Immobilienverkäufer können neben der Vertriebsgesellschaft aus einem selbständigen Beratungsvertrag haften – von Rechtsanwalt Kim Oliver Klevenhagen
Eine Verurteilung zum Schadensersatz wegen Pflichtverletzung aus einem selbständigen Beratungsvertrag kann den Verkäufer einer sog. “Schrottimmobilie” auch dann treffen, wenn die Beratung durch die Vertrieb
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 01.03.2013, V ZR 279/11, Rechtsklarheit geschaffen. Immer wieder war es eine wesentliche Streitfrage vor den Gerichten in den sogenannten Schrottimmobilien-Fällen, ob neben dem Beratungsvertrag zu den tätig gewordenen Vertriebsgesellschaften auch ein selbstständiger Beratungsvertrag zu den Verkäufern der Immobilie zustande gekommen ist.
Zur bisherigen Rechtsprechung
Der Beratungsvertrag wird häufig zwischen den Kaufvertragsparteien durch den Vermittler zustande gebracht, dessen stillschweigende Bevollmächtigung zum Abschluss des Beratungsvertrages letztlich den Umständen entnommen wird. Dies galt bisher nach der Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 13.10.2006, V ZR 66/06, indessen nur dann, wenn der Vermittler zweifelsfrei keinen Auftrag von dem Käufer erhalten hat.
Zum aktuellen BGH-Urteil vom 01.03.2013
Bauträger, wie die Patria Invest GmbH , die VIREO Berlin GmbH oder auch die GaBau GmbH & Co.KG, die sich bereits einem Klageverfahren von sich geschädigt fühlenden Käufern einer ihrer Eigentumswohnungen ausgesetzt sehen, können sich nunmehr nicht mehr so leicht darauf berufen, dass ein Beratungsvertrag im Zweifel ausschließlich zwischen der Beratungsgesellschaft und den Käufern zustande gekommen ist.
Der BGH entschied, dass ein Vermittler bei der Beratung über die finanziellen Vorteile eines Immobilienkaufs zugleich in eigenen und im fremden Namen handeln kann. Er kann daher von dem Verkäufer auch dann zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend bevollmächtigt sein, wenn er seinerseits einen Vermittlungs- oder Beratungsvertrag mit dem Kaufinteressenten geschlossen hat.
Wenn sich bei der Vermittlung des Kaufvertrages die Aufgabe der Beratung des Kaufinteressenten stellt und der Verkäufer der Immobilie einen Makler oder sonstigen Vermittler diese Beratung überlassen hat, können die Umstände dazu führen, dass durch stillschweigende Bevollmächtigung zwischen Verkäufer und Käufer ein Beratungsvertrag zustande kommt (§ 167 BGB).
Eine bestehende Rechtsbeziehung zwischen Vermittler und Käufer hindert die Annahme eines Beratungsvertrages zu dem Verkäufer nicht.
Voraussetzung einer Haftung des Verkäufers
Im Rahmen der Rechtsbeziehung zwischen dem Kaufinteressenten und dem Vermittler erfordert es nach dem BGH nähere Feststellung dazu, ob die ” – auf das Objekt des Verkäufers bezogene – Beratung des Interessenten dessen Kaufentschluss fördern sollten, ob der Vermittler dabei (auch) namens des Verkäufers handeln konnte und gehandelt hat und ob der Kaufentschluss (auch) auf der Beratung in Vertretung des Verkäufers beruhte”.
Eine konkludente Bevollmächtigung kommt schon dann in Betracht, wenn
-der Verkäufer den Vermittler mit dem Vertrieb der Immobilie beauftragte
-und dabei wusste oder jedenfalls nicht ausschließen konnte, dass dieser gegenüber den Kaufinteressenten die Finanzvorteile des Immobilienkaufs herausstellen würde.
Der Verkäufer muss davon ausgehen, dass der Vertrieb die finanziellen Vorteile eines Kaufes herausstellen wird, wenn sich bereits nach dem Vertriebskonzept des Verkäufers diese Aufgabe stellt.
Die Beratung folgt auch im Namen des Verkäufers, wenn
– der Berater in den verwendeten Prospekten als Vertriebspartner genannt ist,
– er das durch den Verkäufer zur Verfügung gestellte Berechnungsbeispiel verwendet oder
– der Verkäufer bis zum Abschluss des Kaufvertrages keinerlei Kontakt mit dem Kaufinteressenten hat und es damit dem Berater überlässt, die Vertragsverhandlungen bis zur Abschlussreife zu führen.
Was bedeutet dieses Urteil zukünftig für Bauträger und geschädigte Wohnungseigentümer?
Nach Ansicht des Rechtsanwaltes und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Klevenhagen von der Kanzlei Dr. Schulte und Partner hat dieses aktuelle BGH-Urteil für beide Seiten Konsequenzen:
“Kapitalanlegern wird es zukünftig vor Gericht leichter fallen, einen Beratungsvertrag zum Verkäufer herzustellen. Ist ein solcher erst einmal nachgewiesen, kommen Schadenersatzansprüche wegen Pflichtverletzungen aus diesem Beratungsvertrag in Betracht.
Für Verkäufer von Immobilien birgt dieses Urteil ein erhöhtes Haftungsrisiko. Bauträger sollten daher Maßnahmen ergreifen, damit aus den Umständen nicht hergeleitet werden kann, dass die tätige Vertriebsgesellschaft auch in ihrem Namen beraten hat.”
Sowohl betroffene Kapitalanleger, als Bauträger sollten sich daher an einen fachkundigen Rechtsanwalt wenden, der aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung und fachlichen Qualifikation Spezialist auf diesem Gebiet und dem Anlegerschutz tätig ist.
V.i.S.d.P.:
Kim Oliver Klevenhagen
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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