Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen, zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 05. August 2015 – 2 Sa 132/15 –.
Fall:
Der Arbeitgeber hatte die Raucherpausen der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit über Jahre geduldet und das Arbeitsentgelt deswegen auch nicht gekürzt. Feste Zeiten für die Raucherpausen oder Regelungen, wie oft und wie lange geraucht werden durfte, gab es allerdings nicht. Der Arbeitgeber änderte dann seine Haltung zu den Pausen, woraufhin ein Arbeitnehmer unter anderem geltend machte, dass ihm ein Arbeitsentgelt für die Raucherpause zustehe. Zur Begründung führte er insbesondere das Bestehen einer betrieblichen Übung an, die sich aus der jahrelangen Duldung der Raucherpausen durch den Arbeitgeber ergeben habe. Er habe folglich davon ausgehen können, dass er auch zukünftig eine Bezahlung der Raucherpausen erhalten werde. Dies gelte umso mehr, da es niemals zu Lohnabzügen aufgrund der Raucherpausen gekommen sei. Über Jahre hinweg sei die Handhabung der Raucherpausen im Umfang von durchschnittlich 60-80 Minuten pro Arbeitnehmer und Tag durch Fortzahlung der Vergütung gebilligt worden.
Es stellte sich im vorliegenden Fall unter anderem die Frage, ob sich durch die jahrelange Handhabung eine betriebliche Übung gebildet hatte, auf die sich der Arbeitnehmer auch für die Zukunft berufen konnte.
Urteil:
Das Arbeitsgericht Nürnberg verneinte jedoch das Vorliegen einer betrieblichen Übung im konkreten Fall und damit einen entsprechenden Anspruch des Arbeitnehmers.
Das Landesarbeitsgericht: “Hat der Arbeitgeber während sog. Raucherpausen, für die die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz jederzeit verlassen durften, das Entgelt weitergezahlt, ohne die genaue Häufigkeit und Dauer der jeweiligen Pausen zu kennen, können die Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber diese Praxis weiterführt. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht nicht (Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 05. August 2015 – 2 Sa 132/15 -, juris).”
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:
Den Arbeitnehmer trifft im Hinblick auf das Vorliegen einer betrieblichen Übung die Darlegungs- und Beweislast, wenn er sich auf eine solche berufen will. Dazu gehört auch ein konkreter Inhalt. Soweit die Handhabung durch den Arbeitgeber immer wieder unterschiedlich ist oder wie im vorliegenden Fall gar keine klaren Regelungen bestehen, wird es schwierig, eine betriebliche Übung und daraus resultierende Ansprüche darzulegen.
Fachanwaltstipp Arbeitgeber:
Arbeitgeber sollten Vorsicht walten lassen: Wer über Jahre gewisse Dinge in einem Unternehmen gestattet, schafft damit möglicherweise einen Anspruch der Arbeitnehmer auch für die Zukunft. Das gilt nicht nur für die vorbehaltlose jahrelange Zahlung von Weihnachtsgeld, sondern betrifft auch die übrigen Arbeitsbedingungen. Hätte der Arbeitgeber im vorliegenden Fall jeden Tag 10 Minuten Raucherpause gestattet und bezahlt, wäre der Fall wahrscheinlich anders ausgegangen. Dann hätte sich der Arbeitnehmer nämlich auf eine konkrete betriebliche Übung berufen können. Von dieser kommt der Arbeitgeber wiederum nicht mehr so einfach weg. Der Fall zeigt gut, dass für Arbeitgeber Vorsicht nicht nur bei den vertraglichen Regelungen, sondern auch bei den praktischen Handhabung im Betrieb geboten ist. Erfahrungsgemäß sind Arbeitgeber in guten Zeiten toleranter. In Krisenzeiten fällt Ihnen das dann manchmal auf die Füße.
5.10.2015
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