Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen.
Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen.
Bei einem verspäteten Erscheinen zur Arbeit liegt ein Verstoß gegen den Arbeitsvertrag durch den Arbeitnehmer vor. Sieht der Arbeitsvertrag einen Schichtbeginn um 6:00 Uhr vor und der Arbeitnehmer kommt erst um 6:04 Uhr, ist das ein Arbeitsvertragsverstoß. Das bedeutet aber nicht, dass jeder solche Verstoß direkt einen Grund für eine Kündigung darstellt, speziell wenn den Arbeitnehmer nur ein geringes Verschulden an der Verspätung trifft. Ein solcher Fall geminderten Verschuldens liegt etwa vor bei einer Verspätung aufgrund eines Streiks öffentlicher Verkehrsmittel oder Staus. Das kann allerdings nur dann gelten, wenn die entsprechenden Hindernisse für den Arbeitnehmer nicht vorhersehbar waren. Er ist daher auch dazu verpflichtet, öffentliche Bekanntmachung in den Medien zum Beispiel zu möglichen Streiks oder Straßensperrungen zu verfolgen und entsprechend rechtzeitig den Arbeitsweg zu beginnen.
Häufige Verspätungen als Kündigungsgrund:
Erscheint ein Arbeitnehmer häufig zu spät zur Arbeit und verletzt damit seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis, so kann der Arbeitgeber dieses Verhalten grundsätzlich zum Anlass einer ordentlichen Kündigung nehmen (BAG, Urteil vom 17.03.1988 – 2 AZR 576/87 – NZA 1989, 261, 263 m. w. N.). Hier sind jedoch auch stets die Ursachen der Verspätungen mit zu berücksichtigen. Wer als Arbeitnehmer auch noch andere geringfügige Verstöße begangen hat, lebt besonders gefährlich.
Regelmäßig vorherige Abmahnung erforderlich:
Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt der Ausspruch einer Kündigung nur dann in Betracht, wenn andere, nach den jeweiligen Umständen des konkreten Falles möglichen angemessenen milderen Mittel erschöpft sind. Als milderes und den Umständen nach als Reaktion ausreichendes Mittel ist zunächst eine Abmahnung in Erwägung zu ziehen (Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom 27. April 2006 – 15 Sa 46/06 -, juris). Wenn der Arbeitgeber wegen verhältnismäßig geringer Vertragsverstöße kündigt, ohne zuvor eine Abmahnung ausgesprochen zu haben, ist die Kündigung in der Regel unwirksam.
Arbeitgeber muss unter Umständen mehrfach abmahnen:
Wenn sich der Arbeitnehmer öfter verspätet, sind in der Regel zwei bis drei Abmahnungen des Arbeitgebers vor einer Kündigung erforderlich. Der Arbeitnehmer wird zumeist Gründe für sein verspätetes Erscheinen anführen. Da der Arbeitgeber die Kündigungsgründe beweisen muss und die Entschuldigungen des Arbeitnehmers oft nicht widerlegbar sind, empfiehlt es sich für den Arbeitgeber zur Sicherheit mehrere Verspätungen jeweils einzeln abzumahnen und erst im dann neu auftretenden Wiederholungsfall zu kündigen.
Fachanwaltstipp Arbeitgeber:
Sie sollten vor einer Kündigung stets sorgfältig prüfen, ob nicht vorher eine Abmahnung ausgesprochen werden muss. Eine fehlende Abmahnung rächt sich, wenn erforderlich gewesen, im Kündigungsschutzprozess. Das wird dann regelmäßig durch die notwendigen Abfindungszahlungen teuer. Alternativ müssen Sie den Arbeitnehmer zurücknehmen und ihm auch noch den Lohnausfall nachzahlen. Da Kündigungsschutzprozesse unter Umständen Jahre dauern können, kann dies empfindliche Schäden nach sich ziehen.
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:
Wenn Sie eine Kündigung erhalten, müssen Sie innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Wird die Frist versäumt, kann in der Regel gegen die Kündigung wirksam nichts mehr unternommen werden. Man verliert dann auch alle Chancen auf eine Abfindungszahlung.
26.10.2015
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