Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen, zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts, Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. September 2014 – 1 AZR 1083/12 -.
Ausgangslage:
Vorschriften zur Bekleidung der Arbeitnehmer sind in letzter Zeit immer wieder Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Dabei geht es regelmäßig um zwei verschiedene Themenkomplexe: Zum einen um die Frage, ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber überhaupt vorschreiben darf, welche Kleidung der Arbeitnehmer zu tragen hat und zum anderen darum, inwieweit er hierbei einzelne Arbeitnehmer bzw. einzelne Arbeitnehmergruppen unterschiedlich behandeln darf. So hat das Landesarbeitsgericht Köln (AZ: 3 TaBV 15/10) einer Firma Recht gegeben, die für die Sicherheitskontrolle am Flughafen Köln-Bonn zuständig ist und von ihren Mitarbeitern verlangt hatte, dass diese einfarbige Unterhosen in Weiß oder Hautfarbe tragen. Blümchenmuster auf dem Schlüpfer wurden explizit verboten und Frauen verpflichtet, einen BH zu tragen.
Fall:
Im vorliegenden Fall hatte das Bundesarbeitsgericht über die Klage eines Piloten der Lufthansa zu entscheiden, der es ablehnte, eine Pilotenmütze zu tragen. Im Rahmen einer Betriebsvereinbarung zwischen Lufthansa und Betriebsrat war für die Arbeitnehmer während des Dienstes Dienstkleidung vorgesehen. Für männliche Piloten war eine Pilotenmütze vorgesehen, für weibliche Piloten nicht. Der Pilot hielt diese unterschiedliche Ausgestaltung nach dem Geschlecht für unzulässig. Die Lufthansa berief sich hingegen auf das klassische Bild vom Piloten und typische weibliche Frisuren, die durch entsprechende Mützen unangemessen beeinträchtigt werden könnten.
Urteil:
Das Bundesarbeitsgericht hat dem Piloten Recht gegeben. Die Regelung in der Betriebsvereinbarung ist unwirksam. Ungleichbehandlungen bestimmter Gruppierungen sind unter dem Gesichtspunkt des betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nur dann wirksam, wenn sie dem Regelungszweck entsprechend sachlich gerechtfertigt sind.
Das Bundesarbeitsgericht: “Die einheitliche Dienstkleidung soll das Cockpitpersonal in der Öffentlichkeit als hervorgehobene Repräsentanten des beklagten Luftfahrtunternehmens kenntlich machen. Gemessen an diesem Regelungszweck ist eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt. Ob es sich überdies um eine Benachteiligung wegen des Geschlechts handelt, bedurfte keiner Entscheidung.”
Stellungnahme:
Gleichbehandlung funktioniert nur in beide Richtungen. Frisuren werden je nach Art durch Mützen mehr oder weniger beeinträchtigt. Dabei ist es völlig egal, ob es sich um Frisuren von Männern oder Frauen handelt. Auf überkommene Bilder in der Öffentlichkeit, wo zum Beispiel mit einem Piloten eine Kopfbedeckung und mit einer Pilotin keine Kopfbedeckung assoziiert wird, wird man sich unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nie berufen können. Sinn und Zweck entsprechender Regelungen ist gerade die Herstellung von Gleichbehandlung. Entsprechend ist das Urteil konsequent.
Quelle:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. September 2014 – 1 AZR 1083/12 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 29. Oktober 2012 – 5 Sa 549/11 –
Fachanwaltstipp:
Auch Regelungen in Betriebsvereinbarungen unterliegen gewissen Wirksamkeitsvoraussetzungen. Arbeitgeber und Betriebsrat sind hier keineswegs völlig frei. Insbesondere der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz muss beachtet werden. Vor diesem Hintergrund unterliegen entsprechende Regelungen einer zunehmend strengeren Prüfung. Erst recht gilt das natürlich für Regelungen in Arbeitsverträgen oder für entsprechende Weisungen des Arbeitgebers. Bei der momentanen Gleichbehandlungsinflation sind insbesondere Regelungen, die zwischen den männlichen und weiblichen Mitarbeitern differenzieren, besonders kritisch zu betrachten. Wenn möglich, sollte man derartige Differenzierungen vermeiden.
30.9.2014
Ein Artikel von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen.
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