Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen.
In der letzten Zeit erhalte ich vermehrt Anfragen von Vermietern, die bestehende Mietverhältnisse kündigen wollen, um Flüchtlinge unterzubringen. Die Beantwortung der Frage ist davon abhängig, ob es sich um ein Wohnungsmietverhältnis handelt oder um einen Gewerberaummietvertrag.
Kündigung von Gewerberaummietverhältnissen häufig möglich
Die Kündigung eines Gewerberaummietverhältnisses ist häufig ohne Grund möglich. Ist dies nicht der Fall, können zum Beispiel Fehler bei der Schriftform zu einer vorzeitigen Beendigungsmöglichkeit für den Vermieter führen.
Mietvertrag prüfen
Bei einem Gewerberaummietverhältnis empfiehlt sich zunächst ein Blick in den Mietvertrag. Enthält der Mietvertrag eine ausdrückliche Kündigungsmöglichkeit, bedarf es keines Kündigungsgrundes. Der Vermieter kann dann unter Einhaltung der dort vorgesehenen Kündigungsfrist kündigen.
Unbefristeter Mietvertrag kann ohne ausdrückliche Regelung gekündigt werden
Ein unbefristeter Mietvertrag kann ohne ausdrückliche vertragliche Regelung mit der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden. Sie beträgt im Gewerbemietrecht gemäß § 580a Abs. 2 BGB sechs Monate zum Ende eines Kalendervierteljahres. Voraussetzung ist, dass die Kündigungserklärung der jeweils anderen Vertragspartei spätestens am dritten Werktag eines Quartals zugeht.
Befristeter Mietvertrag ebenfalls häufig wegen Schriftformverstoß vorzeitig kündbar
Ist der Mietvertrag für eine bestimmte Zeit fest eingegangen und ist eine vorherige Kündigung nicht ausdrücklich zugelassen, ergibt sich gleichwohl sehr häufig eine Kündigungsmöglichkeit. Ein zeitlich befristeter Gewerbemietvertrag muss der gesetzlichen Schriftform entsprechen. Falls nicht, ist die Befristung unwirksam. Das Mietverhältnis wird dann wie ein unbefristetes Mietverhältnis behandelt. Dies hat zur Konsequenz, dass der Gewerbemietvertrag nun mit den gesetzlichen Kündigungsfristen von wenigen Monaten ordentlich gekündigt werden kann. Mit einem Angriff auf die Schriftform eines Gewerbemietvertrages kann ein auf lange Jahre fest abgeschlossenes Gewerbemietverhältnis vorzeitig gekündigt werden.
Schriftform des Mietvertrages prüfen
Folgende Gründe können regelmäßig eine Verletzung der Schriftform zur Folge haben:
-Keine vollständige Bezeichnung der Vertragsparteien
-Keine Angabe des Vertretungsverhältnisses
-Fehlende Unterschrift/Unterschriften des Vermieters oder des Mieter
-Keine ausreichende Beschreibung des Vertragsgegenstandes im Mietvertrag (Räume nicht genau bezeichnet)
-Keine ausreichende Beschreibung des Vertragszweckes im Mietvertrag
-Vertragsänderungen, die nicht schriftlich festgehalten werden (mündliche Absprachen)
Fazit: Kündigung von Gewerberaummietverhältnissen wegen der Flüchtlingskrise häufig möglich.
Kündigung von Wohnraummietverhältnisse in der Regel nicht möglich:
Keine Kündigung wegen Eigenbedarf
Der Kündigungsgrund Eigenbedarf setzt gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB voraus, dass der Vermieter die Wohnung für sich oder für nahe Angehörige benötigt. Das können Familienangehörige oder Angehörige des Haushalts sein. Wenn ein Flüchtling nicht unter diese Kategorie fällt, was regelmäßig nicht der Fall sein wird, scheidet eine Eigenbedarfskündigung aus.
Keine Verwertungskündigung bei Unterbringung von Flüchtlingen
Verwertungskündigungen werden in der Regel ebenfalls ausscheiden. Kündigungsgrund ist hier die Hinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung der Wohnung. Auch wenn Kommunen in der jüngsten Vergangenheit exorbitante Mieten für die Unterbringung von Flüchtlingen zahlten, wird dies Vermietern bei der Begründung einer Verwertungskündigung nicht helfen. Dem steht schon § 573 Abs. 2, 2. Halbsatz BGB entgegen. Danach darf der Vermieter einen Mietvertrag nicht mit der Begründung kündigen, von einem neuen Mieter eine höhere Miete fordern zu können.
Fazit: Keine Kündigungsmöglichkeit für private Vermieter wegen der Flüchtlingskrise
4.12.2015
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