BVerfG: Verhältnismäßigkeit beim Vorwurf der Insolvenzverschleppung
Der Vorwurf der Insolvenzverschleppung ist schnell gemacht. Bei den Ermittlungen muss aber die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Eine Wohnungsdurchsuchung schießt schnell übers Ziel hinaus.
Zu den Pflichten eines Geschäftsführers gehört u.a. die rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrags. Der Insolvenzantrag muss ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt werden. Verstößt der Geschäftsführer gegen diese Pflicht, macht er sich strafbar, erklärt die Wirtschaftskanzlei GRP Rainer Rechtsanwälte.
Der Vorwurf der Insolvenzverschleppung ist schnell gemacht. Bei den Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die Durchsuchung der privaten Wohnräume des Geschäftsführers kann verfassungswidrig sein, wenn der Anfangsverdacht nicht auf konkreten Tatsachen, sondern nur auf vagen Anhaltspunkten und bloßen Vermutungen beruht, wie das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 10.01.2018 klarstellte (Az.: 2 BvR 2993/14).
In dem zu Grunde liegenden Fall pflegten zwei Gesellschaften seit Jahren enge Geschäftskontakte. Als die eine GmbH mit ihren Zahlungen in Verzug geriet und die Zahlungen trotz mehrerer Mahnschreiben ausblieben, stellte der Gläubiger Strafantrag. Die zuständige Staatsanwaltschaft leitete darauf hin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung ein. Dabei wurde die Durchsuchung der Geschäftsräume und der Wohnräume des beschuldigten Geschäftsführers angeordnet und vollzogen. Der Geschäftsführer legte Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung ein und beantrage zugleich die Herausgabe der sichergestellten Akten, da keine Indizien für die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft vorlägen. Vielmehr sei aus dem Schriftverkehr ersichtlich, dass die geltend gemachten Forderungen bestritten und daher nicht gezahlt wurden. Zudem sei die Durchsuchungsanordnung unverhältnismäßig, da zahlreiche grundrechtsschonendere Ermittlungsmaßnahmen zur Verfügung gestanden hätten.
Im weiteren Verlauf wurde die Sicherstellung der Unterlagen aufgehoben und das Ermittlungsverfahren eingestellt. Der Geschäftsführer legte aber Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung seiner Grundrechte ein. Hinsichtlich der Durchsuchung der Wohnung gab das BVerfG der Beschwerde statt. Für eine Wohnungsdurchsuchung müsse ein auf konkreten Tatsachen beruhender Anfangsverdacht bestehen und die Durchsuchung verhältnismäßig sein. Sie sei jedenfalls dann unverhältnismäßig, wenn grundrechtsschonendere Ermittlungsmethoden ohne plausiblen Grund ausblieben. Konkret hätte hier Einsicht in das Schuldnerverzeichnis und in die Jahresabschlüsse der GmbH genommen oder auch um Auskunft aus der Kontenabrufdatei ersucht werden können.
Beim Vorwurf der Insolvenzverschleppung oder einer drohenden Insolvenz sind im Gesellschaftsrecht erfahrene Rechtsanwälte kompetente Ansprechpartner.
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