Rückzahlung geleisteter Betriebskostenvorauszahlungen bei beendetem Mietverhältnis?

Ein Beitrag von Rechtsanwältin Anja Härtel und Rechtsanwalt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin zum Urteil des BGH vom 26.09.2012, Aktenzeichen VIII ZR 315/11:

Leistet der Mieter die vertraglich vereinbarte Betriebskostenvorauszahlungen und der Vermieter rechnet nicht ordnungsgemäß oder überhaupt nicht darüber ab, besteht die Möglichkeit, an den zukünftig zu leistenden Vorauszahlungen ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben, solange bis der Vermieter die Abrechnungen vornimmt, bzw. korrigiert. Noch ärgerlicher ist es jedoch, wenn das Mietverhältnis bereits beendet ist. Dann nutzt einem Mieter auch das Recht zur Zurückbehaltung von Betriebskostenvorauszahlungen nichts mehr.

Ausgangslage:

Bereits 2006 hat der BGH entschieden, dass in einem bestehenden Mietverhältnis über Wohnraum der Mieter nicht die vollständige Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlungen verlangen kann, wenn der Vermieter nicht fristgerecht über die Betriebskosten eines Abrechnungszeitraums abgerechnet hat. In diesem Fall ist der Mieter dadurch hinreichend geschützt, dass ihm bis zur ordnungsgemäßen Abrechnung des Vermieters gemäß § 273 Abs. 1 BGB ein Zurückbehaltungsrecht jedenfalls hinsichtlich der laufenden Nebenkostenvorauszahlungen zusteht (BGH, Urteil vom 29. März 2006 – VIII ZR 191/05 -, juris).

Das beantwortet jedoch nicht die Situation eines Mieters, wenn das Mietverhältnis beendet ist und immer noch keine Abrechnung vorliegt. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 26.09.2012, Aktenzeichen VIII ZR 315/11 eine interessante Entscheidung über die Rückforderungsmöglichkeit für den Mieter beim beendeten Mietverhältnis getroffen.

Der Fall:

Die Kläger als ehemalige Mieter nehmen ihren ehemaligen Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses im Laufe des Jahres 2009 auf Rückzahlung von Betriebskostenvorauszahlungen in Anspruch.

Das Amtsgericht hat leidglich einen Teilbetrag in Höhe von 200,47 EUR Euro nebst Zinsen stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Kläger sind in die Berufung gegangen, soweit ihnen ein Anspruch auf Rückzahlung von 1.880 EUR nebst Zinsen (Rückforderung der für die Jahre 2002 bis 2004 geleisteten Vorauszahlungen) aberkannt wurde. In der Berufungsinstanz hat der Vermieter/Beklagte die Nebenkostenabrechnungen für diese Zeiträume erteilt und sich der Erledigungserklärung der Mieter nicht angeschlossen. Das Landgericht hat die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt, der BGH hat das ursprüngliche Urteil des Amtsgerichts wieder hergestellt.

Die relevante Entscheidung:

In seinem Urteil vom 26.09.2012, Aktenzeichen VIII ZR 315/11 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass dem Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein Anspruch auf Rückzahlung von Betriebskostenvorauszahlungen nur insoweit zugebilligt werden kann, als er während der Dauer des Mietverhältnisses nicht die Möglichkeit hatte, den Abrechnungsanspruch durch Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts an den laufenden Vorauszahlungen durchzusetzen. Der BGH knüpft dazu an seine frühere Rechtsprechung zur Rückforderungsmöglichkeit im laufenden Mietverhältnis an, wie oben bereits dargestellt. Eine Rückforderung im laufenden Mietverhältnis ist ausgeschlossen, da der Mieter durch das ihm zustehende Zurückbehaltungsrecht hinreichend geschützt ist (BGH, Urteil vom 29. März 2006, VIII ZR 191/05).

Das bedeutet für den Mieter und seinen Rückforderungsanspruch nach einem beendeten Mietverhältnis, dass er darlegen und beweisen muss, warum er im ursprünglich laufenden Mietverhältnis nicht das ihm zustehende Zurückbehaltungsrecht ausüben konnte und demzufolge besonders schutzwürdig ist. Wenn es hierfür einen plausiblen Grund gibt, dann besteht die Chance für den Rückforderungsanspruch von Betriebskostenvorauszahlungen nach beendetem Mietverhältnis.

Im vorliegenden Fall unterlagen die Mieter, da der eingeklagte Abrechnungsanspruch in 2009 für die Abrechnungsperioden 2002 – 2004 bereits verjährt war. Das bedeutet, dass die Mieter keinen Gebrauch von ihrem Zurückbehaltungsrecht im laufenden Mietverhältnis gemacht haben und dies sogar verjähren ließen. Deshalb waren sie nicht besonders schutzwürdig und ein Rückforderungsanspruch von Betriebskostenvorauszahlungen nach beendetem Mietverhältnis schied somit aus.

Anwaltstipps Vermieter:

Sind Sie mit Rückforderungsansprüchen von Betriebskostenvorauszahlungen nach beendetem Mietverhältnis von ehemaligen Mietern konfrontiert, weil Sie bislang noch nicht über die Nebenkosten abgerechnet haben, dann haben Sie noch bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung die Gelegenheit, die Abrechnung nachzuholen. Eine sich ergebende Nachforderung könnte sich gegebenenfalls als uneinbringlich herausstellen. Dies müsste jedoch am Einzelfall genau geprüft werden. Wenden Sie sich hierfür gern an uns.

Anwaltstipps Mieter:

Nach einem beendeten Mietverhältnis lohnt sich immer der Gedanke an die Rückforderung von geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen, wenn der Vermieter bislang keine Abrechnung vorgenommen hat. Allerdings kann er dies bis zur letzten mündlichen Verhandlung nachholen. Zudem müssten Sie als Mieter darlegen und beweisen, warum Sie im laufenden Mietverhältnis kein Zurückbehaltungsrecht an den laufenden Betriebskostenvorauszahlungen ausgeübt haben. Gern stehen wir Ihnen hierfür mit Rat und Tat zur Seite.

Quelle:

BGH, Urteil vom 29. März 2006 – VIII ZR 191/05
BGH, Urteil vom 26. September 2012 – VIII ZR 315/11

07.09.2014

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