Team der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften Krems zeigt deutliche Korrelation zwischen Kachexie und Biomarkern des Knochenabbaus
Krems, 27. Juli 2021 – Der starke Verlust an Muskelmasse und Gewicht, den viele Krebspatientinnen und -patienten im Laufe ihrer Krankheit erleiden, hat auch Auswirkungen auf den Knochenstoffwechsel. Das zeigen aktuelle Ergebnisse einer Studie an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften Krems (KL Krems). In dieser konnte eine deutliche Korrelation zwischen der als Kachexie bezeichneten Abmagerung und dem starken Anstieg von Biomarkern des Knochenabbaus festgestellt werden. Die Ergebnisse könnten die Grundlage für neue Präventionsmaßnahmen darstellen, um Osteoporose und Knochenbrüche in dieser bereits stark geschwächten Patientengruppe zu verhindern. Veröffentlich wurden die Ergebnisse jetzt im internationalen Fachjournal BMC Cancer.
Eine fortgeschrittene Krebserkrankung führt in etwa der Hälfte aller Patientinnen und Patienten zu einer Auszehrung. Dieser als Kachexie bezeichnete Prozess ist von starkem Schwund des Fett- und Muskelgewebes sowie von systemischen Entzündungen geprägt. Auch der Stoffwechsel vieler Organe inklusive der Knochen wird dabei verändert. Knochenschäden sind bei Krebsbetroffenen zwar seit langem bekannt, doch wurden dafür bisher Skelettmetastasen oder hormonbasierte Therapien verantwortlich gemacht. Ob auch die Kachexie ursächlich dafür sein könnte oder einen Beitrag leistet, haben nun Medizinerinnen und Mediziner der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften Krems (KL Krems) untersucht und dabei schlüssige Ergebnisse finden können.
Knochenstoffwechsel
„Unsere Ergebnisse belegen, dass Kachexie zumindest bei männlichen Krebspatienteneinen negativen Einfluss auf das Gleichgewicht von Knochenauf- und -abbau hat –und dadurch zu Knochenschäden führt“, erläutert Dr. Sonia Vallet, Oberärztin an der Inneren Medizin 2, Universitätsklinikum Krems und Leiterin der Studie. Der Schlüssel zu dieser Erkenntnis war das Messen von Biomarkern im Blut männlicher Betroffener, die mit dem Knochenaufbau oder -abbau in Zusammenhang stehen. Zu diesen Markern zählten freigesetzte Fragmente des Kollagenmoleküls (CTX – C-terminale Crosslinks), Biomarker für Knochenabbau, sowie Osteocalcin (Ocn) und Propeptid-Typ-1-Kollagen (PINP), Biomarker für Knochenaufbau. Zu Beginn der Studie wurden der Gewichtsverlust, der Body-Mass-Index sowie die Muskelmasse der (ausschließlich männlichen) Patienten erfasst. Darauf basierend konnten jene Patienten ermittelt werden, die bereits bei Studienbeginn an Kachexie litten (60%) und jene, auf die dies nicht zutraf (40%). Letztere dienten der Studie als Kontrollgruppe. Alle zu Studienzwecken verwendeten Patientenproben wurden vor Beginn der Krebstherapie gesammelt, sodass der Einfluss der Behandlung auf die Ergebnisse ausgeschlossen werden konnte.
Tatsächlich gelang es dem Team um Dr. Vallet so, für kachektische Patienten zu zeigen, dass die Konzentration von CTX im Mittel um 40% höher lag als bei der Kontrollgruppe. Die Werte für Ocn und PINP waren hingegen in beiden Gruppen annähernd gleich. „Das war natürlich ein starker Hinweis, dass Kachexie den Knochenabbau mit beeinflusst“, erläutert Dr. Vallet das Ergebnis, „doch um sicherzugehen, berechneten wir für jeden Patienten auch die Verhältnisse von CTX zu Ocn bzw. PINP.“ Und wieder ergaben die Daten ein deutliches Bild: Bei weit mehr als der Hälfte aller kachektischen Patienten (68% für CTX/Ocn und 60% für CTX/PINP) deuteten die Verhältnisse auf einen Knochenabbau hin. In der Kontrollgruppe hingegen nur bei weniger als einem Drittel (20% und 31%).
Hinweise im Blutplasma
Unter den zahlreichen Faktoren, die mit Knochenabbau einhergehen können, wurden zwei im Blutplasma von Krebsbetroffenen identifiziert: eine Erhöhung des Entzündungsmarkers C-reaktives Protein und eine verminderte Konzentration des Plasmaproteins Albumin, ein Indikator für Mangelernährung. Diese Prädiktoren des Knochenabbaus sind bei kachektischen Patienten häufig nachweisbar – ein weiterer starker Hinweis, dass Kachexie ursächlich zum Knochenabbau beiträgt.
„Unsere Ergebnisse beleuchten die Komplexität des Knochenstoffwechsels bei Krebspatientinnen und -patienten und bilden die Grundlage für Präventionsmaßnahmen gegen Osteoporose und Knochenbrüche bei Betroffenen mit Tumorkachexie, wie beispielweise Bisphosphonate“, reflektiert Dr. Vallet die nachhaltige Bedeutung der Studie. Damit könnte das Risiko für Osteoporose und Knochenbrüche in dieser sowieso schon extrem belasteten Patientengruppe reduziert werden. Die Studie demonstriert damit einmal mehr den Fokus der Forschung an der KL Krems auf klinische Probleme – mit hohem Potenzial, die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten zu verbessern.
Originalpublikation: Effect of cachexia on bone turnover in cancer patients: a case-control study. H. Zwickl, E. Zwickl-Traxler, A. Haushofer, J. Seier, K. Podar, M. Weber, K. Hackner, N. Jacobi, M. Pecherstorfer & S. Vallet. BMC Cancer (2021) 21:744 https://doi.org/10.1186/s12885-021-08518-9
Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (Stand Juli 2021)
An der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL) in Krems ist die umfassende Betrachtungsweise von Gesundheit und Krankheit eine grundlegende Zielsetzung für Forschung und Lehre. Die KL stellt mit ihrem europaweit anerkannten Bachelor-Mastersystem eine flexible Bildungseinrichtung dar, die auf die Bedürfnisse der Studierenden, die Anforderungen des Arbeitsmarkts ebenso, wie auf die Herausforderungen der Wissenschaft abgestimmt ist. In den Studienrichtungen Medizin und Psychologie studieren aktuell rund 600 Studierende. Die vier Universitätskliniken in Krems, St. Pölten, Tulln und Eggenburg gewährleisten eine klinische Lehre und Forschung auf höchstem Qualitätsniveau. In der Forschung konzentriert sich die KL auf interdisziplinäre Felder mit hoher gesundheitspolitischer Relevanz – u.a. der Medizintechnik, der molekularen Onkologie, der mentalen Gesundheit und den Neurowissenschaften sowie dem Thema Wasserqualität und den damit verbundenen gesundheitlichen Aspekten. Die KL wurde 2013 gegründet und von der Österreichischen Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQ Austria) akkreditiert.
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