Ein Artikel von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen.
Ausgangslage:
Ist die Eigenbedarfskündigung nicht vertraglich ausgeschlossen und greift keine Sperrfrist aufgrund von Umwandlung der Wohnung in Wohnungseigentum, hat es der Vermieter bei bestehendem Eigenbedarf mit der Durchsetzung einer Eigenbedarfskündigung relativ leicht. Gerichte zeigen deshalb in der Praxis mitunter die Neigung, allzu rasch Einwände, die Mieter im Prozess vorbringen, zu übergehen. Manchmal hilft in solchen Fällen dann nur noch die Verfassungsbeschwerde.
Verfassungsbeschwerde bei Verletzung rechtlichen Gehörs:
Auch Verfassungsgerichte haben immer wieder mit Eigenbedarfskündigungen zu tun. Fällt ein Urteil zugunsten des Mieters aus, ist danach regelmäßig die Frage der Verletzung grundrechtlich geschützter Eigentumsrechte des Vermieters entscheidend.
Aber auch wenn der Mieter unterliegt, sind in der Praxis Urteile gelegentlich angreifbar. Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an die anderen Gerichte. Bestreitet ein Mieter substantiiert, dass Eigenbedarf des Vermieters gegeben ist, dürfen die Gerichte darüber nicht einfach hinweggehen. Der Vermieter ist ohnehin schon in einer günstigen Position, weil er relativ einfach seinen Eigenbedarf behaupten und belegen kann. Mieter dagegen haben es schwer, den Vortrag zur zukünftigen Nutzung zu wiederlegen. Deshalb müssen sich die Gerichte gerade besonders genau mit dem Vortrag des Mieters auseinander setzen.
Wird der Eigenbedarf des Vermieters bestritten, muss das Gericht den Zweifeln an dessen tatsächlichem Bestehen nachgehen. Das Fachgericht ist bei der Eigenbedarfskündigung iSv § 573 Abs 2 Nr 2 BGB verpflichtet, sämtlichen vom Mieter vorgetragenen Gesichtspunkten nachzugehen, welche Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Selbstbenutzungswunsches des Vermieters begründen (Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluss vom 01. Juni 2010 – 13/10 -, juris)
Das Urteil kann auch angegriffen werden, wenn gewisse Tatsachen, die der Mieter vorgetragen hat, ignoriert werden (zum Beispiel weil es zu einer weiteren Prozessverzögerung wegen notwendiger Beweisaufnahme führen würde).
Geht ein Fachgericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags oder der Rechtsausführungen einer Partei zu einer zentralen Frage des Verfahrens nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern dieser nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich war (Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluss vom 11. März 2011 – 164/06 -, juris).
Fachanwaltsstipp Vermieter:
Bedenken Sie auch immer die Option einer Verfassungsbeschwerde, wenn sie eine Räumungsklage verloren haben. Ein grundrechtsrelevanter Verstoß kann insbesondere dann gegeben sein, wenn die Gerichte ihre eigene Vorstellung vom Umfang eines vernünftigen Eigenbedarfs an die Stelle des Vermieters setzen.
Fachanwaltsstipp Mieter:
Bestreiten Sie den gesamten Tatsachenvortrags des Vermieters. Soweit Sie von dem Vortrag keine Kenntnis haben, reicht ein Bestreiten mit Nichtwissen. Sie können nicht wissen, ob beispielsweise der Sohn des Vermieters tatsächlich in Berlin Jura studieren will. Bestreiten sie es also. Weisen Sie auf alle Umstände hin, die eine mangelnde Plausibilität der Eigenbedarfskündigung begründen können. Hatte der Vermieter zum Beispiel in der Vergangenheit erfolglos versucht eine Mieterhöhung oder eine Modernisierung durchzusetzen, stellt sich die Frage, ob der nun folgende Eigenbedarf nicht vorgeschoben ist. Tragen Sie solche Fragwürdigkeiten im Prozess ausdrücklich vor.
25.6.2015
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