Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen, zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.02.2015, Aktenzeichen 7 Sa 1619/14.
Ausgangslage:
Im Betriebsverfassungsrecht gilt ein Gleichbehandlungsgrundsatz, § 75 Abs. 1 BetrVG. Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.
Fall:
Die Arbeitgeberin, Betreiberin einer Bank in Berlin, übertrug unter Vereinbarung eines Personalüberleitungsvertrags einen Geschäftsbereich auf ein anderes Kreditinstitut. Zeitgleich und im Zusammenhang damit schloss sie mit dem Betriebsrat einen Sozialplan ab, der den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen vorsah. Von diesem Ausschluss sollten Arbeitnehmer nicht erfasst werden, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber des Geschäftsbereichs widersprochen hatten. Die klagende Arbeitnehmerin widersprach dem Betriebsübergang und erhielt daraufhin von der Arbeitgeberin eine betriebsbedingte Kündigung. Hiergegen wehrte sie sich vor dem Arbeitsgericht mit einer Kündigungsschutzklage.
Urteil:
Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung – ebenso wie das Arbeitsgericht – für rechtsunwirksam gehalten. Die Klägerin könne sich trotz ihres Widerspruchs auf den durch den Sozialplan geregelten Ausschluss einer ordentlichen Kündigung berufen.
Das Landesarbeitsgericht: Es verstoße gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG), nur einem Teil der von dem Sozialplan erfassten Arbeitnehmer einen erweiterten Kündigungsschutz einzuräumen. Die getroffene Differenzierung zwischen Arbeitnehmern mit bzw. ohne Kündigungsschutz diene nicht dem Zweck, entstehende Nachteile auszugleichen oder zu mindern; vielmehr würde gerade den Arbeitnehmern der Kündigungsschutz verwehrt, denen wegen ihres Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses in besonderer Weise eine betriebsbedingte Kündigung drohe. Die Ausübung des gesetzlichen Widerspruchsrechts (§ 613 a Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) könne den Arbeitnehmern nicht zum Nachteil gereichen. Ein sachlicher Grund für den teilweisen Ausschluss des Kündigungsschutzes liege nicht vor; er sei deshalb rechtsunwirksam.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Fachanwaltstipp Arbeitgeber:
Eine Betriebsvereinbarung kann grundsätzlich nur mit Zustimmung des Betriebsrats geschlossen werden. Trotzdem unterliegen auch Betriebsvereinbarungen der gerichtlichen Überprüfung. Der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz muss daher auch dann beachtet werden, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat einig sind.
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:
Der Widerspruch gegen einen Betriebsübergang muss gut überlegt werden. Insbesondere soweit es sich nicht wie im vorliegenden Fall um einen Betriebsteilübergang handelt, sondern der gesamte Betrieb übergeht, ist das Risiko einer späteren Kündigung aus betriebsbedingten Gründen enorm. Wenn der gesamte Betrieb übergeht, verbleiben beim alten Arbeitgeber in der Regel keine Arbeitsmöglichkeiten. Das ist dann für den Arbeitgeber der Idealfall für eine betriebsbedingte Kündigung. Der Arbeitgeber muss allerdings auch in diesem Fall die Kündigungsfristen einhalten und den besonderen Kündigungsschutz beachten.
Quelle:
Pressemeldung Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.02.2015, Aktenzeichen 7 Sa 1619/14
12.4.2015
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