Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck Berlin und Essen.
Wegen der derzeitigen Warnstreiks bei der Bundesbahn kommen viele Arbeitnehmer zu spät zur Arbeit. In diesem Zusammenhang stellen sich verschiedene Fragen. Falsche Einschätzungen können Arbeitnehmer im Extremfall sogar den Job kosten.
Ohne Arbeit keinen Lohn.
Wer verspätet zur Arbeit kommt, hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, für die verlorene Zeit Arbeitsentgelt zu bekommen. Der Arbeitnehmer trägt das so genannte Wegerisiko. Egal ob wegen Glatteis, Zugausfall, Bahnstreik oder Unwetter: Der Arbeitgeber muss die ausgefallene Zeit nicht bezahlen.
Darf man die verlorene Arbeitszeit nacharbeiten?
Das gilt grundsätzlich nur, wenn man darüber mit dem Arbeitgeber einig ist. Wird die Zeit nachgearbeitet, hat man selbstverständlich auch Anspruch auf den (vollständigen) Arbeitslohn.
Abmahnung bei vorhersehbarer Verspätung möglich
Der verspätete Arbeitsantritt ist ein Verstoß gegen den Arbeitsvertrag und kann mit einer Abmahnung sanktioniert werden. Das gilt nur dann nicht, wenn dem Arbeitnehmer auf seinem Arbeitsweg Hindernisse begegnen, mit denen er normalerweise nicht zu rechnen hat. Ein bisschen zeitliche Luft muss man immer einplanen. Die Bahnstreiks sind zudem langfristig angekündigt. Arbeitnehmer sind verpflichtet sich über die Presse auf dem Laufenden zu halten. Arbeitnehmer, die trotzdem zu spät kommen, riskieren also eine Abmahnung. Wenn allerdings wegen der Bahnstreik dazu führt, dass gar nichts mehr geht, ist das Fehlverhalten dem Arbeitnehmer nicht vorwerfbar und damit eine Abmahnung unwirksam.
Kündigung nach (mehrfacher) Abmahnung wegen Verspätung ebenfalls denkbar
Im Wiederholungsfall und nach vorheriger Abmahnung ist auch eine Kündigung wegen der Verspätung möglich. Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass das Verschulden des Arbeitnehmers regelmäßig relativ gering sein wird, da er für die Bahnstreiks selbst nicht verantwortlich ist. In jedem Fall sind eine, gegebenenfalls sogar mehrere vorheriger Abmahnungen wegen Verspätung erforderlich. Riskant leben die Arbeitnehmer, die zuvor schon aus anderen Gründen wiederholt zu spät gekommen sind und bereits deswegen abgemahnt wurden.
Früher gehen wegen der Streiks?
Gelegentlich taucht auch die Frage auf, ob man wegen des Streiks früher nachhause gehen darf, weil man später nicht mehr nachhause kommt. Von extremen Ausnahmen abgesehen, wo dies dringend erforderlich ist und keine Ausweichmöglichkeiten bestehen, ist dies nicht zulässig. Wer einfach verschwindet erhält keinen Arbeitslohn und riskiert eine Abmahnung bzw. eine Kündigung.
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:
Arbeitnehmer tragen grundsätzlich das so genannte Wegerisiko. Wer zu spät kommt, hat für die verpasste Arbeitszeit keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt. Daneben drohen Abmahnung und im Wiederholungsfall Kündigung. Hierfür ist allerdings ein vorwerfbares Verhalten erforderlich. Da die derzeitigen Bahnstreiks lange genug angekündigt werden, muss man entsprechend längere Fahrzeiten einplanen. Wenn aber tatsächlich verkehrstechnisch nichts mehr geht, kann dies dem Arbeitnehmer nicht vorgeworfen werden. In der Praxis sind Absprachen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu empfehlen: die verlorene Zeit wird einfach nachgearbeitet.
15.10.2014
Videos und weiterführende Informationen mit Praxistipps zu allen aktuellen Rechtsfragen finden Sie unter: www.fernsehanwalt.com.
Rechtsanwaltskanzlei
Bredereck & Willkomm
Rechtsanwälte in Berlin und Potsdam
Kontakt
Bredereck & Willkomm
Alexander Bredereck
Am Festungsgraben 1
10117 Berlin
030 4000 4999
berlin@recht-bw.de
http://www.recht-bw.de