Nachwirkender Kündigungsschutz als Ersatzmitglied des Betriebsrates bei personenbedingter Kündigung

Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen, zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 19. April 2012 – 2 AZR 233/11 – juris).

Bei einem Programmierer kann eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt sein, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass wichtige Programmierkenntnisse fehlen oder unzureichend sind. Als Ersatzmitglied des Betriebsrates greift ein nachwirkender Kündigungsschutz auch grundsätzlich nur dann, wenn der Betroffene tatsächlich Betriebsratsaufgaben wahrgenommen hat.

Fall:

Im vorliegenden Fall handelte es sich um einen Programmierer, der für verschiedenste Projekte eingesetzt wurde, die jedoch keine Programmiertätigkeiten beinhalteten. Als keine entsprechenden Projekte mehr anfielen, sollte der Betroffene wieder im Programmierbereich tätig werden. In der Folge ließ die Arbeitgeberin ein Gutachten von einem IT-Sachverständigen anfertigen, das für den Programmierer hinsichtlich der erforderlichen Qualifikation negativ ausfiel. Er konnte keine fachliche gewünschte Qualifikation für die für ihn geschuldeten Tätigkeiten vorweisen. Nach diesem Ergebnis kündigte die Arbeitgeberin dem Programmierer ordentlich.

Gerichtliche Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage des Programmierers wie auch die Instanzen zuvor abgewiesen. Grund dafür war, dass die fehlenden Kenntnisse ein in der Person des Klägers liegender Grund seien. Der Kläger konnte somit die arbeitsvertraglichen Pflichten nicht erfüllen, auch wenn er über Jahre anderweitige Tätigkeiten vertragsgemäß ausgeführt hat. Allerdings sei nach Ansicht des BAG noch zu prüfen, ob der Programmierer bei anderen Projekten hätte eingesetzt werden können.
Darüber hinaus greife auch kein Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 2 für den Kläger als Ersatzmitglied des Betriebsrates. Dieser sei zwar automatisch in den Betriebsrat nachgerückt, dies habe jedoch keinen nachwirkenden Kündigungsschutz begründet, da er in der Vertretungszeit tatsächlich keine Betriebsratsaufgaben wahrgenommen hatte.

Fazit:

Mit dieser Entscheidung stellt das BAG klar, dass auch dann noch gekündigt werden kann, wenn jahrelang andere als die vertraglich geschuldeten Tätigkeiten im Beruf ausgeführt worden sind, aber tatsächlich die im Arbeitsvertrag geschuldeten Tätigkeiten aufgrund fehlender Kenntnisse nicht erbracht wurden. In der Praxis wird es jedoch sehr schwer diese fehlenden Kenntnisse zu protokollieren und nachzuweisen.
Weiterhin muss auch bewiesen werden, dass eine vertragsgemäße Weiterbeschäftigung nicht möglich ist. Erst wenn das alles erfolgreich vorgetragen und bewiesen wird, kann eine ordentliche Kündigung erfolgreich sein.
Zudem bestätigt das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zu § 15 KSchG dahingehend, dass rein fiktive, tatsächlich aber nicht ausgeübte Tätigkeiten eines Ersatzmitgliedes des Betriebsrates einen nachwirkenden Kündigungsschutz nicht auslösen.

15.4.2014

Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

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