Ein Beitrag von Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen
Einer Einvernahme des Vermieters nach § 447 ZPO steht das insoweit erforderliche fehlende Einverständnis des Mieters entgegen. Eine Vernehmung gemäß § 448 ZPO von Amts wegen hat zu unterbleiben, wenn es insoweit an dem erforderlichen Anbeweis im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für den von dem Vermieter behaupteten Eigennutzungswunsch fehlt. Selbst eine bloße informatorische Parteianhörung (§ 141 ZPO) hat zu unterbleiben, wenn Beweismittel oder Indizien vorliegen, die den dem Prozessgegner günstigen Gegenvortrag stützen (LG Berlin, Urteil vom 18. Oktober 2013 – 63 S 87/13 -, juris).
Vorliegend lesen Sie Teil 16 einer Artikelserie zum Thema “Eigenbedarfskündigung”. Die vorherigen Teile wurden bereits veröffentlicht.
16. Einvernahme des Vermieters von Amts wegen – Urteil
Der Fall:
Die Vermieterin hatte wegen Eigenbedarfs gekündigt, weil sie die Wohnung selbst nutzen wollte. In der Kündigung hatte die Vermieterin erklärt, von Darmstadt nach Berlin ziehen zu wollen, um dort in der von der derzeitigen Mieterin bewohnte Wohnung zu wohnen. In der Wohnung wollte sie einen Buchhaltungsservice betreiben. Das Problem: bei der Wohnung handelte es sich um eine 1-Zimmer-Wohnung mit einer Größe von 34 qm. Zudem hatte die Klägerin bereits zu einem früheren Zeitraum (sieben Jahre zuvor) mitgeteilt, nach Berlin ziehen zu wollen und dies dann nicht umgesetzt. Die Mieterin hatte den Eigenbedarf bestritten. Die Vermieterin bot eine Parteivernahme zu Ihrem Eigenbedarf an. Dem widersprach die Mieterin. Vor diesem Hintergrund stand die Frage zur Entscheidung, ob das Gericht die Vermieterin von Amts wegen nach § 447 ZPO vernehmen musste.
Die Entscheidung:
Das Landgericht sah die Voraussetzung für eine Einvernahme der Vermietung von Amts wegen als nicht erfüllt. Da die Vermieterin vor diesem Hintergrund für den Eigenbedarf beweisfällig blieb, wurde die Räumungsklage abgewiesen. Die Mieterin kann weiter in der Wohnung bleiben.
Fachanwaltstipp Vermieter:
Der Vortrag der Vermieterin hier war sicher sehr ungünstig. Der Eigennutzungswunsch sollte in Kündigungsschreiben in jedem Fall plausibel dargelegt werden. Manche Vermieter übertreiben hier in dem Wunsch möglichst viele Gründe anzuführen. Hätte sich die Vermieterin sichtlich darauf beschränkt, eine Nutzung als Wohnung anzugeben, wäre die Angelegenheit möglicherweise anders ausgegangen. Vor der Vortäuschung von Eigenbedarf muss im Übrigen unbedingt gewarnt werden. Als Vermieter macht man sich hier schadenersatzpflichtig.
Fachanwaltstipp Mieter:
Bevor man wegen einer Eigenbedarfskündigung die Wohnung räumt, sollte man die Wirksamkeit der Kündigung zunächst genau prüfen. Manchmal kann man aus einer prozessualen Lage enorme Vorteile ziehen. Die Mieterin hatte hier den Eigenbedarf bestritten. Infolgedessen musste die Vermieterin den Eigenbedarf beweisen. Da die Vermieterin die Wohnung für sich selbst nutzen wollte, hatte sie keine Zeugen. Da sie Partei war, konnte sie selbst nicht als Zeugen vernommen werden. Wichtig ist also immer im Rahmen der Verteidigung gegen eine Räumungsklage nach einer Eigenbedarfskündigung umfassend sämtlichen Vortrag zum Eigenbedarf zu bestreiten. Das ist prozessual zulässig, da dem Mieter der Eigenbedarf ja nicht bekannt ist. Auch wenn die Richter manchmal wegen des Aufwandes einer Beweisaufnahme nicht gerade amüsiert sind: Sie nehmen lediglich Ihre prozessualen Rechte war. Im Übrigen gibt es in der Praxis häufig genug vortäuschen Eigenbedarf.
25.2.2014
(LG Berlin, Urteil vom 18. Oktober 2013 – 63 S 87/13 -, juris)
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