(Mynewsdesk) Was haben Messehostessen, Sachunterricht in der Grundschule und Incentivierung von Führungskräften gemeinsam? Alles sind Bereiche, in denen Geschlechterforschung stattfindet. Geschlechterforschung, oder neudeutsch Gender Studies, überschreitet Grenzen – und das in vielerlei Hinsicht.
Gender Studies fragen nach der Bedeutung von Geschlecht in unterschiedlichsten Kontexten. Sie sind dabei interdisziplinär ausgelegt, Fachbereiche arbeiten themenübergreifend und international. Damit einher geht die Bildung eines breiten Spektrums an wissenschaftlichen Forschungsansätzen, Theorie- und Methodenkompetenzen.
Die daraus resultierenden Sicht- und Herangehensweisen von Forscherinnen und Forschern bieten Potenzial für Geschlechterforschung in vielen Bereichen – oftmals auch solchen, die zunächst keine Verbindung zu geschlechterrelevanten Fragestellungen aufzuweisen scheinen. Dies belegt anschaulich die neue Nachwuchsforschergruppe Gender Studies an der Universität Vechta. Unter Leitung von Dr. Jantje Halberstadt arbeiten hier aktuell fünf Doktorandinnen – interdisziplinär und international: Die Fächer reichen von Gerontologie bis Kulturwissenschaften, die Herkunftsländer von Deutschland über Österreich bis Pakistan.
Doch was haben Messehostessen mit Gender Studies zu tun? Die Doktorarbeit von Soziologin Tanja Kubes untersucht dazu Fragmentierte Identitäten: Rollenbilder, Medialisierungen und Inszenierung von Weiblichkeit – Untersuchung am Beispiel von Hostessen auf Automobilmessen. Sie befasst sich damit, wie und in welchem Umfeld Frauen heute auf Stereotype reduziert werden und warum dies passiert. Linya Coers aus Vechta dagegen verfolgt ein ganz anderes Thema: Sie untersucht, in welchem Umfang Grundschullehrkräfte die Neigung von Schülerinnen und Schülern für Mathematik und Technik unbewusst beeinflussen. Ihre Dissertation Genderkompetenzen von Sachunterrichtslehrkräften – Sensibilisierung von Schülerinnen und Schülern für MINT-Fächer arbeitet dabei u.a. mit qualitativen Interviews. Ziel der Arbeit ist es, Mechanismen in Verhalten und Unterrichtsgestaltung von Lehrkräften zu identifizieren und sie so für diese unbewusste Manipulation zu sensibilisieren.
Diese beiden Beispiele zeigen: Gender Studies finden in vielen Disziplinen Anwendung. Neben Sozial- oder Kulturwissenschaften lassen sich aber auch Bereiche wie Personalführung oder -politik unter Genderaspekten untersuchen. Dr. Jantje Halberstadt widmet sich aktuell der Frage des Topsharing – Möglichkeiten und Grenzen von Teilzeitarbeit auf Führungsebene. Im Sinne eines familienfreundlichen Arbeitsklimas ist dieses Thema hochaktuell, weiß Halberstadt. Viele Arbeitgeber brüsten sich mit diesem Prädikat, tatsächlich findet Teilzeitarbeit aber nur auf unteren Ebenen statt, oft noch schließen sich Kind und Karriere in Führungspositionen aus. Ein weiteres Thema hat Halberstadt auch schon in Aussicht: Was bekommt eigentlich Frau Kaiser? – Geschlechterunterschiede in der Incentivierung von Führungskräften am Beispiel von Bordellbesuchen. Damit polarisiert man natürlich, so die Wissenschaftlerin. Aber die Unterschiede zwischen Männern und Frauen in Führungspositionen werden an dieser Stelle besonders deutlich. Warum sollte man daher nicht der Frage nachgehen, inwiefern dadurch Netzwerknachteile für Frauen entstehen?
Mit dem Schwerpunkt Genderforschung – Geschlecht und Identität in Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur setzt die Universität Vechta bewusst auf eine neue, interdisziplinäre Profilierung. Neben der Nachwuchsforschergruppe Gender Studies unterhält sie u.a. drei Juniorprofessuren: Gender and Rural Studies (Geographie), Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Gender und Transkulturalität und Gender (beide Soziale Arbeit). Zentral und institutsübergreifend arbeitet außerdem das Netzwerk Gender Studies, eine Koordinationsstelle für in- und externe Forschungsprojekte aus dem Bereich Geschlechterforschung.
Weitere Informationen zur Genderforschung an der Universität Vechta: www.uni-vechta.de/forschung/forschungsschwerpunkte/netzwerk-gender-studies/
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