Das Konzept der Sharing Economy hat auch Hongkonger Unternehmer dazu bewogen, innovative Wege zum Teilen von Ressourcen zu entwickeln.
Als Laurence Fauchon ein Kindermädchen suchte, um ihre Arbeit als Investmentbankerin wiederaufzunehmen, war nicht abzusehen, dass sie sich auf den Weg zum Aufbau eines sozialen Unternehmens machte. Sie lernte zunächst die übliche Methode, eine Nanny einzustellen, kennen: die Anfrage bei einer Arbeitsagentur und die Zahlung eines Betrages durch die Hausangestellten. “Ich fühlte mich als Teil einer Handelskette, die ich so nicht kannte,” erinnert sich die geborene Französin.
Zusammen mit ihrem Ehemann Florian Garivier gründete Fauchon daher HelperChoice, eine P2P (Peer-to-Peer)-Plattform für die Einstellung von Hausangestellten, die diese direkt mit potentiellen Arbeitgebern verbindet. “Durch das Herausnehmen des Vermittlers wollten wir dem globalen Trend zur Sharing Economy Rechnung tragen. Beiden Seiten soll es möglich sein, eine passende Verbindung zu finden”, so Fauchon. Drei Jahre nach der Gründung im Jahr 2012 kündigte Fauchon ihre bisherige Stelle, um ausreichende Ressourcen für HelperChoice zu haben. Dazu gehörten die Anmietung eines Büros und die Einstellung von Mitarbeitern, eine Entscheidung, die sie nie bereut habe, so Fauchon.
EnrichOthers: Nutzen für alle
Leon Adeoye entwickelte EnrichOthers, eine soziale App für Hongkonger, die ihre nicht mehr benötigten Besitztümer abgeben wollen. Für den britischen Software-Ingenieur ist Verschenken anstatt Wegwerfen weitaus befriedigender für alle Beteiligten. Die Idee kam ihm beim Ausräumen der Familienwohnung in Discovery Bay. Als er Raum für sein neugeborenes Baby schuf, scheute er sich davor, gute Stücke zur Deponie zu bringen. Er wollte zudem direkt Geber und Empfänger verbinden und nicht über eine Hilfsorganisation gehen.
Seine technischen Kenntnisse nutzend, entstand im letzten Juni EnrichOthers, das gegenüber Netzwerken wie Facebook eine deutliche höhere Funktionalität aufweist. Per App kann man Gegenstände, die zu verschenken sind oder benötigt werden, einstellen. Aus den verschiedenen Rückmeldungen kann der Anbieter dann seine Wahl treffen. “Alle Angaben sind vertraulich und sicher. Niemand kann direkt kontaktiert werden”, so Adeoye. Die Homepage sortiert Dinge nach Interessengebiet, während eine GPS-Funktion jeweils die Entfernung zwischen Gebern und Empfängern kalkuliert. Eine Feedback-Funktion ermöglicht den Nutzern zudem das Teilen ihrer Erfahrungen. Die App ist kostenfrei und Adeoye betont, dass es keine Profit-Motive gibt. Sein Wunsch sei es, seine Kenntnisse einzusetzen, um etwas Sinnvolles zur Gesellschaft beizutragen.
BYT: nachhaltige Mode
Michelle Bang, eine in den USA geborene Modeexpertin mit Harvard MBA-Abschluss, verfügt über einen vielseitigen Hintergrund in den Bereichen Finanzen, Strategie und karitative Arbeit, eine gute Voraussetzung für den Aufbau der Eco-Modemarke BYT. In diesem Jahr in Hongkong gegründet, will BYT dazu beitragen, die Wegwerf-Praxis in der Mode- und Textilindustrie zu verändern. Nach der Ölbranche ist diese der weltweit größte Umweltsünder. Mitbegründerin von BYT ist Christina Dean, die Gründerin und Vorsitzende von Redress, einer umweltpolitischen NGO im Modebereich. Die neue Marke soll bezahlbare, luxuriös aufgewertete Mode bieten, die in Asien hergestellt wird.
“Bei BYT sind wir davon überzeugt, dass Abfall in den Modekreislauf zurückgeleitet werden kann, ohne Stilkompromisse zu machen”, erläutert Michelle Bang, früher COO bei Redress. “Wir retten überschüssige Luxusstoffe und wandeln sie zu schöner, bezahlbarer Kleidung und Accessoires. Dabei nutzen wir nachhaltige und sozialverträgliche Lieferketten.” Das Unternehmen engagiert junge Talente wie die Gewinner des EcoChic Design Award für die Designs. Zu den Partnern gehören auch nachhaltige Hersteller und soziale Unternehmen, die Arbeitern aus der Bekleidungsindustrie neue Jobs bieten.
Positive Entwicklung
HelperChoice hat seit seiner Gründung 35.000 Arbeitgeber und 130.000 Hausangestellte erreicht, die Facebook Seite hat 452.000 Follower. Nach Aussage von Landesmanager Julie Delignon ist die Plattform, die weltweit genutzt werden könnte, bisher organisch in die Länder des Mittleren Ostens gewachsen. Ein Meilenstein war die 2015 erfolgte Migration zu einer neuen und erweiterten Technologie-Plattform, die einen besseren Service für die Arbeitgeber anbietet. Damit ist das Modell nicht länger ein reines Abstimmungs-Werkzeug, sondern bietet verbesserte Profile für eine erfolgreichere Suche. Zusammen mit Partnerunternehmen werden den Arbeitgebern zudem 50 Prozent Nachlass auf die Versicherungen für die Arbeitnehmer sowie Trainings für die Hausangestellten vor der Arbeitsaufnahme angeboten. Auch die Arbeitnehmer erhalten Hilfe. “Wenn jemand ein Problem mit seinem Arbeitgeber hat, leiten wir dies an eine NGO weiter, die helfen kann”, so Delignon
Seit dem Launch von EnrichOthers im Juni 2017 wurde die App bereits mehr als 400 mal heruntergeladen. Zahlreiche Geschenke wurden gepostet, darunter Sportartikel, Babyprodukte und Kinderbücher. Seit September gibt es auch eine Tablet-Version. Die Plattform unterstützt neben Englisch inzwischen auch Deutsch, Japanisch, Kantonesisch, Hindi, Spanisch, Indonesisch und Französisch. Adeoye hofft, andere karitative Organisationen mit ins Boot holen zu können, um die Effektivität der Plattform weiterzuentwickeln.
Die erste Kollektion von BYT wurde im September unter www.bytlife.com und in den Department Stores Lane Crawford in Asien und bei Barneys New York in den USA eingeführt. Designer sind die früheren EcoChic Design Award Gewinner Kévin Germanier aus UK und Victor Chu aus Hongkong. Die Fertigung erfolgte in Thailand durch die Hongkonger Firma TAL Apparel. Die Gewinnerin des 2017 Award, Kate Morris, designt die nächste Kollektion. Ebenfalls in diesem Jahr gewann Michelle Bang als Landessiegerin beim Chivas Regal The Venture. Hier werden global soziale Unternehmen gesucht und gefördert, die durch ihr Geschäftsmodell positive Veränderungen anstoßen. Die Auswahlveranstaltungen in London und Los Angeles gaben BYT zudem die Möglichkeit, das Konzept auch international zu präsentieren.
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