(Mynewsdesk) Freising/Kulmbach/München, 24. Juli 2014 – Jährlich landen viele Tonnen noch genießbarer Lebensmittel achtlos im Müll. Alles ist in einer unüberschaubaren Vielfalt, zu relativ moderaten Preisen und in fast unbegrenzter Menge verfügbar und zugleich haben wir den achtsamen und verantwortungsvollen Umgang damit verlernt. Die Folge: Ein Werteverlust in vielen Teilbereichen der Gesellschaft. Diesen zu stoppen und für einen achtsamen Umgang mit unseren Lebensmitteln zu plädieren ist ein Schwerpunkt des Kompetenzzentrums für Ernährung KErn und war Fokusthema eines Fachsymposiums im Rahmen der 3. Bayerischen Ernährungstage.
Unter dem Motto Restlos gut Essen – Nachhaltige Ernährung im 21. Jahrhundert eröffnete das KErn in Kulmbach am 27. Juni 2014 die 3. Bayerischen Ernährungstage mit einem hochkarätig besetzten und gut besuchten Fachsymposium. Unter den 150 angereisten Teilnehmern befanden sich renommierte Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Behörden, Ernährungswirtschaft, Ernährungsbildung und Lebensmittelhandel. Auch zahlreiche Multiplikatoren aus ganz Deutschland waren dem Ruf nach Kulmbach gefolgt.
KErn informiert über aktuelle Studienergebnisse
Nach einem Grußwort der Stadt Kulmbach und persönlichen Worten von Oberbürgermeister Henry Schramm eröffnete Staatsminister Helmut Brunner das Fachsymposium am Vormittag: “Lebensmittel sind Mittel zum Leben, sie halten uns am Leben, so das eindrückliche Statement des Ministers im Rahmen seiner Eröffnungsrede. Dass wir vom Feld bis zum Teller wieder ethisch verantwortungsvoll mit unseren Lebensmitteln umgehen müssen, zeigt die vom KErn durchgeführte Studie Lebensmittelverluste und Wegwerfraten im Freistaat Bayern. Demnach liegt das Vermeidungspotential im Freistaat bei rund 1,3 Millionen Tonnen Lebensmitteln im Jahr. Ein Großteil der weggeworfenen Lebensmittel sei zum Zeitpunkt der Entsorgung noch genießbar.
KErn-Leiter Schaecke setzt auf Verbraucher-Sensibilisierung
Dass der verantwortungsvolle Umgang mit Lebensmitteln ein zentrales Thema unserer Gesellschaft ist, davon ist auch Dr. Wolfram Schaecke, Leiter des Kompetenzzentrums für Ernährung (KErn), überzeugt. Er wies zum Auftakt der Veranstaltung auf die Wichtigkeit der Sensibilisierung der Verbraucher hin. Das Kompetenzzentrum für Ernährung wurde von Staatsminister Helmut Brunner beauftragt, das Thema Lebensmittelverschwendung und Lebensmittelwertschätzung aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und zu untersuchen”, erläutert Dr. Schaecke. Dabei sollte das Vermeidungspotential auf den unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette – vom Erzeuger über den Produzenten bis zum Konsumenten – identifiziert werden.
An die Einführungsreden schlossen sich zahlreiche interdisziplinäre Vorträge, Tischgespräche und Diskussionsrunden an. Neben interessanten Studienergebnissen wurden auch erste Lösungsansätze und erfolgreiche Beispiele zur Sensibilisierung für dieses wichtige Thema erörtert. Von einer verlustfreien Wertschöpfungskette über das Einkaufsverhalten der Verbraucher bis hin zum Einsatz von intelligenten Prognosesystemen für den Handel reichten die kreativen Ideen, Projektvorstellungen und Vorschläge. Daneben waren die Rolle der Nachhaltigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft, Lebensmittelverschwendung als Thema für den Mittelstand sowie Aspekte der Ernährungsbildung und des Verbraucherverhaltens Schwerpunkte des spannenden Tages.
Vortragende verschiedenster Disziplinen – vom Ernährungswissenschaftler bis zum Kulturwissenschaftler – erörterten gemeinsam mit Vertretern aus Wirtschaft und Gesellschaft aktuelle Erkenntnisse sowie innovative Lösungsansätze zum Thema Lebensmittelverschwendung und tauschten sich über deren Machbarkeit aus.
Unter den Vortragenden waren unter anderem Prof. Dr. Diane Ahrens von der TH Deggendorf, Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald von der Schweisfurth-Stiftung München, Dr. Malte Rubach vom KErn Freising, Gerold Hafner von der Universität Stuttgart, Dr. Marie-Luise Dittmar vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Gerd Leipold, ehemaliger Leiter von Greenpeace und Ozeanograph sowie Stephan Becker-Sonnenschein vom Verein Die Lebensmittelwirtschaft.
Aktuelle KErn-Studie legt Potentiale zur Vermeidung von Lebensmittelverlusten offen
Die von Dr. Malte Rubach (KErn) und Gerold Hafner (Universität Stuttgart) im Detail vorgestellte Studie Lebensmittelverluste und Wegwerfraten in Bayern zeigt, Erzeuger in Bayern schneiden im europäischen und weltweiten Vergleich gut ab. Mit einer Verlustrate von 3,4 % liegt die bayerische Landwirtschaft deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt. Die Lebensmittelverarbeitung, deren Verlustrate bei gerade einmal 1,5% liegt, weist nur ein geringes Potenzial für weitere Minimierungsansätze auf. Im Handel (Verlustrate im bundesweiten Durchschnitt: 3,3%) wird der Einsatz intelligenter Prognose-Systeme diskutiert. Am meisten Einsparungspotenzial scheint es auf Verbraucherseite zu geben, hier klaffen individuelle Einschätzung und tatsächliche Verlustraten extrem auseinander. Laut einer repräsentativen Umfrage des KErn gingen die befragten Personen bei eigener Einschätzung von einer Wegwerfmenge von 9 kg pro Person und Jahr aus, tatsächlich landen in Bayern jährlich 65 kg pro Einwohner im Mülleimer.
In der anschließenden Podiumsdiskussion “Wege zur verlustfreien Wertschöpfungskette” wurden die Studienergebnisse diskutiert. Ralf Meyer von der Evangelischen Stiftung Augusta sowie Dr. Heinz Schweer von der VION Zeven AG erläuterten ihre Ansätze im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung und der Fleischverarbeitung, die bereits heute zu weniger Lebensmittelverlusten beitragen.
Zwischenbilanz “Zu gut für die Tonne”
Wie der Verbraucher ohne erhobenen Zeigefinger sensibilisiert und motiviert werden kann, wurde bei der Zwischenbilanz der Initiative Zu gut für die Tonne erörtert. Dr. Marie-Luise Dittmar vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und Christine Reitelshofer, Bezirksbäuerin aus Mittelfranken, wollen den erhobenen Zeigefinger durch Betroffenheit und Wiederherstellung eines Bezugs zu unserem Essen ersetzen. Sie verwiesen auf die erfolgreiche Aktion Erlebnis Bauernhof, in der bis zum jetzigen Zeitpunkt 55.000 Kinder mit ihren eigenen Sinnen erfahren durften, woher ihr Essen tatsächlich kommt. Dass eine intelligente und zielgruppenangepasste Form der Verbraucheraufklärung tatsächlich Früchte trägt, zeigt auch eine App zum Thema Lebensmittelverschwendung des Bundesministeriums. Bereits mehr als 600.000 Mal wurde das aufklärende kleine Programm bisher abgerufen – ein voller Erfolg also laut Dittmar.
Tischgespräch “Zeit, sich einzumischen: Essen wir ohne Verantwortung?”
Welche Rolle spielen Industrie und Verbraucher in der aktuellen Nachhaltigkeitsdebatte bei Lebensmitteln und welche Kriterien sind im Rahmen einer breiten gesellschaftlichen Debatte von besonderer Wichtigkeit? Zu diesem Themenkomplex diskutierten Stephan Becker-Sonnenschein, Geschäftsführer vom Verein Die Lebensmittelwirtschaft und Dr. Gerd Leipold, ehemaliger Greenpeace-Chef und freier Berater, im Rahmen eines Tischgesprächs. Geht es nach Leipold, lassen sich große Veränderungen nur durch Ansprache der großen Institutionen erzielen. Ebenso müsse der Handel seine Verkaufsstrategie überdenken, so Leipold, der konkret auf die Lebensmittelverschwendung in der Fleischproduktion und auf die Zusammenhänge von globaler Agrarwirtschaft und persönlichem Konsumverhalten hinwies. Stephan Becker-Sonnenschein thematisierte die Verantwortung der Lebensmittelindustrie, die strenge Haftungspflicht und die komplexen gesetzlichen Vorgaben wie Auflagen in Produktion und Handel. Zudem wies Becker-Sonnenschein auf den sich aktuell vollziehenden Wandel von einer Bedarfs- zu einer Wunschgesellschaft hin.
Denkwerk Zukunft – Nachhaltigkeit als wertgebender Faktor
Herausforderungen in der globalisierten Welt waren Thema von Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald von der Schweisfurth Stiftung. Mit seinem Beitrag “Zukunft findet auch auf unseren Tellern statt” fokussierte sich Gottwald auf Methoden und Fertigkeiten für eine lebenswerte Zukunft und forderte zu einer Wertediskussion in Sachen Nachhaltigkeit und deren Messbarkeit auf. Der Kulturwissenschaftler erläuterte u. a. den ökologischen Fußabdruck, den Carbon Footprint von Lebensmitteln, Lebenszyklus-Analysen zur Ermittlung von Zukunftsverträglichkeit und den “ökologischen Rucksack”. Letzterer vergleicht beispielsweise vegetarische und fleischhaltige Mahlzeiten und rechnet sie in Kilogramm Tragegewicht um. Als wertgebende Begriffe im Rahmen einer nachhaltigen Zukunft in der Ernährungswirtschaft sieht Gottwald die Schlagworte Bio, Regional, Fair, Slow, Tiergerecht, Vegetarisch/Vegan.
Lebensmittelverschwendung – ein Thema für den Mittelstand?
Dr. Mathias Warwel von IREKS in Kulmbach, Brit Schulz-Lahmann von der Dussmann-Gruppe und Karl-Heinz Kuch von der Geschwister-Gummi-Stiftung in Kulmbach debattierten mit Professor Gottwald und Moderator Werner Prill über die Aspekte und Herausforderungen für den Mittelstand. Das einstimmige Ergebnis der Debatte: ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Ernährungsbildung von Kindern und Jugendlichen sowie Mitarbeitern in der Gemeinschaftsverpflegung. Zudem sprachen sich alle Beteiligten dafür aus, dass zusätzlich zum staatlichen Bildungsauftrag auch Unternehmen und Wirtschaftsverbände ihren Beitrag zur Senkung von Lebensmittelverlusten leisten müssen.
Sie wollen mehr Details zu den Fachvorträgen?
Auf http://www.youtube.com/user/Ernaehrungstage finden Sie sämtliche Videos zu den Fachvorträgen, Tischgesprächen und Podiumsdiskussionen des Fachsymposiums. Tauchen Sie ein, verschaffen Sie sich das aktuelle Wissen zum Thema Lebensmittelverschwendung und tragen Sie zur Wertschätzung unserer wertvollen Nahrungsmittel bei.
Sie wollen Informationen zu den jährlich stattfindenden Bayerischen Ernährungstagen?
Hier werden Sie fündig: www.ernaehrungstage.de.
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