Grundbuch und Kataster in Spanien – Widersprüchliche Auskünfte sind nicht selten

von Ass. Jur. Lutz Minkner

 

Auch das spanische Recht kennt ein Grundbuchamt (Eigentumsregister) und ein Katasteramt. Beide Ämter sind jedoch anders organisiert als viele Leser das aus Deutschland kennen. Oft verwundert es, dass in diesen Registern über ein und dieselbe Immobilie widersprüchliche Angaben, z.B. über die Größe des Grundstücks, die Bebauung und das Volumen der Bebauung existieren. Diese Widersprüche erklären sich durch die unterschiedliche Funktion der beiden Register und ihre Historie.

 

Das Grundbuch

Das Grundbuch ist ein öffentliches Register, in dem die wesentlichen Verträge und Rechte an  einer Immobilie eingetragen sind. Jedes Grundstück hat ein Grundbuchblatt mit einer bestimmten Nummer. Die Eintragungen zu diesem Grundstück werden dann fortlaufend nummeriert. In der Reihenfolge ihrer Eintragung kann man diesem Grundbuchblatt alle Informationen zu Rechtsänderungen und Belastungen entnehmen. Die wichtigsten Informationen, die man einem Registerauszug entnehmen kann, sind die folgenden: wer ist eingetragener Eigentümer, wie ist die Immobilie im Grundbuch beschrieben, welche Belastungen – Hypotheken, Grunddienstbarkeiten, Embargos von Gläubigern oder Behörden – sind eingetragen oder vorgemerkt, gibt es anhängige Verfahren oder Anträge auf Eintragung von Rechtsänderungen?

 

Anders als im deutschen Recht ist die Eintragung im Grundbuch nicht rechtsbegründend (konstitutiv), sondern lediglich deklaratorisch. Dies ist auch der wesentliche Unterschied zum deutschen Immobilienrecht: Während man in Deutschland erst durch den Notarvertrag  u n d  Eintragung ins Grundbuch Eigentümer wird, geht im spanischen Recht das Eigentums schon mit der Unterzeichnung der Kaufurkunde über. Somit kann man in Spanien auch durch einen privatschriftlichen Kaufvertrag Immobilieneigentum erwerben. Allerdings kann dieser nicht im Grundbuch eingetragen werden. Eintragungsfähig ist nur ein Erwerb  durch notariellen Kaufvertrag oder durch gerichtliche Anordnung.

 

Die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch ist auch Voraussetzung für den Gutglaubensschutz: Nur wer von einem im Grundbuch eingetragenen Verkäufer die Immobilie gekauft hat, kann sich auf einen gutgläubigen Erwerb berufen. Gerade wegen der Wirkung des Gutglaubensschutzes ist es wichtig, möglichst schnell seine Rechte im Grundbuch eintragen zu lassen. Das Eigentumsregister führt eine Tagebuch, in dem Tag und genaue Uhrzeit der Vorlage einer Urkunde eingetragen werden, die eine Rangwirkung auslösen. In der Regel wird der Käufer den beurkundenden Notar anweisen, unmittelbar nach der Beurkundung auf telematischem Wege dem Grundbuchamt eine Vormerkung mit Angabe des Datums des beurkundeten Kaufvertrages vorzulegen. Dieser Vorvermerk sperrt das Grundbuch für die Dauer von zehn Tagen, und seine Dauer kann verlängert werden.

 

Das Katasteramt

Die Kataster wurden in Spanien aufgrund eines Gesetzes von 1906 eingerichtet. Die Kataster wurden mit Angaben der Eigentümer oder durch eigene Festsetzungen des Amtes gespeist und dienten und dienen überwiegend dazu, eine Grundlage für die Berechnung der jährlichen Grundsteuern (Katasterwert) zu geben. So erklärt es sich, dass die betroffenen Eigentümer dem Kataster im Steuervermeidungsinteresse gern geringere Grundstücks- und Bebauungsgrößen meldeten und die Kataster im Steuererhebungsinteresse gern auch größere Bezugsdaten annahmen. Erst aufgrund einiger Gesetzesänderungen der letzten 20 Jahre findet eine Abgleichung der Daten von Grundbuch und Kataster statt: Seit 1997 muss z.B. der letzte zahlungsbeleg über die Grundsteuer der notariellen Kaufurkunde beigefügt werden, und aufgrund eines Gesetzes aus dem Jahre 2011 sollen die Notare bei der Lösung von Diskrepanzen zwischen Eigentumsregister und Grundbuchamt mitwirken. Und schließlich müssen schon seit 2004 bei einem Neubau oder werterhöhenden Modernisierungsarbeiten innerhalb von zwei Monaten nach Abschluss der Arbeiten vom Eigentümer entsprechende Informationen dem Katasteramt vorgelegt werden, damit das Katasteramt die Grundsteuer neu festsetzen kann. Da diese „Neubauerklärungen“ nicht nur Notar- und Registerkosten auslösen, sondern auch die jährlich fällige Grundsteuer erhöhen, werden diese Pflichten von den Eigentümern gern oft „vergessen“. Eigentümer, die diese Informationen nicht fristgerecht dem Kataster einreichen, können mit Strafen belegt werden.

 

Widersprüche zwischen Grundbuch und Kataster

Widersprechen sich die Daten von Grundbuch und Kataster sind in der Regel anwaltliche Hilfe und die Hinzuziehung von Vermessern oder Architekten geboten. Immer dann, wenn das Kataster größere Bauvolumen verzeichnet als im Grundbuch eingetragen sind, deutet dies auf illegale Gebäudeteile hin.  Nach einer Vermessung des vorhandenen Baubestandes ist dann zu prüfen, ob die im Grundbuch nicht eingetragenen Gebäudeteile genehmigungsfähig oder zumindest gesetzlicher  Bestandsschutz vorliegt. Bevor diese Unklarheiten nicht gelöst sind, sollte von einem Kauf einer derart problembelasteten Immobilie Abstand genommen werden.

 

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