Der Ehepartner als Kündigungsgrund?

Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 05. April 2013 – 10 Sa 2339/12 -. Von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, und Volker Dineiger, Rechtsanwalt Berlin

Ausgangslage:
In Auseinandersetzungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern können auch Dritte eine entscheidende Rolle spielen. So war dies im vorliegenden Fall: zwischen der Arbeitnehmerin und dem Arbeitgeber gab es Differenzen über die Einteilung der Arbeitszeit. Gegen die Wünsche der Arbeitnehmerin teilte der Arbeitgeber diese zu einem Wochenenddienst ein. In einem Telefonat zwischen dem Arbeitgeber und dem Ehemann der Arbeitnehmerin sagte dieser, dass er einer Mitarbeiterin “auf die Fresse hauen würde”. Die Arbeitnehmerin war bei diesem Telefonat dabei, feuerte ihren Ehemann zwar nicht an, wirkte aber auch nicht beruhigend auf ihn ein. Der Arbeitgeber kündigte. Das Arbeitsgericht gab in der ersten Instanz der Kündigungsschutzklage statt; das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg wies die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurück.

Eine Kündigung ist dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist und die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit gewahrt sind.

Die Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung des Arbeitsgerichts Neuruppin, das der Kündigungsschutzklage stattgegeben hatte. Die Kündigung des Arbeitgebers war unwirksam. Zur Begründung gilt folgendes: eine Kündigung ist keine Sanktion für vertragswidriges Verhalten oder eine Strafe. Eine Kündigung soll zukünftigem vertragswidrigem Handeln entgegenwirken. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind die verbalen Verfehlungen des Ehemannes der Klägerin schon nicht ohne weiteres zuzurechnen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts fungierte der Ehemann der Klägerin nicht als deren Sprachrohr. Der Klägerin kann also nicht zur Last gelegt werden, dass sie auf ihren Ehemann nicht eingewirkt habe. Darüber hinaus stellt das Landesarbeitsgericht fest, dass die Kündigung auch daran scheitern würde, dass keine Abmahnung erteilt worden ist. Könnte der Arbeitnehmerin nämlich das Verhalten ihres Ehemannes zugerechnet werden, so wäre die Verfehlung noch nicht so schwer, dass ohne Abmahnung gekündigt hätte werden können. Daher war der Kündigungsschutzklage stattzugeben.

Bewertung:
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist unter zwei Gesichtspunkten interessant. Das Landesarbeitsgericht betont grundsätzlich und richtig, dass eine Kündigung in der Regel nur dann aufgrund eines Verhaltens eines Arbeitnehmers erfolgen kann, wenn vorher eine Abmahnung erfolgt ist. Das Landesarbeitsgericht stellt klar, dass eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung der Ausnahmefall ist und bleibt. Auch das Problem, dass das Verhalten eines Dritten Anlass der Kündigung war, wird vom Landesarbeitsgericht richtig bewertet. Das Verhalten eines Dritten kann nur dann zu einer Kündigung herangezogen werden, wenn dieses Verhalten dem Arbeitnehmer zurechenbar ist, er es aktiv befördert hat. Alleine die Tatsache, dass der Arbeitnehmer das Verhalten des Dritten hätte verhindern können, es aber nicht getan hat, reicht für eine Zurechnung und damit eine Kündigung nicht aus.

Fachanwaltstipp Arbeitgeber:
Das Eingreifen eines Dritten, insbesondere eines Ehepartners, kann für den Arbeitgeber störend sein oder gravierende Folgen haben. Die Reaktionsmöglichkeit hierauf muss aber sorgsam erwogen werden. Es empfiehlt sich in der Regel eine sehr sorgfältige Sachverhaltsermittlung und umfassende Beratung, bevor eine voreilige Reaktion erfolgt.

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:
Es empfiehlt sich immer zu überlegen, ob ein Dritter in das Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer dem Arbeitgeber überhaupt eingreifen soll. Geschieht dies allerdings und hat die Sanktionen für den Arbeitnehmer, so empfiehlt sich in der Regel eine Beratung, ob die Sanktion wirklich gerechtfertigt ist. Nicht jedes Eingreifen eines Dritten in das Arbeitsverhältnis darf negative Folgen für den Arbeitnehmer haben.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg:
Urteil vom 05.April 2013 – 10 Sa 2339/12 –
Vorinstanz: Arbeitsgericht Neuruppin
Urteil vom 24.10.2012 – 5 Ca 869/12 –

04.08.2013

Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin

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