Behinderung als Erwachsener aufgrund von Gendefekt – kein Anspruch auf Kindergeld

München/Berlin (DAV). Tritt bei einem Erwachsenen eine Behinderung erst nach Vollendung des 25. Lebensjahrs auf, gibt es keinen Anspruch auf Kindergeld. Das gilt auch dann, wenn die Behinderung auf einem angeborenen Gendefekt beruht.

Die 1968 geborene Frau leidet an einer Muskelerkrankung in Form der Myotonen Dystrophie Curschmann-Steinert. Die erblich bedingte Krankheit führt zu einer langsam fortschreitenden Abnahme der Muskelkraft. Es tritt Muskelsteifigkeit auf, etwa beim festen Zupacken. Unter ersten Symptomen litt die Frau bereits im Alter von etwa 14 Jahren. Diagnostiziert wurde die Krankheit erst 1998 durch eine gentechnische Untersuchung. In den folgenden Jahren verstärkten sich die Symptome, insbesondere die Muskelschwäche in den Beinen. Im Jahr 2005 wurde ein Grad der Behinderung von 50 und im Jahr 2009 von 100 festgestellt. Die Frau absolvierte trotzdem eine Berufsausbildung und war bis 2010 berufstätig. Ab Oktober 2011 erhielt sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Der Vater beantragte 2014, ihm für seine Tochter ab Januar 2010 Kindergeld zu gewähren. Dies lehnte die Familienkasse ab.

Kindergeldanspruch bei Gendefekt: Entscheidend ist Beginn der Behinderung
Der Mann klagte und erzielte zunächst einen Teilerfolg: Das Finanzgericht gab der Klage für die Monate statt, in denen die Mittel zur Deckung ihres notwendigen Lebensbedarfs, die der Tochter zur Verfügung standen, nicht ausreichten.
Doch der Bundesfinanzhof (BFH) sah es dann so wie die Familienkasse. Die Behinderung sei nicht, wie es das Einkommensteuergesetz (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3) fordere, vor Vollendung des 27. Lebensjahrs eingetreten. Für die Frau galt aufgrund einer Übergangsregelung noch nicht die ab 2000 auf das 25. Lebensjahr abgesenkte Altersgrenze. In ihrem Fall war das 27. Lebensjahr maßgeblich.

Ein Mensch sei behindert, “wenn seine körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist”. Dagegen genüge es nicht, so der BFH, wenn vor Erreichen der Altersgrenze eine Behinderung zwar drohe, aber noch nicht eingetreten sei. Das Finanzgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass bereits der angeborene Gendefekt als solcher die Behinderung darstelle.

Die Richter verwiesen daher die Sache zurück an das Finanzgericht. Das müsse noch einmal prüfen, ob der Gendefekt bereits vor Erreichen der Altersgrenze zu Funktions- und Teilhabebeeinträchtigungen bei der Frau geführt habe.

Bundesfinanzhof am 27. November 2019 (AZ: III R 44/17)

Hohe Kompetenz in allen Fragen des Familienrechts ist das Markenzeichen der Familienanwälte. Ganz gleich ob zum Thema Ehe oder Ehevertrag, nichteheliche Lebensgemeinschaft oder gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft, Sorge- und Umgangsrecht für die Kinder oder Scheidungsfolgen, wie z. B. Unterhalt für Kinder bzw. Ehepartner: Mit einem Familienanwalt als Ihrem ersten Ansprechpartner sind Sie stets auf der rechtssicheren Seite. Ein Familienanwalt berät Sie umfassend, vertritt ausschließlich Ihre Interessen und leistet Ihnen auch jederzeit gern rechtlichen Beistand – in außergerichtlichen Auseinandersetzungen genauso wie vor Gericht. Vertrauen Sie in allen Fragen des Familienrechts auf die deutschlandweit mehr als 6.500 Familienanwältinnen und Familienanwälte im Deutschen Anwaltverein.
Eine qualifizierte Familienanwältin oder einen qualifizierten Familienanwalt finden Sie auch in Ihrer Nähe.

Kontakt
Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein
Rechtsanwalt Swen Walentowski
Littenstraße 11
10179 Berlin
030 726152-129
presse@familienanwaelte-dav.de
http://www.familienanwaelte-dav.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


CAPTCHA-Bild
Bild neu laden