Ein Vorgesetzter, der arbeitsvertraglich verpflichtet ist, die Arbeitszeiten der ihm nachgeordneten Mitarbeiter zu kontrollieren riskiert die fristlose Kündigung, wenn er vorsätzlich falsche Angaben macht. Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 23. Mai 2013 – 10 Sa 6/13 -, juris)
Ausgangslage:
Ein Vorgesetzter hatte seine Mitarbeiter vorzeitig nachhause geschickt, da diese wegen eines Stromausfalls nach einem Gewitter angeblich nicht mehr arbeiten konnten. Auf den Zeiterfassungskarten hatte er den Mitarbeitern allerdings die Arbeitsleistung bis zum Ende der regulären Arbeitszeit bestätigt.
Die Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht sah diesen Sachverhalt als ausreichend für eine fristlose Kündigung an. Der Fall sei letztlich nicht anders zu bewerten, als der Fall, in dem ein Arbeitnehmer seine eigenen Arbeitszeiten nicht korrekt dokumentiert und vorsätzlich falsche Angaben macht. Der Arbeitnehmer verletzt damit in erheblicher Weise seine gegenüber dem Arbeitgeber bestehende Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB)
(Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. Mai 2013 – 10 Sa 6/13 -, juris)
Bewertung:
Allgemein anerkannt ist in der Rechtsprechung, dass der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, “an sich” geeignet ist, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch. Der Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit vertrauen können. Überträgt er den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und füllt ein Arbeitnehmer die dafür zur Verfügung gestellten Formulare wissentlich und vorsätzlich falsch aus, so stellt dies in aller Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar (BAG 09.06.2011 – 2 AZR 381/10 – Rn. 14 mwN, NZA 2011, 1027; LAG Rheinland-Pfalz 15.11.2012 – 10 Sa 270/12 – Rn. 22, Juris). Durchaus fraglich ist aber, ob diese Rechtsprechung ohne weiteres auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen ist, da der Arbeitnehmer eben nicht seine eigenen Zeiten falsch eintrug, sondern lediglich die seiner nachgeordneten Mitarbeiter. Der entscheidende Punkt könnte schon der sein, dass der Arbeitnehmer hier keinen rechtswidrigen Vorteil für sich selbst erlangte. Möglicherweise handelt sich es sich lediglich um eine Schlechtleistung. Der mit der Tat verbundene Vertrauensbruch dürfte jedenfalls weniger relevant sein. Gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts wurde Revision eingelegt beim Bundesarbeitsgericht.
Fachanwaltstipp Arbeitgeber:
Arbeitszeitbetrug ist grundsätzlich geeignet, eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer zu rechtfertigen. Allerdings ist der Arbeitgeber für den Betrug darlegungs- und beweisbelastet. Immer dann, wenn wie im vorliegenden Fall der beim Arbeitgeber eintretende Schaden nicht deckungsgleich mit einem Vorteil des Arbeitnehmers ist, könnten sich hinsichtlich der notwendigen Schwere des Vertrauensbruches Probleme ergeben.
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:
Unabhängig davon, ob man die vorliegende Entscheidung für richtig hält: Das Problembewusstsein bei Arbeitnehmern im Bereich Arbeitszeitbetrug besteht in der Regel nicht in ausreichendem Maße. Hier werden Betrügereien oft als Kavaliersdelikt abgetan. Arbeitnehmer machen sich nicht klar, dass Schummeleien bei der Arbeitszeit letztlich ein Betrug zulasten des Arbeitgebers ist. Der Arbeitgeber zahlt eine Leistung, die er nicht erhalten hat. Derartige Straftaten rechtfertigen grundsätzlich auch eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung.
17.09.2013
Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin
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