Degi Europa – Anleger des krisenbehafteten Immobilienfonds sind verunsichert, bangen um ihre sicher geglaubte Anlage und suchen Rat – Interview mit Rechtsanwältin Helena Winker von der Kanzlei Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte
Die für Juli 2013 geplante Anleger-Ausschüttung des krisengeschüttelten Immobilienfonds Degi Europa (WKN: 980780, ISIN: DE0009807800 ) wird nach Angaben des Verwalters Aberdeen Asset Management auf September dieses Jahres verschoben. Als Grund nennt der Verwalter Verzögerungen von Kaufpreiszahlungen der in Veräußerung befindlichen Immobilien.
Degi Europa Anleger fragen nun: was tun?
Bei dem offenen Immobilienfonds Degi Europa handelt es sich um ein Immobilien- Sondervermögen. Dieses Sondervermögen wird durch die Kapitalanlagegesellschaft verwaltet. Die Anlageregelungen zum offenen Immobilienfonds befinden sich im Investmentgesetz (InvG). Die der Höhe nach unbegrenzten Anteile sind grundsätzlich frei übertragbar.
Die für Juli 2013 ursprünglich angekündigte Ausschüttung bleibt bisher aus.
Ende September 2013 endet die Verwaltung des Fonds unter der Fondsgesellschaft Aberdeen. Damit wird die insgesamt sechste Ausschüttung zugleich die letzte unter Aberdeen sein.
Tausende Kleinanleger fürchten jedoch weiterhin um ihr Erspartes. Degi Europa wurde bereits im Oktober 2008 geschlossen; zwei Jahre später wurde ihre Abwicklung angeordnet. Bei der Schließung wies der Fonds ein Investitionsvolumen von rund 1,3 Milliarden Euro auf. Zu dieser Zeit galt das Portfolio als “konservativ”. Rechtsanwalt und Verbraucherschützer Dr. Thomas Schulte erstritt vor dem Kammergericht in Berlin ein wegweisendes – vom Bundesgerichtshof nicht angefochtenes – Urteil, wonach ein “konservativer” Anleger jedenfalls vor Substanzverlust geschützt werden muss. Die betroffenen Anleger sind nun verunsichert und suchen rechtlichen Rat. Investierten sie doch in eine vermeintlich sichere Altersvorsorge.
Rechtsanwältin Helena Winker von der Kanzlei Dr. Schulte und Partner beantwortet in einem Interview für Degi-Anleger wichtige Fragen:
Warum befindet sich Degi Europa in der Abwicklung?
Die Manager der Fondsgesellschaft haben sich schlichtweg verspekuliert. Sie setzten auf steigende Preise europäischer Immobilien bei gleichbleibender Investitionsbereitschaft der Anleger. Doch im Zuge der Finanzkrise 2007/2008 zogen immer mehr Anleger ihr Geld ab. Im Oktober 2008 musste der Fonds schließlich erstmalig schließen. Die Hoffnung auf eine Wiedereröffnung platzte dann im Oktober 2010, als die Fondsgesellschaft Aberdeen die Abwicklung des Portfolios wegen fehlender Liquidationsaussichten anordnete.
Haben Anleger eine reelle Chance ihr Geld zurückzubekommen?
Ja, auf jeden Fall! Anleger sollten sich schnellstmöglich rechtlichen Rat suchen. Die langjährigen Erfahrungen unserer Kanzlei im Bereich Anlegerschutz haben gezeigt, dass in der Regel vor allem Anleger durch eine fehlerhafte Aufklärung ihrer Bank oder ihres Finanzvermittlers zu solchen hoch spekulativen Investitionen veranlasst wurden. Besonders traurig ist dabei, dass viele private Kapitalanleger bis zum Schluss dachten, dass ihre Investition eine sichere Altersvorsorge darstelle.
Von wem würde ich mein Geld erstattet bekommen?
Das hängt immer vom konkreten Fall ab. Sollte jedoch – wie häufig – eine fehlerhafte Aufklärung vorliegen, dann kommt in erster Linie der Anlageberater oder die beratende Bank in Betracht.
Wann liegt eine fehlerhafte Aufklärung vor?
Grundsätzlich versteht man unter fehlerhafter Aufklärung alle schädigenden Handlungen und Umstände, die vor oder bei Vertragsabschluss vorlagen und damit letztlich zur genannten Investition führten. Das sind beispielsweise mangelhafte Formulierungen in den Verträgen oder Verkaufsprospekten, aber auch Falschberatungen über bestehende Risiken oder das Verschweigen von Provisionszahlungen – sog. “Kick-Backs” . Das aktuelle Urteil des OLG Frankurt/M. vom 13.02.2013, 9 U 131/11, stützt einen Schadensersatzanspruch auf die mangelnde Aufklärung des Anlegers eines offenen Immobilienfonds über die Möglichkeit des Fonds der Aussetzung der Rücknahme gem. § 81 InvG. Dies bedeutet jedoch ein erhebliches Liquiditätsrisiko für den Anleger.
Es gibt also eine Vielzahl von “Schwachpunkten”, die ein Anwalt zugunsten des Mandanten ermitteln kann. Der Teufel steckt dabei wie immer im Detail. Wichtig ist nur, dass die Betroffenen schnell handeln.
Warum sollen die Anleger schnell handeln? Ist das nicht Panikmache?
Nein, auf keinen Fall! Was Freund Hein für den Arzt ist, ist für den Anwalt die Frist. Besonders die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren gilt es dabei zu beachten. Sie ist schneller erreicht, als manche denken. Es kommt hierbei auf die Kenntnis des Anlegers von der fehlerhaften Beratung an. Bei Investitionen im Falle der Degi Europa ist schnelles Handeln geboten, da die meisten Anleger ihre Anteile vor dem Jahr 2009 erwarben.
Wird es nicht zwangsläufig zu einem kostenintensiven Gerichtsverfahren kommen?
Nein. Erfahrene Anwälte werden zunächst versuchen, die Angelegenheit außergerichtlich durch einen Vergleich zu lösen. Das ist für den Mandanten meistens der schnellste und risikoärmste Weg – für mandantenorientierte Anwälte daher auch die erste Wahl.
Aber auch vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung zur Durchsetzung des vollen Anspruches sollte man nicht zurückschrecken – vor allem dann nicht, wenn gute Erfolgsaussichten bestehen.
V.i.S.d.P.:
Helena Winker
Rechtsanwältin bei Dr. Schulte und Partner
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