Was ist unter einer Kettenbefristung zu verstehen?
Eine Kettenbefristung beschreibt die Verkettung von befristeten Arbeitsverträgen zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer, welche unmittelbar aufeinander folgen. Das bedeutet, sobald ein befristeter Vertrag beendet worden ist, beginnt der nächste ebenfalls befristete Arbeitsvertrag. Kettenbefristungen sind grundsätzlich zulässig, nach neuester Rechtsprechung jedoch nicht in jedem Fall wirksam.
Rechtliches zur Kettenbefristung
Befristete Arbeitsverträge enden im Regelfall durch Zeitablauf und nicht durch Kündigung. Um die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes nicht zu umgehen, ist die rechtliche Zulässigkeit einer Kettenbefristung begrenzt. Daher darf diese ausschließlich unter der Bedingung einer für die Befristung des Arbeitsvertrages vorliegenden Existenz eines angemessenen und sachlichen Grundes abgeschlossen werden. Solch ein Grund kann bei Kettenbefristungen die Arbeit an mehreren zeitlich begrenzten und zeitlich unabhängig voneinander stattfindenden Projekten oder aber auch die Vertretung für einen abwesenden Arbeitnehmer/abwesende Arbeitnehmerin beispielsweise in Folge von Mutterschutz oder Elternzeit sein. Liegt kein sachlicher Grund für die Befristung des Vertrages vor, so gilt der Arbeitsvertrag als unbefristet geschlossen.
Ausnahmeregelung bei einer Kettenbefristung
Ausnahmsweise ist eine Kettenbefristung auch ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz möglich. Nach diesem Gesetz kann ein befristeter Arbeitsvertrag innerhalb einer Zweijahresfrist insgesamt dreimal verlängert werden, auch wenn kein sachlicher Grund vorliegt.
Eingeschränkte rechtliche Überprüfung von Kettenbefristungen
Bei rechtlichem Streit um die Wirksamkeit einer Kettenbefristung prüften die Gerichte früher für jeden einzelnen befristeten Arbeitsvertrag, ob ein sachlicher Grund vorgelegen hat. Diese Rechtsprechung wurde aufgegeben. Heute überprüfen die Gerichte lediglich die Rechtswirksamkeit des letzten befristeten Arbeitsvertrages. Dadurch sind die Möglichkeiten einer rechtlichen Überprüfung für die Vergangenheit auf den letzten befristeten Arbeitsvertrag reduziert worden.
Unser Expertentipp zu Kettenbefristungen
Kettenbefristungen sind rechtlich grundsätzlich gesetzeskonform, arbeitsrechtlich aber anspruchsvoll in der Umsetzung. Das Bundesarbeitsgericht hat in einem unter Arbeitsrechtlern bekannten Rechtsfall seine Rechtsprechung partiell modifiziert und somit verdeutlicht, dass eine Aneinanderreihung mehrerer befristeter Verträge unter gewissen Umständen unzulässig ist. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Kettenbefristungen in jedem Fall einer Rechtsmissbrauchskontrolle unterliegen. Wir zeigen Ihnen, unter welchen Bedingungen Sie Kettenbefristungen abschließen können bzw. ob diese im Einzelfall wirksam sind.
Vorstellung der Kanzlei Kerner Rechtsanwälte – Fachanwälte für Arbeitsrecht
Als Fachanwälte für Arbeitsrecht beraten und vertreten die Rechtsanwälte Ulrich Kerner und Michael Oder Arbeitgeber, Organisationen und Arbeitnehmer im Hinblick auf jegliche Rechtsfragen rund um die Themen Einstellung, Arbeitsvertrag und Kündigung.
Die Kanzlei, deren Sitz sich in Hannover befindet, ist bundesweit tätig. Mit über 20 Jahren Erfahrung – und dabei ausschließlich im Arbeitsrecht tätig – beraten die Juristen regelmäßig beide Seiten: Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine solche perspektivische Bereicherung schafft realistische Lösungen, welche wertvoll sind, da sie den Mandanten einen gewinnbringenden Abschluss ermöglichen – schnell und effektiv.
Präzise Aktenkenntnis, Reaktionsschnelligkeit und ein hohes Einfühlungsvermögen in die Begleitumstände sind charakterisierend für die Beratung der Rechtsanwälte.
Ihre hohe Sachkompetenz geben die Fachanwälte als Dozenten in Weiterbildungen und Vorträgen weiter.
Mit besonderem Fokus auf eine transparente und faire Beratung betreiben die Fachanwälte für Arbeitsrecht zudem seit Anfang 2013 den Online-Ratgeber www.arbeitsrecht360.com. Anhand von 200 Begriffen werden dort Fragen zum Arbeitsrecht beantwortet.
Interview mit Herrn Rechtsanwalt Kerner
WUP: Wann haben Sie sich dazu entschieden, eine eigene Kanzlei zu gründen?
Herr Kerner: Ich habe meine Tätigkeit als Rechtsanwalt im Jahr 1993 aufgenommen. Ich war in einer wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Kanzlei zunächst angestellt und später als Partner tätig. Ich hatte die Zielsetzung in nur einem Rechtsgebiet hochspezialisiert und kompetent zu arbeiten und habe mich daher im Jahr 2001 entschieden, eine nur auf das Arbeitsrecht spezialisierte Kanzlei zu begründen.
WUP: Als Anwalt spezialisiert man sich auf einen oder mehrere Fachbereiche. Wann muss man sich denn zwischen den unterschiedlichen Möglichkeiten entscheiden?
Herr Kerner: Bis heute ist es so, dass auch Rechtsanwälte ohne Spezialisierung dem Rechtssuchenden eine Mandatsbearbeitung in allen Rechtsgebieten anbieten. Dies ist noch bis weit in die 1990ziger Jahre auch üblich gewesen. Spezialisierungen waren nur relativ selten anzutreffen. Mit der Einführung von so genannten Fachanwaltschaften hat sich diese erheblich verändert. Rechtsanwälte haben die Möglichkeit durch Ablegung von Prüfungen über die theoretischen Kenntnisse und den Nachweis von praktischen Erfahrungen durch bearbeitete Fälle in einem Rechtsgebiet so genannte Fachanwaltstitel zu erwerben.
Zu Beginn meiner Tätigkeit in den 1990ziger Jahren war ich ebenfalls zunächst in mehreren Rechtsgebieten tätig. Sehr schnell hatte ich aber das Bestreben, mich auf einen Fachbereich zu konzentrieren. In der heutigen Zeit ist es aus meiner Sicht unverzichtbar, sich möglichst früh auf ein bestimmtes Fachgebiet zu spezialisieren, damit man die fachlichen Kenntnisse frühzeitig ausprägen und praktische Erfahrungen sammeln kann.
WUP: Warum haben Sie sich gerade für den Fachbereich Arbeitsrecht entschieden?
Herr Kerner: Bereits im Studium hatte ich einen Schwerpunkt im Arbeitsrecht gebildet. Mit Beginn meiner Tätigkeit habe ich in diesem Gebiet sofort meinen Schwerpunkt gesetzt und wurde 1996 nach entsprechenden Prüfungen und Qualifikationen zu einem der ersten Fachanwälte für Arbeitsrecht in Hannover ernannt. Das Rechtsgebiet des Arbeitsrechts ist einerseits rechtlich anspruchsvoll und bietet andererseits viele gestaltende Möglichkeiten bzw. Möglichkeiten der Unterstützung der Mandanten zumeist in einem sehr wichtigen Lebensbereich bzw. einer sehr wichtigen Lebensphase. Der intensive Kontakt mit dem Mandanten nimmt dabei eine herausragende Rolle ein. Es ist eine besondere Herausforderung, bei Schwierigkeiten im Arbeits- und Berufsleben die vielschichtigen Interessen des Mandanten zu vertreten, aber auch in seinem Sinne eine Lösung des Konflikts anzustreben.
WUP: Ein Großteil des Anwaltsberufes besteht sicherlich aus dem (direkten) Mandantenkontakt. Können Sie prozentual einschätzen, wie sich Ihre Arbeit aufteilt?
Herr Kerner: Prozentual kann ich es nicht einschätzen. Natürlich führen wir mit unseren Mandanten sehr intensive Besprechungen durch. Die optimale Lösung zu finden, fängt letztlich beim Zuhören an. Unsere Mandanten aus dem Arbeitgeberkreis suchen wir häufig auch in den jeweiligen Unternehmen auf, um dort die erforderlichen Informationen einzuholen bzw. auszutauschen. Letztlich erfolgen viele Absprachen selbstverständlich aber auch per Telefon oder Email. Insoweit ist ein Anwalt zumeist, und das gilt selbstverständlich auch für uns, für seine Mandanten auch außerhalb “normaler Arbeitszeiten” erreichbar.
WUP: Ihre Mandanten sind alle von unterschiedlicher Natur und verhalten sich dementsprechend. Wie gehen Sie mit den Mandanten um?
Herr Kerner: Dass die Mandanten alle unterschiedlich sind, macht meinen Beruf erst interessant. Gerade im Arbeitsverhältnis bzw. im Verständnis und der Einstellung dazu wird dieses sehr deutlich. Ziel ist es natürlich immer, auf diese häufig sehr unterschiedlichen Interessenlagen einzugehen und die Ziele des Mandanten gemeinsam zu definieren, um optimalen Erfolg zu erreichen. Zu einer fairen und transparenten Beratung gehört es selbstverständlich, den Mandanten umfassend über alle Möglichkeiten und insbesondere die Erfolgschancen aufzuklären. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung letztlich die Gerichte darüber entscheiden, wem Recht zugesprochen wird.
WUP: Auf Ihrer Webseite stellen Sie Ihre Arbeit in drei verschiedenen Bereichen vor: in Individualarbeitsrecht, kollektives Arbeitsrecht und Dienstvertrags- und Handelsvertreterrecht. Wie unterscheiden sich diese Kategorien voneinander?
Herr Kerner: Die Bereiche unterscheiden sich in der Mandantschaft, welche sie ansprechen. Mit dem Begriff Individualarbeitsrecht sind die Einzelprobleme, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern auftreten können, angesprochen. Dies können beispielsweise Fragen rund um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere Kündigung, Abfindung, Befristung, Arbeitszeugnisse, aber auch Mutterschutz, Urlaub oder Arbeitszeit betreffen. Das kollektive Arbeitsrecht beschreibt das Rechtsgebiet insbesondere die rechtlichen Regelungsbereiche auf betrieblicher Ebene zwischen Betriebsräten und Arbeitgebern, aber auch unter Beteiligung von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Das Dienstvertragsrecht spricht wiederum Arbeitgeber und Geschäftsführer an, zumeist GmbH-Geschäftsführer. Im Gegensatz zu den bisherig genannten Bereichen des Arbeitsrechts, befasst sich das Handelsvertreterrecht ausschließlich mit dem Recht von Handelsvertretern, also selbstständigen Gewerbetreibern.
WUP: Auf welche Weise reagieren Ihre Mandanten, wenn Sie einen Fall “verlieren”? Sind sie größtenteils verständnisvoll oder nicht?
Herr Kerner: In erster Linie arbeitet man als Rechtsanwalt selbstverständlich daran, den Mandanten zum Recht zu verhelfen und den Fall zu gewinnen oder aber eine für ihn vernünftige und tragbare vergleichsweise Regelung zu finden. Wenn es dann doch einmal soweit kommt, dass der Fall nicht auf diese Weise abgeschlossen werden kann, soll und muss der Mandant aber sicher sein, dass sein Anwalt alles für ihn getan hat. Ich denke schon, dass die überwiegende Anzahl der Mandanten weiß, dass nicht jeder Fall gewonnen werden kann bzw. natürlich die rechtliche Ausgangssituation im Hinblick auf die Erfolgschancen auch immer unterschiedlich ist. Aber auch genau darüber gilt es zu Beginn des Mandates bzw. im Verlauf des Mandates zu jeder Zeit transparent und fair aufzuklären.
WUP: Auf welche Weise gewinnen Sie neue Mandanten? Würden Sie sagen, dass das Internet eine entscheidende Rolle für Ihre Neumandantengewinnung spielt?
Herr Kerner: Das Internet hat sich zwar in den letzten Jahren stark entwickelt und wird sich noch weiter erstrecken, bildet aber nicht die entscheidende Rolle für unsere Mandantengewinnung. Nach wie vor ist zunächst die persönliche und aktive Empfehlung der essentielle Aspekt, über den wir Neumandanten gewinnen. Darüber hinaus steigern wir unseren Bekanntheitsgrad über Vortrags- und Referententätigkeiten, die auch immer wieder Neumandanten zu uns führen. Auch wenn nach wie vor der persönliche Kontakt das Neumandat zu uns führt, gehe ich aber doch davon aus, dass das Internet auch für uns ein großes Potential für die Neumandantengewinnung darstellt. Wir haben im Bereich des Themas Onlinemarketing viele Schritte bereits erfolgreich umgesetzt und erhalten dafür auch sehr positive Rückmeldungen aus der Mandantschaft.
WUP: Inwieweit sehen Sie im Hinblick auf volkswirtschaftliche Investitionspotentiale ausländischer Unternehmen Restriktionen bzw. Chancen im Zusammenhang mit dem Arbeitsrecht in Deutschland?
Herr Kerner: Diese Frage lässt sich natürlich in der Kürze nur sehr pauschal beantworten. Jedes Rechtssystem hat insbesondere auch im Arbeitsrecht andere Vorgaben. Die deutsche Wirtschaft greift auf ein sehr erfolgreiches Rechtssystem zurück und kann damit eine gewisse Verlässlichkeit anbieten, wobei sich selbstverständlich Gesetze aber auch Rechtsprechung im Detail ständig weiterentwickeln bzw. verändern. Viele ausländische Unternehmen sehen im deutschen Arbeitsrecht eher einen Hindernisgrund für Investitionen. Die Verlässlichkeit in unser Rechtssystem bietet meines Erachtens aber insoweit viel mehr Chancen.
WUP: Das Thema “befristete Arbeitsverhältnisse” spielt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer häufiger eine große Rolle. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass sogenannte Kettenbefristungen rechtsmissbräuchlich sein können. Was bedeutet das genau und wie lange darf ein befristetes Arbeitsverhältnis insgesamt dauern?
Herr Kerner: Die rechtlichen Rahmenbedingungen richten sich nach dem sogenannten Teilzeit- und Befristungsgesetz. Danach kann ein Arbeitgeber mit seinem Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis bis zur Dauer von maximal zwei Jahren ohne Vorliegen eines Sachgrundes zeitlich befristen. Selbstverständlich kann die Befristung auch kürzer sein. Innerhalb dieser zwei Jahre kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis insgesamt drei Mal befristet verlängern. Entscheidend ist dabei nur, dass diese Gesamtdauer von zwei Jahren nicht überschritten wird. Dabei gibt es aber eine wesentliche Einschränkung: Wenn der Arbeitnehmer bei dem Arbeitgeber zuvor schon einmal beschäftigt war – egal ob befristet oder unbefristet – müssen zwischen der letzten Beschäftigung und dem Abschluss des befristeten Vertrages mindestens drei Jahre liegen. Sind aber diese Voraussetzungen erfüllt, ist eine Befristung ohne Vorliegen einer Begründung möglich.
WUP: Wenn eine Befristung für maximal zwei Jahre zulässig ist, warum gibt es dann viele Befristungen, die länger dauern?
Herr Kerner: Die von mir angesprochene Befristung auf zwei Jahre ohne Begründung ist nur eine Variante des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Dieses Gesetz ermöglicht auch weitere Befristungen ohne die Berücksichtigung von Dauer und Häufigkeit, wenn folglich ein sachlicher Grund vorliegt.
WUP: Was genau ist ein “sachlicher Grund”?
Herr Kerner: Bei dieser Entscheidung hilft uns das Gesetz weiter. Es definiert und beschreibt sachliche Gründe, wobei ich hier namentlich besonders den Sachgrund der Vertretung bei Erkrankung, Mutterschutz oder Elternzeit eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin herausheben würde. Weitergehend ist eine Befristung aus sachlichen Gründen bei vorübergehendem Arbeitskräftebedarf oder im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium zulässig, um eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern.
WUP: Dürfen bei Vorliegen einer der genannten Gründe befristete Arbeitsverhältnisse so oft und so lange abgeschlossen werden, wie man will oder schränkt die anfangs angesprochene Rechtsprechung das ein?
Herr Kerner: Soweit anerkannte sachliche Gründe vorliegen, darf das Arbeitsverhältnis beliebig oft und lang befristet werden. Eine neue Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom Juli 2012 besagt, dass sogenannte Kettenbefristungen einer Rechtsmissbrauchskontrolle unterliegen. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Arbeitnehmerin, die eine Justizangestellte beim Land Nordrhein-Westfahlen war, wurde aufgrund einer oder mehrerer Vertretungssituationen über einen Zeitraum von mehr als 11 Jahren mit 13 befristeten Verträgen beschäftigt. Diese Situation war in den Augen des Bundesarbeitsgerichtes allerdings zu viel des Guten. Dennoch hat das BAG es nur als Indiz gewertet, dass hier eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung des Befristungsrechtes vorliegt, was in diesem Fall eine Einzelfallentscheidung bedeutet, die natürlich Auswirkungen für die Praxis hat – keine Frage. In jedem Einzelfall werden auch wir in unserer Bewertung der Praxis immer wieder prüfen müssen, ob Indizien für einen Rechtsmissbrauch vorliegen.
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