Viele Maschinenhersteller machen sich nicht die Mühe, den Ersatzteilmarkt aktiv zu bearbeiten und haben auch keine genaue Vorstellung von dem vorhandenen Marktpotential. Durch diese Nachlässigkeit gefährden sie ihre Marktstellung.
Die Artikelserie gibt Hinweise und Tipps zur Optimierung.
Das Ersatzteilgeschäft wird von vielen Maschinenherstellern nicht als wirkliches Geschäft wahrgenommen, sondern immer als notwendiges Beiwerk zum Hauptgeschäft des Maschinenverkaufs gesehen. Man kennt die Umsätze im Ersatzteilvertrieb der letzten Jahre, verfolgt vielleicht noch die Größenordnung. Wo man aber steht, welchen Marktanteil man hat und wie sich dieser verändert ist meistens nicht bekannt – und wird auch nicht hinterfragt. Eigentlich hätten Maschinenhersteller die optimale Datenbasis, um genaue Zahlen zu ermitteln und daraus Maßnahmen abzuleiten. Schließlich liegen Stücklisten aller Maschinen vor, aus denen lassen sich alle Verschleißteile ermitteln und deren mittlere Lebensdauer abschätzen, und auch bei den Ersatzteilen verfügt man über gute Erfahrungswerte. Letztlich handelt es sich nur noch um eine Fleißarbeit, diese Daten mit den Preislisten sowie der Referenzliste der im Markt installierten Maschinen zu verknüpfen. Aber schon daran scheitert es.
Gefahr ist im Verzug
Externe Dienstleister und Händler sind da ungleich professioneller unterwegs, schließlich ist der Ersatzteilverkauf für Fremdmaschinen ihr Kerngeschäft. Wer das richtig und professionell betreiben will, muss sich einen guten Überblick über den Markt verschaffen, um auch die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Die Daten hierfür müssen sich diese “Servicepiraten”, wie sie von den OEMs geschimpft werden, sehr aufwendig am Markt, bei den potentiellen Kunden, besorgen. Aber schon durch diese Interaktion mit den Kunden, dem Abfragen von Bedarfen, investieren sie aus der Kundenwahrnehmung heraus deutlich mehr in das After Sales Geschäft als der OEM-Ersatzteilvertrieb, der irgendwo in einem Stammhaus das Telefon bewacht.
Da helfen dem Maschinenhersteller auch keine aufwendig gestylten Internetauftritte, bei dem man unter dem Link Ersatzteile ein Bestellformular findet oder das Logo der eher Hilflosigkeit ausstrahlenden Initiative “Buy the Original”.
So sieht wahrlich eine aktive Marktbearbeitung nicht aus.
Hersteller sollten schnellstens umdenken, denn der After Sales Bereich nimmt mit rasanter Geschwindigkeit an Bedeutung zu. Produzierende Unternehmen stellen Produktionsleistung und Verfügbarkeit über den Maschinenlebenszyklus hinweg immer mehr in den Vordergrund, die Maschine wird mehr und mehr Mittel zum Zweck. Die zügige Bereitstellung und der Vertrieb von Ersatzteilen spielt da eine große Rolle, und eine rein reaktiv, dh. auf Anfragen reagierende Verkaufspolitik ist da bestenfalls zweite Wahl.
Hinzu kommt, dass unter dem Oberbegriff “Facility Management” mehr und mehr große Unternehmen aktiv werden, die den eigentlich eher auf betriebliche Infrastruktur abzielenden Begriff auf die Produktionsmittel ausdehnen. Da gibt es bereits namhafte Konzerne, die in eigenen Geschäftsbereichen, von der Reinigung der Büroräume über Wartung der Krananlagen auch den Service der Produktionsanlagen in ihrem Programm anbieten. Wer da als Maschinenhersteller nicht aufpasst, ist sehr schnell bestenfalls noch Subunternehmer für den Service und die Ersatzteilversorgung an der von ihm gelieferten Maschine.
Weiterer Druck – im wahrsten Sinne des Wortes – kommt aus neuen technischen Möglichkeiten, die nunmehr Praxisreife erlangt haben und den Ersatzteilvertrieb in einigen Bereichen nachhaltig verändern werden: 3D-Drucker.
Für diverse Kunststoffe schon für kleines Geld erhältlich, gibt es auch für den Metallbereich Lösungen, die bei größeren Volumina betriebswirtschaftlich interessant sind. Eine wesentliche Hürde für den Einsatz auf breiterer Front ist noch die Umsetzung spezifischer Werkstoffeigenschaften.
So wird es zwar auf absehbare Zeit noch nicht den Universal-Ersatzteildrucker geben, für bestimmte Teilespektren jedoch dürfte die Eignung und der zukünftige Einsatz der 3D-Drucker als gesichert gelten.
Der erste Schritt – Setzen Sie sich Ziele
Die wenigsten Maschinenbauer haben jemals versucht, ihren Marktanteil im After Sales zu ermitteln. Andere, die sich mit dem Thema TCO – Total Cost of Ownership – auseinandergesetzt haben, sind da schon weiter. Sie können natürlich so vorgehen wie eingangs beschrieben und Ihre internen Daten auswerten. Für eine erste Abschätzung reicht es aber auch, wenn Sie Ihre zehn besten und kooperativsten Kunden fragen. Sofern diese halbwegs gut organisiert und auch ehrlich zu Ihnen sind, stellen sie Ihnen die auf Ihre gelieferten Maschinen in den vergangenen drei oder besser fünf Jahren gebuchten Materialkosten aus der Kostenträgerrechnung zur Verfügung. Daraus bilden Sie dann einfach einen Mittelwert und rechnen diesen über die sogenannte Installed Base, also den von Ihnen in den Markt gelieferten und nach Ihrer Kenntnis aktiven Maschinenbestand hoch. Damit bekommen Sie eine ungefähre Vorstellung von der Größenordnung des Marktes. Diesem Marktvolumen stellen Sie Ihre Ersatzteilumsätze der letzten Jahre gegenüber und wissen dann, wo Sie stehen und wie sich Ihr Marktanteil entwickelt.
Damit haben Sie den ersten Schritt in eine aktive Marktbearbeitung gemacht, denn nun können Sie sich Schritte vornehmen und Wachstumsziele definieren, die sich am Markt und nicht nur an Ihrem Umsatz der letzten Jahre orientieren. Gehen Sie aber dabei moderat vor, denn die Änderung Ihrer Geschäftsphilosophie muss sich im Markt erst entfalten, schließlich müssen Sie Kunden zurückgewinnen. Das ist mühsam und braucht Zeit, lässt sich aber im After Sales einfacher als im Neumaschinengeschäft realisieren.
In einem Folgebeitrag geht es um die nächsten Schritte, den Lebenszyklus einer Maschine, um die Definition von Austauschteilen und das Schnüren von Paketen.
Interim Manager und Unternehmensberater Matthias Fitzner ist Spezialist für After Sales Service und technischen Vertrieb. Bekannt ist er durch sein “Fit for Markets” genanntes agiles Transformationskonzept, mit dem die geschäftliche “Fitness” des Unternehmens in direkt umgesetzten Teilschritten zielgerecht erhöht wird. Matthias Fitzner ist Maschinenbauingenieur und war über 20 Jahren in verschiedenen Führungspositionen im internationalen Maschinenbau tätig.
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