Zwangsarbeits-Verbot der EU: Ein enormes wirtschaftliches Risiko für Hersteller mit komplexer Produktion

Zwangsarbeits-Verbot der EU: Ein enormes wirtschaftliches Risiko für Hersteller mit komplexer Produktion

Expertenkommentar von Sarah Carpenter, Director of Corporate Responsibility bei Assent

Zwangsarbeits-Verbot der EU: Ein enormes wirtschaftliches Risiko für Hersteller mit komplexer Produktion

Komplexen Herstellern drohen gewaltige finanzielle Schäden, wenn sie das von der EU-Kommission initiierte Verbot von Gütern aus Zwangsarbeit nicht umsetzen können. Das geplante Gesetz ist weitreichend und geht über ähnliche Regularien wie den US-amerikanischen UFLPA (Uyghur Forced Labor Prevention Act) hinaus. Es reiht sich ein in eine Reihe weiterer Gesetze der letzten Jahre, die ESG-Aspekte in Liefer- und Versorgungsketten betreffen. Für Hersteller mit umfangreicher und komplexer Produktion wird es immer dringender, Transparenz und auskunftsfähige Daten ihrer Supply Chain sicherzustellen.

Zwangsarbeit: Komplexe Hersteller stehen grundsätzlich im Risiko

Die UN berichtet, dass heute 27,6 Millionen Menschen in Zwangsarbeit leben – mehr als im Jahr 2016. Manufacturing und Agrarwirtschaft sind dabei zwei der Sektoren, die der Report besonders hervorhebt. Und über die Hälfte der Zwangsarbeit findet im Asiatisch-Pazifischen Raum statt, also dort, wo Hersteller im Bereich Automobil, Manufacturing oder Electronics häufig ihre Produktion oder Rohstoffquellen haben. Angesichts dessen ist klar: Nahezu alle komplexen Hersteller sind dem Risiko ausgesetzt, dass es an einem Punkt ihrer Versorgungskette zu Zwangsarbeit kommt.

Gemäß dem Entwurf der EU-Kommission reicht ein einziger betroffener Bestandteil aus, damit ein komplettes Produkt als von Zwangsarbeit betroffen gilt. Bei der Umsetzung möchte die EU dabei einen Ansatz verfolgen, der auf einer Risikobewertung anhand der vorhandenen Informationen sowie der Größe der Unternehmen fundiert. Außerdem sollen die Produkte an einem möglichst frühen Zeitpunkt der Wertschöpfungskette vom Markt entfernt werden. Große Produzenten sind also mit höherer Wahrscheinlichkeit von den unmittelbaren Konsequenzen der Richtlinie betroffen als KMUs oder Händler.

Gewaltige finanzielle Konsequenzen sind möglich

In Zwangsarbeit hergestellte Güter sollen von den Zollbehörden an den Außengrenzen der EU gestoppt werden. Nicht nur dürfen sie in Folge nicht auf dem EU-Binnenmarkt gehandelt werden, auch ein Re-Export, um sie auf einem anderen Markt zu handeln, wird verboten. Betroffene Güter müssen also zerstört werden. Kommen Unternehmen dem nicht nach, sind weitere Strafen möglich. Neben diesen finanziellen Schäden drohen zudem Reputationsschäden bei Kunden und Verbrauchern, sofern die Öffentlichkeit sich mit spezifischen Fällen beschäftigt. Betroffene Produkte werden in der ICSMS-Datenbank gelistet.

Nachweisfähigkeit wird zur wirtschaftlichen Grundlage

Die EU hat Leitlinien angekündigt, die Informationen für die Risikobewertung von Zwangsarbeit enthalten werden und Hilfestellungen, wie die Sorgfaltspflichten erfüllt werden können. Die unabdingbare Grundlage für alle gefährdeten Hersteller wird dabei, über die eigene Versorgungskette auskunftsfähig zu sein. Transparenz und Reporting-taugliche Daten sind die Basis für den Nachweis, dass die eigene Produktion in vollem Umfang zwangsarbeitsfrei ist, um Untersuchungen zu beenden oder vermeiden. Es wird noch dauern, bis das Gesetz mit seinen Anforderungen im Detail ausformuliert ist, dennoch können Hersteller bereits jetzt mit der Vorbereitung beginnen, indem sie sich an einem existierenden Leitfaden der EU zu Forced Labour Due Diligence orientieren. ESG-Compliance entwickelt sich zur Grundlage für den Marktzugang.

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