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Wie bekommt man Schlaflosigkeit in den Griff? – Ein Interview mit dem Schlafexperten Dr. Michael Feld
Schlafstörungen sind in der letzten Zeit häufig Thema in den Medien. Nachdem der Schlaf jahrelang eher stiefmütterlich behandelt wurde, nimmt aber nicht nur die Medienpräsenz zu. Schlafen ist aktuell auch Untersuchungsgegenstand zahlreicher Forschungsstudien. Der steigende Stress im Alltag, der Druck im Büro und Krankheiten, wie Burn-out, machen den Wunsch nach gesundem Schlaf zu einem Trendthema.
Wir haben den bekannten Schlafmediziner, Erfolgsautor und häufigen Talkshowgast Dr. Michael Feld gefragt, was passiert, wenn man nicht genug schläft, wie man das ändern kann und was die neuesten
Erkenntnisse auf diesem Gebiet sind.
Herr Dr. Feld, warum ist es eigentlich so wichtig, die berühmten sieben bis acht Stunden zu schlafen?
Erst einmal muss man da genauer hinschauen: Wir hier in unserer westlichen Welt richten uns sehr nach dem natürlichen Hell- und Dunkel-Zyklus. D. h., wir arbeiten am Tag und schlafen in der Nacht. In Japan, zum Beispiel ist dies anders: Dort gehört es zur Kultur auch am Tag mehrere Schlafpäuschen einzulegen. Denn es wird auch in der Nacht gearbeitet und nur zwischendurch kurz mal geschlafen. Das nennt man übrigens polyphasisches Schlafmuster. Dabei gilt ein Geschäftsmann in Japan, der während eines Meetings einschläft, als einer, der wohl in der Nacht viel gearbeitet hat. Kinder haben übrigens ursprünglich auch ein polyphasisches Schlafmuster.
Monophasisches oder polyphasisches Schlafmuster?
Das kann man so nicht sagen. Aber es ist stark von der jeweiligen Kultur abhängig. Im Prinzip wäre es auch für westliche Geschäftsmänner gut, wenn sie zwischendurch am Tag schlafen könnten. Denn sie arbeiten sehr viel und haben internationale Geschäftspartner, mit denen sie auch nachts verhandeln müssen. Aber in unserer Kultur ist es schier undenkbar, dass sich ein Manager für eine halbe Stunde am Tag hinlegt. Für Rentner zum Beispiel ist es kein Problem, wenn sie nicht die ganze Nacht durchschlafen. Sie können sich jederzeit am Tag noch einmal hinlegen.
Ist einzig die Länge unseres Schlafes wichtig?
Die Anzahl der Stunden sind das eine, aber es kommt vor allem auch darauf an, wie tief unser Schlaf ist. Schnarcher kommen zum Beispiel nie in die entsprechende Tiefe und sind auch nie wirklich ausgeschlafen, ganz gleich, wie viele Stunden sie schlafen. Ähnlich ist es beim Alkohol: Man schläft schneller ein, aber erreicht keinen Tiefenschlaf.
Übrigens, hat man in der zweiten Nachthälfte keinen Tiefschlaf mehr. Allerdings, und das ist etwas, was auch immer zu sehr über einen Kamm geschärt wird, gilt die bekannte Regel, vor zwölf Uhr ins Bett zu gehen, auch nicht für alle, sondern nur für die so genannten Lerchen-Typen, also die Menschen, die eher früh ins Bett gehen und auch früh aufstehen.
Gibt es eigentlich so etwas wie ein einheitliches Erfolgsrezept für guten Schlaf?
Nein, Schlaf kann nicht normiert werden. Auch wenn der Durchschnittsdeutsche um 23.14 ins Bett geht und um 7.18 Uhr aufsteht, ist unser Schlaf sehr individuell. Allerdings ergaben Studien, dass der Mensch aufgrund der Dunkelheit tatsächlich besser in der Nacht schläft, was daran liegt, dass der Mensch ein Tagjäger ist. Der Hell-Dunkel-Rhythmus ist eingebrannt. Auch wenn die soziale Gruppe als Taktgeber eine große Rolle spielt, wie in Japan oder aber auch der Freund, der früher aufsteht als man selbst und man sich ihm anpasst.
Was sind die Folgen von Schlafstörungen – kurzfristig und langfristig?
Erwiesen ist, dass wir ohne Schlaf Konzentrationsschwierigkeiten haben, wir erschöpfter sind und unsere Stimmung den Keller runter geht.
Das Gehirn braucht nun einmal den Schlaf, um für den nächsten Tag fit zu sein. Da reicht auch keine Meditation oder so. Wie bei einem Computer räumt das Gehirn während des Schlafs auf, komprimiert Informationen, steckt sie in Schubladen. Sozusagen muss der Arbeitsspeicher geleert, Zellen repariert und der Müll weggeräumt werden.
Wenn das auf längere Zeit nicht passiert, sind Depressionen, Ängste, Herz-Kreislauf-Störungen, Magen-Darm-Erkrankungen und Diabetes die Folge. Auch die Haut altert schneller, da das Kollagen während des Schlafes neu gebildet wird. Bekommen zum Beispiel starke Schnarcher eine Atemmaske, regeneriert sich die Haut und das ganze Befinden der Betroffenen dramatisch. So können sich Falten und eine fahle Haut innerhalb einer Woche auffällig verbessern.
Es gibt neue Entwicklungen, die zeigen, dass der Schlaf nicht nur psychisch wichtig ist, sondern auch Abfallstoffe aus dem Gehirn abgebaut werden.
Es gibt tatsächlich Stoffe, die abgebaut werden. So hat man herausgefunden, dass die so genannten Gliazellen in der Nacht richtig anfangen zu pumpen. Sie transportieren dann Schlacken ab. So wird, wie in einem Haushalt, jede Nacht der Müll weggebracht. Wenn das nicht passiert, dann ist man müde. Es kann sogar sein, dass das fehlende Abtransportieren, aufgrund fehlenden Schlafs, Alzheimer fördert.
Wie sehen Sie in diesem Bereich die weiteren Entwicklungen?
Auf jeden Fall wird dieser Bereich zunehmend mehr erforscht, da die Menschen immer gestresster, müder und erschöpfter sind.
Es wird immer mehr Produkte geben, die für einen guten Schlaf sorgen sollen. Schlafen wird zu einer Lifestylenummer, im guten Sinn. Viel zu lang wurde der Schlaf, auch von der Wissenschaft, sträflich vernachlässigt. Dabei wird dieses Thema, wie oft bei Gesundheitsthemen, über die Frauen gesteuert, also schnarchende Männer werden von ihren Frauen zum Arzt geschickt.
Gibt es einfache Tipps, die wirklich gegen Schlaflosigkeit wirken?
Wenn man nicht einschlafen kann, sollte man versuchen, es locker zu sehen. Also sollte man es sich gemütlich machen, ein Buch lesen und darauf warten bis der nächste Müdigkeitsanfall kommt.
2-3 Stunden vorm Schlafen sollte die Drehzahl runter gedreht, nicht mehr ferngesehen oder am Computer gearbeitet, werden.
Sport und das Spazieren an der frischen Luft machen auch müde.
Ganz modern sind Klangkissen mit binauralen Beats, die das Gehirn über bestimmte auditive Frequenzen dahin beeinflussen, dass wieder ein gesunder Schlafrhythmus eingehalten wird.
Was auch noch hilft, ist eine Lichttherapie mit 10.000 Lux direkt am Morgen, damit der Körper richtig in Fahrt kommt. Das geht jetzt sogar über die Ohren mit so genannten Lichtkopfhörern.
Zum Arzt sollte man übrigens nach drei Wochen mit drei Tagen pro Woche und drei Stunden pro Nacht ohne Schlaf – das ist die bekannte Dreierregel.
Weitere Informationen zum Thema finden Sie auch auf der Website von Dr. Michael Feld www.praxis-dr-feld.de.
Foto: Uwe Schmitz, Köln
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