Die Verwirrung rund um den Ausgang des TV-Duells hat die Darmstädter Forscher von Consilium zu einem spannenden Experiment inspiriert. Können die Schätzungen Vieler ein zukünftiges Ereignis präzise vorhersagen? Hierzu sollen die Teilnehmer einer Onlinebefragung den Ausgang der Bundestagswahl am 22. September 2013 voraussagen. Die Frage lautet: Kann die Intelligenz Vieler, Umfragen ersetzen?
Kurz vor der Bundestagswahl ist der Wahlkampf in vollem Gange. Zu besonderen Verwirrungen kam es im Nachgang des TV-Duells. Während bei Infratest dimap der Herausforderer Steinbrück (SPD) vorne lag (49% vs. 44%), war für die Forschungsgruppe Wahlen Bundeskanzlerin Merkel (CDU) die Siegerin der Debatte (40% vs. 33%). “Wie kann das sein?” fragen sich Viele. Immerhin behaupten beide Institute, ihre Umfragen seien repräsentativ für die Bundesrepublik Deutschland.
Erstaunlicherweise wurde diese Frage zwar bislang mehrfach aufgegriffen, aber selten beantwortet! Dabei ist die Antwort einfach. Jörg Kohlbacher, Geschäftsführer vom Darmstädter Forschungsinstitut Consilium:
“Es gibt mindestens zwei Erklärungen für die unterschiedlichen Ergebnisse: Zum einen hat Infratest dimap sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknutzer befragt, während die Forschungsgruppe Wahlen nur Festnetznummern angerufen hat. Wer nur “mobil” erreichbar ist, kommt in die Stichprobe der Forschungsgruppe Wahlen nicht hinein. Jüngere und mobilere Zielgruppen sind damit unterrepräsentiert. Zum anderen – und das ist der gewichtigere Unterschied – ist die Fragenformulierung unterschiedlich: Während die Forschungsgruppe Wahlen danach fragt, wer sich beim TV-Duell besser geschlagen hat, will Infratest dimap von den Befragten wissen, wen sie insgesamt überzeugender fanden. Dabei ist klar: Wer anders fragt, kriegt andere Antworten! “Überzeugender sein” ist offenbar etwas anderes als “sich besser geschlagen haben”.”
Aber ungeachtet aller späten Erklärungen, bleibt das ungute Gefühl, dass die Nachbereitung des TV-Duells keine Sternstunde der Demoskopie war. Die ganz einfache Frage, die sich ganz Deutschland stellt, “Wer war der Sieger?” bleibt unbeantwortet!
Das brachte die Darmstädter Forscher auf eine Idee, inspiriert durch ein Experiment des hier wenig bekannten britischen Wissenschaftlers Francis Galton. Dieser ließ – ursprünglich um die Dummheit der Massen zu beweisen (!) – 1906 die Besucher einer Nutztiermesse das Gewicht eines Ochsen schätzen. Der unerwartete Befund: Der Mittelwert einiger hundert Schätzungen soll dem tatsächlichen Gewicht des Ochsen fast exakt entsprochen haben. Er suchte die Dummheit der Massen und fand die Schwarmintelligenz!
Kann man das auf Markt- oder Politikforschung übertragen? Consilium will es wissen: Können Schätzungen Messungen ersetzen? Kann eine große Zahl von Schätzungen ein zukünftiges Ereignis vorhersagen? Was liegt thematisch näher als die anstehende Bundestagswahl?
Das Marktforscherteam führt einen Versuch durch! Dabei sollen die Teilnehmer einer Onlinebefragung den Ausgang der Bundestagswahl am 22. September schätzen. Es interessiert NICHT die Frage, wen man am (über)nächsten Sonntag wählen will. Nein – es interessiert die Frage, wie die Wahl ausgehen wird.
“Sollte sich herausstellen, dass dieses Verfahren zu brauchbaren Ergebnissen führt, hat die Marktforschung ein mächtiges Instrument für die Zukunftsforschung gewonnen. Scheitert das Experiment, dann war es den Versuch wert. Wir lernen durch Versuch und Irrtum – das ist genau das, was wir hier tun. Das ist ergebnisoffenes wissenschaftliches Arbeiten, was noch dazu Spaß macht!” (Jörg Kohlbacher, Geschäftsführer von Consilium).
Sollte Galton Recht behalten, könnte Consilium allein durch die kollektive Intelligenz Vieler den Ausgang wichtiger Ereignisse vorhersagen.
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