Wacken 2025: All Inclusive – Metal, Inklusion & Community

Wacken 2025: All Inclusive – Metal, Inklusion & Community

Im Gespräch mit Thomas Jensen

Wacken 2025: All Inclusive - Metal, Inklusion & Community

Friday is Flyday – Crowdsurfing für Menschen mit Behinderung auf dem W:O:A (Bildquelle: Credit WOA)

Auch nach 33 Jahren ist sie Thomas Jensen anzumerken – die Faszination für Wacken, für sein W:O:A. Im Gespräch nennt er es “den eigentlich unmöglichen Ort”. Unmöglich, sagt Jensen, bedeutet aber auch die Chance, Herausforderungen anzunehmen, die sich daraus ergebenden Gelegenheiten zu nutzen und Träume umzusetzen.
Der Anstoß für Inklusion und Integration entwickelte sich aus der Community. Dort auf dem heiligen Acker, wo Menschen aus aller Welt ihre Liebe für Metal hart feiern, wird Inklusion nicht als gesondertes Thema gesehen, sondern sie ergibt sich ganz einfach aus dem Wunsch der Veranstalter, dass alle an diesem Festival teilhaben können – oder wie Thomas Jensen es auf den Punkt bringt: “Wir halten zusammen, bei uns wird niemand ausgeschlossen.”.

Die Anfänge der Inklusion auf dem W:O:A liegen länger als ein Jahrzehnt zurück und Jensen bezeichnet sie rückblickend ganz offen als “naiv”. Davon ist die professionelle Umsetzung mittlerweile meilenweit entfernt:
Die “Wheels of Steel”-Area bietet eine barrierearme Campingfläche, barrierearme Dusch- und WC-Container. Auch sind überall auf dem Festivalgelände barrierearme Mobiltoiletten aufgestellt. Seit 2014 arbeiten die Veranstalter des W:O:A mit dem Team von Alsterarbeit zusammen, um Menschen mit Behinderungen die Festivalteilnahme zu erleichtern. Bestand der Service-Point am Anfang aus zwei Leuten mit einem 3×3 Meter großen Pavillon, so waren 2024 durch die großzügige Unterstützung des Veranstalters und der Sponsoren von Alsterarbeit rund 80 Helfer:innen vor Ort, von denen 20 ehrenamtlich tätig waren. Das Team setzt sich unter anderem aus Physiotherapeut:innen, Rehatechniker:innen, Orthopädiemechaniker:innen und Medizintechniker:innen zusammen. Während der täglichen Service-Zeiten zwischen 10.00 und 22.00 Uhr ist das Aufladen von Elektro-Rollstühlen ebenso möglich wie die Kühlung von Medikamenten, die Reparatur von Rollstühlen und Prothesen oder das Aufladen von Sauerstoffgeräten.

Das Alsterarbeit-Team rund um Dirk Geisler und Mona Sambale hatte während des W:O:A 2024 rund 3.500 Kontakte. In den vergangenen Jahren haben sie in unzähligen Gesprächen immer wieder erfahren, dass viele Menschen nur anreisen, weil sie wissen, dass sie sich auf die Unterstützung vor Ort verlassen können.

Die Anforderungen sind vielseitig: Nicht nur während der historischen Schlammschlacht von 2023, sondern auch bei strahlendem Sonnenschein wie in diesem Jahr brauchen Menschen mit besonderen Bedürfnissen besondere Unterstützung, damit sie das Festival genießen können. Sie stehen nicht nur vor körperlichen und psychischen, sondern auch vor ganz pragmatischen Herausforderungen. Hier kann man dann die praktische Umsetzung dessen erleben, was auf der Website des W:O:A mit “Jeder hat ein Recht auf Metal!” beschrieben wird: Auch beim Zeltaufbau bleibt ein Metalhead mit besonderen Bedürfnissen nicht allein.

Andrea Schütt (Alsterarbeit), die ihr erstes Wacken noch zu Fuß erlebte und seit 2012 in ihrem Rolli “Mücke” auf dem W:O:A dabei ist, fasst ihre Erfahrungen für Menschen mit Behinderungen so zusammen: “Ein Festival kann nicht hundertprozentig barrierefrei sein, aber barrierearm. Nach Wacken könnt ihr unbesorgt kommen. Versucht es, macht es! Habt Mut, denn Wacken lebt von der Gemeinschaft, es gibt so viele helfende Hände!”

Neben dem praktischen Support in allen Bereichen hat sich auch organisatorisch viel bewegt: Seit der Einführung der Wheels-of-Steel-Bändchen im Jahr 2023 ist der Zutritt zum Infield für Metalheads mit Behinderungen deutlich einfacher geworden. Wer dieses Bändchen trägt, darf zum Beispiel besondere Wege nutzen. Es sind nicht immer die kürzesten, aber definitiv die am einfachsten zu bewältigenden. Mit dem Bändchen kommt man auch auf die Inklusionstribünen, die an allen drei großen Bühnen errichtet wurden: Mittendrin in der Atmosphäre, aber nicht mitten in der Menschenmasse und mit uneingeschränktem Blick auf das Geschehen.

Zu “Mittendrin” hat auf dem W:O:A 2024 auch ein Event von Metality e.V. beigetragen: Unter dem Motto “Friday is Flyday” veranstalteten Metality-Members ein Crowdsurfing für Rollstuhlfahrer:innen – und wahrscheinlich hat die Security vor dem letzten Wellenbrecher selten so strahlende Menschen entgegengenommen wie während dieser Aktion.

Fazit: Inklusion auf Festivals wird im wahrsten Sinne des Wortes von der Gemeinschaft getragen!

Wir danken allen, die uns für Gespräche und Fotos zur Verfügung standen und uns dabei unterstützt haben, das Material für diesen Artikel zu sammeln. Mit unserer Berichterstattung vom W:O:A 2025 werden wir “die Seiten wechseln” und vom 30. Juli bis zum 2. August unterwegs sein, um eine umfassende Collage von Fotos und Kurz-Interviews zu den Eindrücken und Wünschen der Festivalbesucher mit Behinderungen zu veröffentlichen. Rain or shine!

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