(ddp direct) München/Wien, 28. Februar 2013 (C.O.M.B.O.) – Immer wieder klagen Passagiere oder Interessensvertretungen gegen verbraucherunfreundliche Geschäftsbedingungen und das Geschäftsgebaren von Airlines oder Reiseveranstaltern. Fast wöchentlich müssen Gerichte Sachverhalte klären und mit ihren Entscheidungen stärken sie meist die Rechte der Verbraucher. Das Verbraucherschutzportal www.fairplane.net hat die wichtigsten aktuellen Gerichtsurteile zum Thema Fliegen zusammengefasst.
EuGH bestätigt Ausgleichsanspruch bei Anschlussflügen
Verpassen Reisende aufgrund eines verspäteten Zubringerfluges ihren Anschlussflug und erreichen den Zielort mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden, haben Sie Anspruch auf Ausgleichszahlungen. Dieses Urteil fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 26. Februar 2013 (Az.: C-11/11). Dabei kann die Verspätung eines Teilfluges auch weniger als drei Stunden betragen. Maßgeblich für mögliche Ausgleichszahlungen ist die Verspätung am Zielort.
OLG Celle verbietet unverbindliche Flugzeiten
Das Oberlandesgericht Celle hat mit Urteil vom 7. Februar 2013 Reiseveranstaltern untersagt, einmal genannte feste An- und Abflugzeiten nachträglich und einseitig zu ändern. Künftig dürfen Reiseveranstalter keine entsprechenden Klauseln mehr in ihre Verträge aufnehmen, die ihnen solche Änderungen erlauben. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, der Reiseveranstalter kann in nächster Instanz den Bundesgerichtshof in Karlsruhe anrufen.
Verspätung durch Auslösen der Notrutsche – kein Anspruch auf Ausgleichszahlung
Löst ein Passagier die Notrutsche im Flugzeug aus und verspätet sich dadurch der Flug, stehen den übrigen Passagieren keine Ausgleichszahlungen zu. So entscheid das Amtsgericht Rüsselsheim (Az.: 3 C 497/12 [36]). Begründung des Gerichts: Ein solcher Vorfall sei für die Fluggesellschaft als außergewöhnlicher Vorfall zu werten, den die Airline nicht absehen beziehungsweise kontrollieren könne. Daher kann die betreffende Fluglinie nicht zu Ausgleichszahlungen herangezogen werden.
Schleppfahrzeug rammt Flugzeug – Airline muss zahlen
Sehr wohl haftbar zu machen ist die Airline, wenn ein für die Abfertigung des Flugzeugs eingesetztes Schleppfahrzeug die Maschine rammt und es deshalb zu einer erheblichen Verspätung kommt. Das Amtsgericht Rüsselsheim (Az.: 3 C 468/12 [37]) urteilte zugunsten eines Passagiers, dessen Flug von Mallorca nach Düsseldorf aufgrund eines solchen Vorfalls um mehr als elf Stunden verspätet landete. Laut Gericht müsse sich die Airline das fahrlässige Verhalten des Fahrers zurechnen lassen, wenn dieser für die Abfertigung der Maschine zuständig ist.
Abgebrochener Startversuch zählt nicht als Abflug – Zahlungspflicht der Airline besteht
Die Deutsche Zentrale für Reiserecht weist darauf hin, dass ein abgebrochener Startvorgang rein rechtlich nicht als Abflug gewertet werden darf. Demzufolge haben Passagiere einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen, wenn eine Verspätung von mehr als drei Stunden entsteht. Zu dieser Feststellung kam das Landgericht Frankfurt am Main (Az. 2-24 S 130/11). Verhandelt wurde ein Fall, bei dem der Kapitän einen technischen Defekt am Höhenruder feststellte und den Startvorgang noch vor dem Abheben abbrach. Bei einem solchen Defekt handelt es sich nicht um einen außergewöhnlichen Umstand, der die Airline von der Ausgleichspflicht befreit.
Landung auf Ausweichflughafen kann als Annullierung gewertet werden
Passagiere erwarten zu Recht, dass Sie auf dem geplanten Zielflughafen landen. Ändert sich dieser unplanmäßig, kann der Flug unter Umständen als annulliert gewertet werden, was die Airline zu Ausgleichszahlungen verpflichtet. Hierbei ist nicht relevant, dass die Passagiere mit Bussen zum Zielort transportiert wurden. Das Amtsgericht Rüsselsheim urteilte zu Gunsten eines Klägers, der von Santorin nach Hamburg fliegen sollte und außerplanmäßig in Hannover landete (Az.: 3 C 1132/12 (36)). Die Richter werteten diesen Flug als nicht durchgeführt und gaben dem Kläger Recht. Wichtig ist hier allerdings der Grund der außerplanmäßigen Landung. Ist der Zielflughafen etwa aufgrund extremer Wetterbedingungen geschlossen und macht die Landung auf einem Ausweichflughafen nötig, gilt das als außergewöhnlicher Umstand, der die Fluglinie von der Ausgleichspflicht befreit.
Verspätung wegen Ruhezeit der Crew – Ausgleichsanspruch besteht
Verspätet sich ein Flug um mehr als drei Stunden, weil die gesetzlichen Ruhezeiten der Crew eingehalten werden müssen, hat die befördernde Airline Ausgleichszahlungen zu leisten. Das gilt zum Beispiel auch, wenn sich der vorherige Flug aufgrund schlechten Wetters verspätet und die maximal zulässige Arbeitszeit beim folgenden Flug überschritten würde. Die Richter am Amtsgericht Hannover (Az.: 426 C 12868/10) argumentierten, dass schlechtes Wetter auf einem vorhergehenden Flug zwar einem außergewöhnlichen Umstand entspricht. Die Airline sei in einem solchen Fall aber verpflichtet alles zu tun, eine Ersatzcrew zu stellen. Dies konnte sie im verhandelten Fall nicht darlegen.
Weitere Informationen zu Passagierrechten sowie ein kostenfreier und anonymer Anspruchsrechner auf www.fairplane.net.
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