Urlaubsansprüche müssen grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden.Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 9. August 2011 – 9 AZR 425/10.
Wenn Arbeitnehmer ihren Urlaub nicht im laufenden Kalenderjahr nehmen, riskieren sie, dass dieser verfällt. In der betrieblichen Praxis ist es üblich, dass Arbeitnehmer den Urlaub mit ins folgende Jahr nehmen. Manche Arbeitnehmer “schleppen” auf diese Weise Urlaubsansprüche für mehrere Jahre mit sich rum. Das ist sehr gefährlich, wie an dem aktuell vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall zu sehen.
Dort war ein Arbeitnehmer über mehrere Jahre durchgängig arbeitsunfähig krank. Was viele Arbeitnehmer nicht wissen – für all diese Jahre steht dem Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Urlaub zu, der nach der Krankheit genommen werden kann. Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitnehmer aber nur einen Teil dieses Urlaubs (für insgesamt drei Jahre) im laufenden Jahr nach der Erkrankung genommen. Als er dann ein Jahr später auch noch den restlichen Urlaub haben wollte, verweigerte sich der Arbeitgeber.
Aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts ist das korrekt. Das Bundesarbeitsgericht argumentiert hier streng am Gesetzestext. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG muss der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG).
Wird ein zunächst arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer im Kalenderjahr einschließlich des Übertragungszeitraums so rechtzeitig gesund, dass er – wie hier – in der verbleibenden Zeit seinen Urlaub nehmen kann, erlischt der aus früheren Zeiträumen stammende Urlaubsanspruch genauso wie der Anspruch, der zu Beginn des Urlaubsjahrs neu entstanden ist.
Kritik: Diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geht an den praktischen Erfordernissen der Arbeitswelt vorbei. Wenn ein Arbeitnehmer nach jahrelanger Erkrankung monatelang Urlaub nehmen will, wird der Arbeitgeber zu Recht erbost sein. Der Arbeitsnehmer ist also in der Zwickmühle: Macht er den Urlaub ordnungsgemäß geltend, wird er beim Arbeitgeber mit Sicherheit unbeliebt. Andernfalls riskiert er, den Urlaub zu verlieren.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. August 2011 – 9 AZR 425/10 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 18. Mai 2010 – 12 Sa 38/10 –
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Alexander Bredereck, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Berlin, 12.10.2011
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