Der freiburger Trendforscher Sacha Szabo im Interview
Wissenschaft muss nicht trocken sein. Der freiburger Soziologe Dr. Sacha Szabo hat daraus ein Berufsbild geformt: Unterhaltungswissenschaft. Wie dieses aussieht und was man als Unterhaltungswissenschaftler so tut, darüber sprachen wir mit ihm.
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Frage: Die Königsdisziplin des beruflichen Werdegangs ist für viele Studenten und Absolventen das Fach oder den Beruf der eigenen Großmutter zu erklären: Wie machen Sie das?
Sacha Szabo: Unser Motto ist, dass Unterhaltungswissenschaft unterhaltende Wissenschaft von der Unterhaltung sein muss. Da unser Begriff der Unterhaltung sehr weit gefasst wird, wir nämlich symbolische Ordnungen als Unterhaltung verstehen, sollte es recht einfach sein.
Nun die Omi: Ich zeig auf ein Ding, sagen wir, ihre Süßstoffdose, und frage sie: “Hast du dich schon mal gefragt, was das überhaupt ist und warum es das gibt” und freestyle über die angeborene Süßpräferenz beim Menschen. Dieses Thema sollte dann schon so gut sein, dass das Lamento über irgendwelche Krankheiten, das alte Menschen so gerne vortragen, in den Hintergrund tritt.
Frage: Die Königsdisziplin des beruflichen Werdegangs ist für viele Studenten und Absolventen das Fach oder den Beruf der eigenen Großmutter zu erklären: Wie machen Sie das?
Sacha Szabo: Unser Motto ist, dass Unterhaltungswissenschaft unterhaltende Wissenschaft von der Unterhaltung sein muss. Da unser Begriff der Unterhaltung sehr weit gefasst wird, wir nämlich symbolische Ordnungen als Unterhaltung verstehen, sollte es recht einfach sein.
Frage: Wie haben Sie gemerkt, dass “Vergnügungswelten” Ihr Fachgebiet werden könnten?
Sacha Szabo: Die Faszination für diese Alltagsdinge und Alltagsphänomene haben mich schon früh im Studium begleitet, soziologisch kann man dies aus dem Milieu erklären, aus dem ich stamme. Ich wurde eben nicht mit Goethe und Bach sozialisiert, sondern mit Biene Maja und Schlagermusik. Im Studium merkte ich, dass ich in der Lage bin, die Codes dieser populärkulturellen Phänomene genauso leicht zu lesen, wie die anderen ihre hochkulturellen Codes.
Frage: War es schwer, Ihre Profs von Ihren konkreten Forschungsvorhaben zu überzeugen? Wie waren die Reaktionen?
Sacha Szabo: Es war für mich überraschenderweise selten ein Problem, meine Professoren und Professorinnen für meine Ideen zu gewinnen. Eher musste ich mit mir ringen, ob ich ein Thema wie die Motivgeschichte der Kuh in Thomas Manns Romanen überhaupt vorschlagen darf. So ging es mir auch mit dem Promotionsthema, aber mein Doktorvater traute mir das Thema zu und fasste das Projekt mit den Worten zusammen: “Die Kirmes als Urszene”.
Frage: Haben Sie den Eindruck, Sie haben durch Ihr Fachgebiet auch mehr Spaß an der Arbeit als andere Wissenschaftskollegen?
Sacha Szabo: Ich gehe davon aus, dass die meisten Wissenschaftler Lust an ihrer Arbeit haben, zusätzlich erzeugt aber meine Forschung bei den Rezipienten Amüsement. Die Verlockungsprämie meiner Arbeit ist, dass plötzlich der Alltag mehr Spaß macht. Die entzauberte Wirklichkeit wird sozusagen wieder verzaubert.
Frage: Gibt es immer noch die vielbeschworenen Berührungsängste zwischen Wissenschaft und Populärkultur? Von beiden Seiten?
Sacha Szabo: Die Krankheit der Unterhaltungswissenschaft ist eine Art negativer Halo-Effekt. Weil die Gegenstände, die ich behandele, oftmals als banal angesehen werden, wird auch meine Arbeit als banal beurteilt. Nicht selten sogar von denen, deren Interessen durch meine Arbeit aufgewertet werden.
Frage: Muss man sich für eine Feld-Studie am Ballermann mehr rechtfertigen als andere Kollegen aus dem Wissenschaftsbetrieb?
Sacha Szabo: Natürlich muss man sein Anliegen begründen, das ist aber auch ein Recht des Gegenübers, schließlich trägt er auch eine Verantwortung dafür, seine Lebenszeit nicht zu verschwenden. Wenn man aber ein Projekt ernsthaft vorträgt ist es – so meine Erfahrung – sogar einfacher, da sich ja Forschung über Massenkultur schon dadurch legitimiert, dass sie eben von Massen rezipiert wird und Wissenschaft auch den Auftrag hat, sich der sozialen Wirklichkeit anzunehmen.
Frage: Sie sind mit Ihren Publikationen oft in den Medien vertreten, gibt es Berührungsängste zu Medien wie Express oder RTL?
Sacha Szabo: Es wird in der Wissenschaft ein Mythos der Distinktion zum Boulevard gepflegt, den ich bewusst überschreite, aber ich muss auch sagen, viele Themen taugen eben auch gar nicht, um öffentlich wahrgenommen zu werden. Was die Zusammenarbeit angeht, da muss ich sagen, dass gerade in diesen Medien sehr respektvoll und verantwortungsvoll mit mir und meiner Arbeit umgegangen wird.
Frage: Wie reagieren die Kollegen?
Sacha Szabo: Vermutlich ist es schon so, wenn man im Boulevard präsent ist, hat man einen Rubikon überschritten und wird eher als Exot, denn als Konkurrent wahrgenommen und ist damit völlig ungefährlich, was das Verhältnis doch sehr entspannt.
Frage: Achterbahn, Wasserrutschen und Bubble Tea – testen Sie alles auch im Selbstversuch?
Sacha Szabo: Grundsätzlich glaube ich nicht, dass man alles erfahren muss, was man behandelt, wie sollte man sonst über Laserschwerter oder interstellare Reisen arbeiten. Aber natürlich ist es schon so, dass mich ein Thema fesselt und ich natürlich Interesse habe, was das denn nun ist. Was dazu führen kann, dass man sich den Rest des Urlaubs mit einer Hodenprellung rumplagt, weil man ums Verrecken irgendeine Mörderwasserrutsche ausprobieren wollte. Das dann dem Urologen zu erklären, das ist Unterhaltung für die ganze Praxis.
Frage: Gibt es Grenzen oder Tabus, was den Forschungsgegenstand betrifft?
Sacha Szabo: Ja, sicherlich gibt es persönliche Grenzen, wo ich sagen muss, da hab ich einfach keine Lust zu und ich muss das jetzt nicht haben. Aber natürlich gibt es auch für mein Forschungsdesign den Anspruch alles zu vermeiden, was die Kategorisierung als irgendein -ismus zulässt.
Frage: Wie spielen Sie? Zum Beispiel Computerspiele? Mit dem soziologischen Blick oder völlig unbefangen?
Sacha Szabo: Der unbefangene Blick und der soziologische Blick schließen sich ja nicht aus, es ist sogar so, dass einem manche Dinge erst auffallen, wenn man auf sie aufmerksam gemacht wurde. Was glauben Sie, wie vielen Menschen gar nicht klar ist, dass das Innere des Überraschungseis gelb ist, weil es das Eigelb ist. In diesem Sinne ist Wissenschaft ein Genussverstärker.
Frage: Haben Sie keine Sorge, Objekte der Populärkultur auch für sich und Ihre Mitmenschen zu “entzaubern”?
Sacha Szabo: Ich würde ja sagen, dass ich die Objekte überhaupt erst verzaubere, indem ich darauf hindeute, wo bestimmte Muster auftauchen. Neulich sah ich Judge Dredd und mir fiel auf, wie die Korrespondenz der Begriffe von Recht und Gesetz, die ich bei August von Hayek las, plötzlich als Motiv in unglaublich vielen amerikanischen Filmen auftauchte. Also die Frage, dass nicht alles Recht ist, was Gesetz ist und wie jetzt wieder dem Recht zu seiner Geltung verholfen wird. Das ist doch super und en passant lernt man noch die Theorie eines Nobelpreisträgers kennen.
Frage: Sie haben Kulturmanagement studiert, eine Zusatzausbildung zum Erlebnispädagogen absolviert – wie möchten Sie die Ergebnisse Ihrer Forschung in die Praxis transportieren?
Sacha Szabo: Abstrakt interessierte mich an der Erlebnispädagogik erst mal die Inszenierung von Erlebnissen als außeralltägliche Erfahrung, konkret nutze ich erlebnispädagogische Werkzeuge, um sehr schnell Befangenheiten im Seminar oder im Vortrag abzubauen. Als Beispiel: In jeder ersten Sitzung gibt”s die schreckliche Vorstellungsrunde nach dem Muster: Ich bin der sowieso und ich bin hier, weil mich das Thema interessiert. Na, das nehme ich doch als Dozent oder Kommilitone sowieso an, sonst ist es ja pure Frechheit. Bei mir stellt jeder seinen Tischnachbarn oder Tischnachbarin mit einer erfundenen Geschichte vor, obwohl er sie bis auf den Namen nicht kennt. Das erzeugt sehr schnell befreites Lachen und die Teilnehmer sind sofort im kreativen Denkprozess.
Frage: Was verbirgt sich hinter dem Institut für Theoriekultur? Welche Ziele verfolgt das Institut aktuell und auch langfristig?
Sacha Szabo: Das Institut war ursprünglich ein eingetragener Verein. Die Idee dahinter ist es eine unabhängige Wissenschaft zu etablieren, die sich am Markt behauptet. Das hat das Risiko des Prekären, aber den Vorteil ohne Vereinnahmungen durch den Wissenschaftsbetrieb forschen zu können. Heißt, wir können uns Dingen zuwenden, die vom traditionellen Wissenschaftsbetrieb stiefmütterlich behandelt werden. Wir sehen uns eben nicht als Bewohner des Elfenbeinturms, sondern eher als Mitbewohner von Oscar aus der Tonne aus der Sesamstraße.
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Das Institut für Theoriekultur ist einer von Deutschlands führenden Theoriedienstleistern.
Unser Angebot
Als Wissenschaftler sind wir in der Lage Ihr Unternehmen oder Ihr Produkt auf eine innovative und einzigartige Weise zu thematisieren.
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Sie betreiben mit uns keine herkömliche Werbung sondern Pflege Ihrer Unternehmeskultur.
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Ausgehend von Ihrem Produkt, Ihrer Marke oder Ihrem Unternehmen umfasst unser Angebot die Erarbeitung von:
Büchern (Monographien und Sammelbände)
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Ausstellungen (Wir kuratieren Ausstellungen)
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