Leitartikel zur Krafttier-Serie bei Pressenet.
Wer anfängt, sich mit den Krafttieren zu beschäftigen, fragt sich vielleicht, wie man einem Einhorn begegnen könnte. Schließlich stehen Fabeltiere ja nicht in der Schlange an der Bushaltestelle, und im Zoo wird man das Ungeheuer von Loch Ness wohl auch nie finden.
Exotische Tiere wie Kobras oder Elefanten treffen wir bei einem Spaziergang wohl eher selten an. Aber dafür weiß heute jedes Kind, wie ein Elefant oder ein Löwe aussieht – dank Büchern, Filmen und dem Internet. Das war nicht immer so, denn bevor die Massenmedien das Leben der Menschen für immer geradezu dramatisch veränderten, waren die Menschen mit dem vertraut, das zu ihrem eigenen Lebenskreis gehörte. Das betraf natürlich auch die Tiere. Ein Schamane der Inuit hatte mit Sicherheit keinen Bezug zu einem Tukan oder einer Katze. Ebenso wenig hätte ein Shoshone als Totem einen Goldhamster wählen können oder von ihm erwählt werden.
Menschen, die in hohem Maße von ihrer Umwelt abhängig sind, verstehen diese sehr gut, es hilft ihnen beim Überleben. Wer nicht die Möglichkeit hat, sich Nahrungsmittel von anderswo zu beschaffen als von der Erde und den Pflanzen bzw. den Tieren, die er jagt, muss sehr viel wissen über das Leben um ihn herum. Diesen Bezug hat der moderne Mensch zu einem großen Teil verloren. Wir können uns Lebensmittel einfach kaufen – auch solche, die in unserem Lebensraum überhaupt nicht vorkommen. Wir brauchen nicht auf Dinge zu lauschen, die unsere Vorfahren vermutlich ohne Anstrengung hören konnten. Wir haben eine andere Lebensmelodie – eine, die völlig anders klingt und viel mit Signalen und Takten zu tun hat, die wir selber geschaffen haben.
Anders gesagt: wir müssen uns den Bezug zu unserem natürlichen Lebensraum erst wieder erarbeiten. Das ist leichter als es aussieht, denn wir haben nichts wirklich verloren, eher vergessen oder sogar verdrängt. Dazu gehört wahrscheinlich auch die Empathie, die uns befähigt, mit Tieren in Kontakt zu kommen. Das gilt nicht für die geliebte Hauskatze oder den geschätzten Hund, das können die meisten von uns.
“Meinen Hund, meine Katze, mein Pferd verstehe ich oder bilde es mir zumindest ein. Der unmögliche Köter meines Nachbarn ist natürlich etwas völlig anderes. Das gilt auch für die Nachbarin, die immer ein Geschrei wegen der Vögel macht, die unser Kater fängt.” Die hier beschriebene Art von Verbundenheit ist eine eher oberflächliche. Die Tatsache, dass Nachbars Hund ebenso ein Recht hat, hier und da zu bellen, so wie das unser Schnuffi tut, oder dass die Frau nebenan glaubt, dass eine Amsel ebenso ein Recht auf ihr Leben hat wie eine Katze – und damit nicht falsch liegt – wird gerne verdrängt. Wobei die Vogelliebhaberin auch zu weit geht, wenn sie allen Katzen den Tod wünscht.
Respekt statt fehlgeleiteter Tierliebe
Tierliebe ist es auch keineswegs, wenn man von flaumigen Küken und plüschigen Hasenbabies entzückt ist, aber hysterisch wird beim Anblick einer Maus oder Spinne. Das sind nämlich auch Tiere – so wie eine Krabbe oder ein Käfer. Vielen Tieren wäre besser gedient, wenn man ihnen Respekt statt fehlgeleiteter “Tierliebe” entgegenbrächte.
Alles was auf dieser Erde lebt, ist in gewisser Weise verwandt – denn die Bausteine des Lebens sind nun einmal gleich, wenn sie auch zuweilen anders vermauert sind. Viele Menschen glauben mittlerweile, dass die Erde ein lebender Organismus ist und dass alle Lebewesen miteinander verbunden sind – ob sie das nun wissen oder nicht. Mit diesem Glauben haben sie sich den Altvorderen wieder angenähert, die wohl ein ganz ähnliches Weltbild hatten.
Die Menschen in alter Zeit lernten von den Tieren, und im besten Falle brachten sie ihnen Respekt entgegen, auch wenn sie diese jagten. Wir wissen von Zeremonien, die das getötete Tier ehren und ihm danken sollten. Natürlich waren der Hirsch und der Bär trotzdem tot – aber es besteht ein gewaltiger Unterschied zu den heutigen Massentötungsmaschinerien, die den zivilisierten Menschen das tägliche Kotelett und den Aufschnitt garantieren.
Dass man von unseren Verwandten aus dem Tierreich sehr viel lernen kann, ist eine Tatsache – wir Menschen haben uns von Anbeginn der Zeit so manches Nützliche von den Tieren abgeschaut. Wer also kleine Hündchen ganz entzückend und süß findet, oder hinschmilzt beim Anblick eines Rehkitzes, aber sogleich zur Zeitung greift, wenn er eine Spinne sieht und sie totschlägt, der sollte keine Zeit mit den “Krafttieren” verschwenden, denn Mäuse und Schlangen gehören ebenso zu ihnen wie Spinnen. Wer Antworten sucht und Hilfe, der darf sich nicht nur an gutaussehende Überbringer wenden.
Angenommen, man hat keine unüberwindbaren Vorurteile gegen manche Tiere – meist kommt so etwas vom Hörensagen und weil man das nie wirklich hinterfragt hat – dann muss man lernen, zu sehen. Nur weil man im Zoo ein Dromedar sieht, bedeutet das nicht, dass man eine Antwort auf eine Frage bekommen hat. Und wenn man dann zu Hause sofort nachschlägt, was nun das Dromedar oder Kamel als Krafttier zu bedeuten hat, wird man mit Sicherheit falsch liegen.
Man hätte in allerkürzester Zeit eine ganze Krafttier-Arche, denn sogar in den Städten gibt es unzählige Tiere. In jedem noch so kleinen Vorgarten tummeln sich Vögel und Insekten, huschen Nager durch das Gras und buddeln im Erdreich fleißige Arbeiter – auch wenn sie von den Menschen nicht unbedingt so sehr geschätzt werden. Auf den Straßen sieht man unzählige Menschen mit Hunden, und auf den Fensterbänken sitzen Katzen.
Die Elster auf dem Fenstersims
“Wenn nun die Botschaft, die mir gilt, von einem Hund ‘überbracht’ werden soll… wie soll ich das überhaupt bemerken?”, könnte nun die Frage lauten. Aber die Antwort ist eigentlich sehr einfach: man geht an mindestens zwanzig Hunden vorbei oder sieht so viele davon, wenn man im Park auf einer Bank sitzt. Man achtet gar nicht darauf – aber dieser spezielle Hund wird die Aufmerksamkeit mit Sicherheit auf sich lenken. Entweder weil er etwas Besonderes tut, unseren Blick einfängt und plötzlich präsent und damit sicht- und wahrnehmbar wird.
Da fliegen in den Gärten täglich viele, viele Elstern umher – aber auf einmal sitzt eine auf dem Fenstersims, zeigt kaum Scheu und lässt sich eine Zeit lang aus der Nähe betrachten. Normalerweise trägt man den Kopf eher gesenkt, schließlich muss man ja darauf achten, wo man hinläuft… aber auf einmal richtet man den Blick zum Himmel – und sieht einen Falken.
Es kann aber ebenso gut sein, dass ein Bild in einer Zeitschrift stark wirkt – oder dass man erschrickt, weil einen eine sehr stark vergrößerte Spinne ansieht. Wenn einem gerade die Tiere oft begegnen, vor denen man Angst hat oder die als “eklig” empfunden werden, so ist auch das eine Botschaft. Es wäre in diesem Falle gut, sich mit den negativen Gefühlen, die durch dieses besondere Tier ausgelöst werden, auseinanderzusetzen. Was wird verdrängt, was spiegelt dieses Tier aus unserem eigenen Inneren wider?
Was nun die mythologischen Tiere wie Drachen und Einhörner betrifft, so können sie uns im Traum, auf Bildern oder auch als Figuren begegnen. Die uralte Symbolik des Einhorns ist ein fester Bestandteil unserer Mythen, und Drachen scheinen geradezu archetypisch zu sein. Jedes Volk der Erde kennt sie, wobei sie manchmal positiv und anderswo eher negativ belegt sind. Es scheint fast, als würde unser Artgedächtnis diese Wesen von Anbeginn der Zeit kennen.
Es ist auch durchaus möglich, dass man sich ohne Anlass plötzlich an ein Tier erinnert, das man kannte. Die Katze einer Tante vielleicht, oder den Hund der Familie, als man noch ein Kind war. Wenn der Gedanke an diese Tiere tagelang präsent ist, dann ist es ebenso bedeutsam. Es geht einfach um den Moment der Berührung. Wenn Ihnen das Krafttier begegnet, das gerade die notwendige Botschaft für Sie hat, dann spüren Sie das. Das kann auch eine der Amseln sein, die jeden Morgen im Garten sitzen. Normalerweise bemerkt man sie kaum noch… aber an diesem Tag ist etwas anders. Die Amsel tritt in die Wahrnehmung ein. Und dann wissen Sie, dass etwas Bedeutsames geschieht.
Krafttierkarten
Die Krafttierkarten sind eine sehr gute Alternative. Es gibt verschiedene Decks in schönen Ausführungen und natürlich mit Buch oder Anleitung. Es könnte allerdings die Gefahr bestehen, dass die betreffenden Tiere zunehmend als Symbol wahrgenommen werden. Das sollte allerdings nicht so sein, da es eine zu große Entfernung zur “Basis” bedeutet. Zieht man zum Beispiel die Karte “Huhn”, so kann man erst einmal lesen, was es darüber zu wissen gibt in spiritueller Hinsicht. Aber es ist wichtig, sich auch tatsächlich mit diesem Tier zu beschäftigen. Stadtmenschen haben in der Regel nicht sehr viel Ahnung von diesen Vögeln – aber meist haben sie schon einmal welche gesehen.
Das tatsächliche Tier sollte in den Gedanken präsent sein – so als tippelte ein richtiges Leghorn durch den Raum, legte den Kopf schief und suchte den Teppich nach Körnern ab. Kramen Sie alles aus Ihrem Gedächtnis, was mit diesem Tier zu tun hat. Lassen Sie es lebendig werden! Ein Teil der Antwort ist nämlich das tatsächliche Wesen des Tieres.
Der reine Symbolgehalt ist nicht verbindlich – bei uns wird einer Kuh eher Dummheit bescheinigt, wogegen sie in China ein Symbol der Sanftmut ist. Drachen gelten in Europa als böse Wesen, die vor allem Jungfrauen auf der Speisekarte haben und überhaupt des Teufels sind – in Asien ist ein Drache ein glückbringendes und gütiges Wesen. Ein Mensch wird kreidebleich beim Anblick einer Ratte… ein anderer züchtet begeistert Farbratten.
Wo der eine Mäuse als widerliches, huschendes und unsauberes Getier sieht, ist der andere von den putzigen Knopfaugen und den kleinen Pfötchen hingerissen. Die Annäherung an die Krafttiere kann nicht oberflächlich bleiben, sonst wird sie zu einem Orakel, das mehr mit Glücksspiel zu tun hat als mit wirklicher Spiritualität. Natürlich gibt es einen Symbolgehalt – aber die Botschaften der Krafttiere entschlüsselt man erst dann wirklich, wenn man sie kennen lernt, sie tatsächlich als Verwandte wahrnimmt.
Sie sind interessiert, mehr über Krafttiere zu erfahren? Lesen Sie die mehrteilige Artikelserie der Buchautorin Eleonore Radtberger bei Pressenet!
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