Unternehmen haben Versorgungs- und Qualitätsrisiken im Visier
Nachholbedarf beim Risikomanagement für Einkauf und Supply Chain Management erkannt
Köln, 10. Juli 2013. Risikomanagement lohnt sich: Unternehmen können das Geschäftsergebnis verbessern, die Supply Chain stabilisieren, Qualitäten optimieren und die Reputation absichern. Insgesamt also ihre Wettbewerbsfähigkeit merklich stärken. Dies ergab die aktuelle Studie “Risikoprävention im Einkauf” der Unternehmensberatung Inverto. Für mehr als 80 Prozent der befragten Firmen spielt dabei das Management von Versorgungs- und Qualitätsrisiken eine zentrale Rolle. Allerdings schätzt jedes zweite Unternehmen das eigene Risikomanagement als noch nicht ausreichend ein. “Die Firmen erkennen den Nutzen und haben das Thema auf der Agenda stehen. Leider setzen sie es noch nicht ausreichend ein und steuern es nur unzureichend”, erläutert Thibault Pucken, Leiter des Competence Centers Procurement Management von Inverto.
Branchenübergreifende Befragung
Die Unternehmensberatung Inverto befragte für die Studie “Risikoprävention im Einkauf” im Frühjahr 2013 Einkaufsleiter verschiedener Branchen (Maschinenbau, Konsumgüterindustrie, Handel, Baugewerbe, Chemie und Pharma) aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. 52 Entscheider aus Einkauf, Geschäftsführung und Supply Chain Management gaben Auskunft. Die Mehrheit der teilnehmenden Unternehmen gab einen Jahresumsatz von 100 bis 500 Millionen Euro jährlich an.
Risikomanagement hat hohen Stellenwert im Einkauf
Die Teilnehmer halten demnach Risikomanagement für wichtig oder sehr wichtig. Fast alle sind der Meinung, dass Risikomanagement im Einkauf ein Schlüssel zur effektiven Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ist. Etwa zwei Drittel sind zudem überzeugt, dass sich mittels Risikomanagement das Geschäftsergebnis optimieren lässt. Und auch die eigene Reputation kann laut 46 Prozent der Teilnehmer verbessert werden, wenn die Beschaffung durch ein geeignetes Risikomanagement verantwortungsvoller gestaltet wird.
Die Bedeutung des Risikomanagements hat insbesondere in den letzten drei Jahren stark zugenommen. Bei fast allen ist der Stellenwert hoch oder sogar sehr hoch. “Kein Wunder, denn wenn die Risiken eingetreten sind, sorgt das schnell für negative Schlagzeilen und sinkende Umsätze – gleich, ob bei Herstellern von Konsumgütern oder in der Industrie”, so Thibault Pucken. Die Gründe dafür sind vielfältig. Denn Ursache der Störung ist oft eine Kombination von hohem Kosten- und Innovationsdruck bei gleichzeitiger Verlagerung der Wertschöpfung auf Zulieferer. Fällt ein Schlüssellieferant aus oder liefert Falsch- oder Fehlmengen hat das erhebliche Auswirkungen auf die nachgelagerte Supply Chain. Häufig sinken im Anschluss Umsatz und Unternehmensgewinn. “Auch die Reputation der betroffenen Unternehmen kann bei steigenden Beschaffungsrisiken leicht sinken”, so Pieter Niehues, Projektmanager bei Inverto und Co-Autor der Studie. So zeige der Fall Foxconn, wie widrige Arbeitsbedingungen bei Zulieferern das Image des beschaffenden Unternehmens gefährden können.
Versorgungs- und Qualitätsrisiken an erster Stelle
Über drei Viertel der befragten Unternehmen managen aktiv ihre Risiken entlang der Supply Chain. Die Unternehmen haben dabei besonders Versorgungs- und Qualitätsrisiken im Blick. 83 Prozent der Unternehmen halten die Minimierung von Versorgungsrisiken, 77 Prozent die Minimierung von Qualitätsrisiken für sehr relevant. Compliance- und Nachhaltigkeitsrisiken stehen ebenfalls an vorderer Stelle, gefolgt von der Sicherstellung der Innovationsfähigkeit von Zulieferern. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen halten auch die Verhinderung von Lieferantenausfällen für sehr wichtig. Dies zeigen auch die eingesetzten Maßnahmen zum Risikomanagement.
Regelmäßige Lieferantenbewertung minimiert Risiko
Über die Hälfte der befragten Unternehmen bewerten ihre Lieferanten regelmäßig hinsichtlich deren Risikopotenziale. In der Regel konzentrieren sie sich dabei auf die Schlüssellieferanten und ausgewählte Kriterien wie Reklamationsquote, Liefertreue, Lieferantenaudits, Bonitätskennziffern, Bilanzkennzahlen und Wettbewerbssituation. Entscheidend ist, aussagekräftige Bewertungskriterien zu verwenden. Dazu gehören beispielsweise auch die Situation auf dem Beschaffungsmarkt, Währungskurs- und Rohstoffpreisentwicklungen, Innovationsfähigkeit der Lieferanten, Verflechtungen der Lieferanten mit anderen Kunden und Zulieferern sowie die Einhaltung ökologischer, ethischer oder sozialer Standards und von Gesetzen. 94 Prozent der Befragten sind überzeugt, durch ein geeignetes Risikomanagement soziale und ethische Standards gewährleisten zu können.
Weniger Versorgungsengpässe, mehr Qualität
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass sich die regelmäßige Bewertung auszahlt. 84 Prozent der teilnehmenden Unternehmen verringerten mit Hilfe des Risikomanagements Versorgungsengpässe, bei 61 Prozent ließen sich Qualitätsschwankungen reduzieren und 48 Prozent verbesserten Produkt- und Servicequalitäten. Bei den Unternehmen, die ihre Lieferanten nicht regelmäßig prüfen, lagen die Erfolgsquoten jeweils deutlich niedriger.
Beschaffungskosten bleiben mehrheitlich stabil
“Auch wenn die Firmen den Nutzen des Risikomanagements erkennen, scheuen vor allem Mittelständler noch dessen Einführung”, so Projektmanager Pieter Niehues. Dabei hat die Umfrage gezeigt, dass sich Risikomanagement sogar rechnen kann. Bei 21 Prozent sind die Kosten gesunken und bei fast der Hälfte blieben die Kosten unverändert. Nur 17 Prozent gaben an, dass die Beschaffungskosten durch Risikomanagement tatsächlich gestiegen seien. Zugunsten der Risikovermeidung würden sogar knapp 70 Prozent der Befragten Zusatzkosten in Kauf nehmen.
Nachholbedarf besteht weiterhin
Die Studie zeigt jedoch auch, dass noch Luft nach oben besteht: Knapp die Hälfte der Unternehmen schätzt ihr eigenes Risikomanagement nur als “ausreichend” oder gar “mangelhaft” ein, sofern es überhaupt vorhanden ist. Nachholbedarf besteht insbesondere bei der proaktiven Ausgestaltung und der Erfolgsmessung. Nur 13 Prozent der Unternehmen messen überhaupt die Erfolge ihres Risikomanagements. “Dabei gibt es effektive Methoden”, führt Thibault Pucken aus. So haben sich in der Praxis insbesondere Kennzahlensysteme und das Risikoportfoliomanagement als gängige Erfolgsmessmethoden etabliert.
Früherkennung zu wenig genutzt
Nachholbedarf gibt es auch bei den Frühwarnsystemen. Nur jedes fünfte Unternehmen hat ein solches System im Einsatz. Es signalisiert Handlungsbedarf, wenn bei der Lieferantenbewertung kritische Werte überschritten werden. Unternehmen, die ein solches System nutzten, konnten Lieferantenausfälle um 73 Prozent reduzieren. Eine solche Quote erreichten Unternehmen ohne Frühwarnsystem bei Weitem nicht. Darüber hinaus liegen bei lediglich einem knappen Drittel der Unternehmen Notfallpläne vor.
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt
“Ein effizientes und vor allem proaktives Risikomanagement ist für Unternehmen mit einer geringen Fertigungstiefe überlebenswichtig”, so Thibault Pucken. Auch Unternehmen, die Geschäftsprozesse an spezialisierte Dienstleister auslagern, sollten ein Supplier Risk Management einsetzen. “Die Effektivität eines solchen Systems hängt erfahrungsgemäß maßgeblich davon ab, wie konsequent es betrieben wird”, ergänzt Niehues. Daten müssten kontinuierlich erhoben, Ergebnisse systematisch verfolgt und Gegenmaßnahmen frühzeitig und crossfunktional entwickelt werden, dann ließen sich Störungsrisiken vermeiden, langfristige Partnerschaften mit Lieferanten fördern und so das Einkaufsergebnis signifikant verbessern. Die Unternehmen wissen das: 85 Prozent von ihnen gaben an, künftig ihr Risikomanagement erweitern oder intensivieren zu wollen.
Die Inverto AG ist eine international tätige Unternehmensberatung, die ihre Kunden in allen Fragen des strategischen Einkaufs und des Supply Chain Managements unterstützt. Im Jahr 2012 erzielte Inverto 27 Millionen Euro Umsatz. Mit rund 120 Mitarbeitern in neun Niederlassungen weltweit sowie eigener e-Sourcing Technologie ist Inverto gemessen am Umsatz der führende unabhängige Spezialberater für Einkauf und Supply Chain Management in Europa. Zu den Kunden zählen marktführende Mittelständler, Konzerne aus Industrie und Handel sowie die weltweit größten Private Equity Unternehmen.
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