Tipps zum wissenschaftlichen Arbeiten: Die Theorie

Keine akademische Arbeit kommt um eine Behandlung zumindest einer Basistheorie herum. Meist reicht dies jedoch nicht aus: Bei umfangreicheren Werken wie Bachelorarbeiten und Diplomarbeiten oder Dissertationen muss die Auswahl der Theorie detailliert begründet werden.

Tipps zum wissenschaftlichen Arbeiten: Die Theorie
Wissenschaftliches Arbeiten

Dies bedeutet auch eine zumindest kurze Behandlung konkurrierender Ansätze. Begriffe wie „Theoriendickicht“ oder „Theoriendschungel“ drängen sich nicht ohne Grund auf: Theorien weisen kaum klare Grenzen untereinander auf, sondern setzen sich oft aus unterschiedlichen Bestandteilen zusammen. In den seltensten Fällen existiert eine wirklich klare Frontstellung – keine Theorie wird ihren Vorgängern jegliche Beweiskraft absprechen, sondern sich eher als deren Ergänzung oder Verbesserung darstellen. Gerade in den Geistes- und Sozialwissenschaften existiert nicht „die eine, richtige“ Theorie, vielmehr ist die Theorienlandschaft von einer Vielzahl konkurrierender Ansätze gezeichnet.
Der Faktor Zeit schafft eine zusätzliche Unübersichtlichkeit: Manche Theorien geraten in Vergessenheit, erscheinen altmodisch, da sich die Zeiten geändert haben – und erleben dann ein erstaunliches Comeback, weil sie neue Verfechter finden, weil sie aktualisiert werden und von da an den Begriff „Neo-“ vor sich setzen können. Und wie genau kann eine Theorie von ihrer praktischen Anwendung, etwa in politischen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Fragen, getrennt werden? Wo verläuft die Trennlinie zwischen einer tatsächlichen wissenschaftlichen Beschäftigung und einer Vereinnahmung durch jene Autoren, die Kapital aus einem Begriff schlagen wollen, indem sie populäre Bücher verfassen oder sich als Experten darstellen?
Leider existiert kein Schwert, das den „Gordischen Knoten“ der Theorie durchschlagen könnte. An einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den wichtigen Autoren und ihren Ansichten führt kein Weg vorbei.
Auch diejenigen Autoren, die eine Meta-Theorie verkünden oder die unterschiedlichen Theoriestränge scheinbar übersichtlich präsentieren, tun dies manchmal aus der Überlegung heraus, einige Theorien als absurd, andere als glaubwürdig darzustellen. Nicht immer ist die wissenschaftliche Objektivität gewährleistet, nicht immer wird sauber gearbeitet. Argumente der Gegenseite werden mitunter ignoriert oder verzerrt wiedergegeben. Beim Studium von Theorien ist also eine gesunde Skepsis angebracht – und bevor man über das Werk eines Autoren liest und somit seine Meinung aus zweiter Hand bezieht, sollte man zunächst das Werk selbst lesen – auch dann, wenn es nicht in der eigenen Sprache verfasst wurde und möglicherweise schon etliche Jahrhunderte alt ist.
Bei aktuellen Diskussionen hilft ein Blick in die Fachjournale – hier können die thematischen Auseinandersetzungen zeitnah abgearbeitet werden, wobei die Probleme von Buchpublikationen (lange Vorbereitungszeit), aber auch die des Internet (Flüchtigkeit oder mangelnde wissenschaftliche Standards) vermieden werden. Die Herausgeber von renommierten Fachjournalen bieten den Kontrahenten genügend Platz und garantieren auch ein Mindestmaß an wissenschaftlicher Fairness.

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