Sehr geehrte/r Leser/in,
ich möchte Ihnen in mehreren Teilen meine Seminararbeit im Rahmen der Ausbildung zum „Systemischen Berater“ INSYS® mit dem Titel „Systematische Ansätze in der Beratung von Patienten/Kunden mit chronischen Schmerzen“ vorstellen.
Teil 8
6. Systematischer Ansatz:
6.1 Erstgespräch/ Befundaufnahme/ Auftragsklärung:
Im Erstgespräch sind folgende Fragen aus dem systematischen Fragenkatalog der
Schulungsunterlagen der systemischen Ausbildung der INSYS© von Bedeutung:
– Fragen zum Überweisungskontext
– Fragen zu anderen Therapieerfahrungen
– Fragen zum Faktor Zeit
– Fragen zum Anliegen/ Problem
– Fragen zu Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens
– Fragen zu den Erwartungen des Klienten
– Fragen zu den Zielen des Klienten
– Fragen zu den Erfolgskriterien
– Fragen zu möglichen Ressourcen, Hobbys, Sport.
Danach folgt eine physiotherapeutische Untersuchung.
6.2 Meta Modell der Sprache
Chronische Schmerzpatienten neigen dazu, auf der Oberflächenstruktur
Generalisierungen, Tilgungen und Verzerrungen zu verwenden.
6.2.1 Generalisierungen
In seinem Skript zur Ausbildung zum Systematischen Berater schreibt Dr. M.
Barthelmess, dass Generalisierungen einerseits notwendig sind, um handlungsfähig
zu werden, gleichzeitig beinhalten sie aber die Gefahr, zu seht auszugrenzen und so
Wahl- und Entwicklungsmöglichkeiten zu blockieren.
Chronische Schmerzpatienten sehen in ihrer Realitätskonstruktion keine Wahl- und
Entwicklungsmöglichkeiten mehr. Sie blockieren sich selbst.
Ich sehe die Aufgabe des Systematischen Schmerz-Coaches darin, diese Entwicklungs-
und Wahlmöglichkeiten wieder ans Tageslicht zu bringen.
Das gelingt meist gut mit den ebenfalls im Skript beschriebenen Techniken des
Hinterfragens und spezifischen Nahgehens.
Patienten mit chronischen Schmerzen reduzieren ihre Wahrnehmung nur noch auf
den Schmerz. Der Schmerz ist immer da und immer in der gleichen Intensität.
Es fehlt die Aufmerksamkeit dafür, dass es auch Phasen gibt, in denen der Schmerz
Geringer ist oder sogar gänzlich verschwunden ist.
Hier ist die oben beschriebene Haltung des Nichtwissens hilfreich, um neugierig zu
bleiben.
Der chronische Schmerzpatient soll seine generalisierte Aussage mit der
unmittelbaren Erfahrung in Verbindung bringen. Dazu bittet der Berater den Klienten
seine Darstellung noch genauer zu beschreiben.
Aber auch Ärzte und Therapeuten verhalten sich generalisierend.
Patienten mit Rückenschmerzen wird generell das Golfspielen oder Tennisspielen
verboten.
Hier wird nicht gesehen, dass oft nur kleine Maßnahmen und Verhaltensregeln
(Aufwärmübungen vor dem Spielen, Dauer reduzieren, weniger aggressiv spielen)
die Gefahr vermehrter Schmerzen eingegrenzt werden kann, und somit dem
Patienten die Sportart und damit ein Teil seiner Lebensqualität erhalten bleibt.
Ärzte, Therapeuten und Berater, die Patienten mit chronischen Schmerzen begleiten,
sollten deshalb selbst einer Supervisionsgruppe angehören, um die eigenen
Handlungen und Interventionen immer wieder zu prüfen und zu hinterfragen.
Vielen Dank für Ihr Interesse.
Mit freundlichen Grüßen
Sissi Tiedemann
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.