Verbraucher-Interview mit Reginald Homer, Technischer Prüfdienst Bayern
Würzburg, September 2017. Mit dem 01. August 2017 tritt die bereits seit einigen Jahren diskutierte AwSV, die “Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen”, in Kraft. Mit der neuen bundeseinheitlichen Regelung gelten für private Öltankbesitzer zukünftig höhere Standards in Bezug auf Qualität und Sicherheit ihrer Anlage. So wird für Neuanlagen und für bestehende Anlagen nach wesentlichen Änderungen erstmals bundesweit eine Überprüfung durch einen ausgewiesenen Sachverständigen vorgeschrieben. Ältere Öltanks, die nicht verändert werden, betrifft diese Prüfpflicht jedoch nicht – deren Besitzer tragen weiterhin allein die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Zustand ihrer Tankanlage. Da in Deutschland jedoch die meisten Öltanks in den 70iger und 80iger Jahren eingebaut wurden, gibt es in unserem Lande entsprechend viele Tankanlagen, die bereits seit über 30 Jahren bzw. sogar 40 Jahren im Betrieb sind – der Bundesverband Lagerbehälter e.V. spricht von ca. 3,6 Millionen. Bei allen diesen Tanks steigt naturgemäß das Risiko für technische Mängel.
Wie kann man sich also als Betreiber einer alten Heizöltankanlage vor unangenehmen Folgen schützen, welche Qualitätsmerkmale zeichnen moderne Heizöltankanlagen aus und können Kunststoffe tatsächlich altern? Diese und andere Fragen beantwortet Reginald Homer, Leiter des Technischen Prüfdienstes Bayern e.V. im folgenden Interview:
Frage:
Herr Homer, müssen wir uns in Deutschland Sorgen um die Öltanks in unseren Kellern machen?
Antwort:
Ich will es mal so formulieren: Alle Öltanks, die schon über 30 Jahren im Betrieb sind, profitieren nicht von der enormen technologischen Weiterentwicklung im Kunststoffbereich. Gerade in den letzten zehn Jahren hat sich – was konkret die Öllagerung in Kunststofftanks betrifft – das technische Niveau extrem verbessert. Ich denke da beispielsweise an die heutige Doppelwandigkeit von Öltanks, oder an die fest integrierte Auffangwanne, wodurch ein eigener, speziell beschichteter Auffangraum nicht mehr erforderlich ist. Bei Tanks, die nicht aus absolut geruchsdichtem GFK hergestellt sind, gewährleisten zudem die verbesserten Kunststoffmaterialien auch eine hocheffiziente Diffusionssperre mit dem Ergebnis, dass es keinerlei Ölgeruch im Haus mehr gibt. Auch in der Ausrüstung hat sich einiges getan: So können beispielsweise die heutigen Heizöltankanlagen zusätzlich zum vorgeschriebenem Grenzwertgeber mit Füllstandbegrenzern ausgestattet werden. Damit können eventuelle Befüllschäden bei ungleichen Füllständen in den Tanks ausgeschlossen werden. All diese Standards gelten natürlich nicht für Tankanlagen über 30 Jahre.
Frage
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass man mit veralteten Öltanks auf jeden Fall ein erhöhtes Sicherheitsrisiko im Keller stehen hat, oder?
Antwort:
Das kann man so sagen, ohne, dass ich jetzt jedem Öltank über 30 Jahre unterstellen möchte, dass dieser nicht mehr funktionstüchtig ist. Aber Öltanks ab diesem Alter verfügen definitiv nicht über die gerade geschilderten Qualitätsstandards. Gerade beim Befüllvorgang steigt das Risiko, dass die Anlage versagt und es zu einem Ölaustritt im Keller kommt. Zudem unterliegen thermoplastische Kunststofftanks ganz normalen Alterungsprozessen. So kann es – abhängig natürlich von den jeweiligen Umgebungsbedingungen und der baulichen Beschaffenheit des Kunststofftanks – zu entsprechenden Alterungserscheinungen kommen wie z.B. Veränderungen der mechanischen und thermischen Eigenschaften des Kunststoffs oder auch zu Rissbildungen in der Oberflächenstruktur. Für Heizöltanks über 30 Jahre empfiehlt übrigens die Bundesanstalt für Materialforschung in Berlin (BAM) unbedingt eine visuelle Überprüfung durch einen zertifizierten Gutachter oder gleich eine Tankbegutachtung durch einen Kunststoffexperten.
Frage:
Mit was muss der Verbraucher denn rechnen, sollte es tatsächlich zu einem Schadensfall bei einem veralteten Heizöltank kommen?
Antwort:
Hier kann ich nur an die Eigenverantwortung bei Besitzern von Altanlagen appellieren, denn Verbraucher sind – auch nach der neuen Gesetzgebung – weiterhin selbst für den ordnungsgemäßen Zustand ihrer Tankanlage verantwortlich. Ansonsten kann es im Schadensfall zu einem bösen Erwachen kommen. Aus meiner Erfahrung als öffentlich bestellter und vereidigter Gerichtsgutachter weiß ich, wie unvorbereitet die Schadensfälle den Betreiber treffen können. So wird die Regulierung eines Ölschadens – insbesondere bei Gebäudeschäden – zumeist nicht vom Versicherer übernommen, wenn der so genannte Sekundärschutz (= Auffangraum im Keller) nicht den aktuellen, gesetzlichen Vorgaben entspricht.
Frage:
Was wäre denn Ihre Empfehlung für Besitzer von Heizöltanks, die über 30 Jahre alt sind?
Antwort:
Um wirklich auf der sicheren Seite zu sein, kann ich eigentlich nur einen Tankaustausch empfehlen. Moderne Kunststofftanks – unabhängig von welchem deutschen Hersteller – haben heute alle ein enorm hohes Qualitätsniveau und entsprechen den aktuellsten Sicherheitsstandards. Und die Kosten für einen Tankaustausch stehen in keiner Relation zu den eventuellen Schadenssummen, für die ich als Betreiber eines veralteten und nicht überprüften Heizöltanks aufkommen müsste.
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