Selektiver Mutismus bezeichnet die Unfähigkeit von Kindern in bestimmten Situationen zu sprechen, obwohl sie sprechen können.
Starnberg, 06.11.2016 – Selina geht seit 2 Jahren in den Kindergarten. Sie geht gerne dort hin, aber noch nie hat sie mit ihren Freundinnen im Kindergarten oder mit den Erzieherinnen gesprochen. Sie “spricht” viel über Mimik und Gestik, aber noch nie hat man sie lachen gehört. Eltern und Erzieher fragen sich was mit Selina los ist.
Wenn Kinder nach drei Monaten im außerfamiliären Bereich nicht sprechen, ist das ein Alarmsignal. Denn vielleicht leidet das Kind unter (s)elektivem Mutismus, einer psycho-sozialen Angst, die oft im Kindergartenalter zum ersten Mal erkannt wird und die behandelt werden muss.
Mädchen sind etwas häufiger betroffen als Jungen. “Die Kinder sprechen in manchen Situationen – zum Beispiel zuhause – ganz normal und fließend, in anderen, außerfamiliären Situationen jedoch aus emotionalen Gründen kaum oder gar nicht”, erklärt Irmgard Emmerling, systemische Familientherapeutin und Leiterin des Mutismus-Beratungszentrums in Starnberg. “Oft zeigen sich bei einer mutistischen Diagnose gleichzeitig andere Persönlichkeitsmerkmale wie Sozialangst, Rückzug, eine ausgeprägte Empfindsamkeit oder die Neigung zu Widerstand und Trotz.”
Der Kindergarten ist für viele Kinder die erste soziale Außenstation seit dem Spracherwerb; deshalb fällt hier eine mutistische Störung häufig zum ersten Mal auf. Oft sind es die Erzieherinnen, die die Eltern darauf hinweisen, dass sich ihr Kind im Kindergarten auffällig still und passiv verhält, keinen Kontakt zu anderen Kindern sucht, Spielangebote abwehrt und nicht mit den anderen Kindern sondern neben ihnen spielt.
Viele Kinder essen und trinken im Kindergarten nicht, verweigern den Toilettengang oder weinen nicht, wenn sie sich weh getan haben – denn all dies wäre mit Lautäußerungen bzw. Geräuschen verbunden.
“Ich erlebe oft, dass das Problem lange verkannt wird”, bedauert Irmgard Emmerling. Manche Erzieherinnen wollen sich nicht einmischen oder ihre Hinweise werden nicht ernst genommen; der Kinderarzt rät zum Abwarten und auch die Eltern selbst neigen in vielen Fällen zum Beschwichtigen – schließlich spricht ihr Kind zuhause ja ganz normal. In vielen Fällen dauert es bis zur Vorsorgeuntersuchung U9 bis dann doch Mutismus diagnostiziert wird. Oft wird den Eltern dann zu einer Logopädie, Ergotherapie oder Heilpädagogik geraten, obwohl eine psychische Ursache für das Verhalten verantwortlich ist.
Bis zur U9, also bis zum vollendeten 5. Lebensjahr, ist bereits wertvolle Zeit verstrichen.
“Denn in den ersten Kindheitsjahren bis etwa zur Schulreife findet die erste Phase der Persönlichkeitsentwicklung und Sozialisation statt”, betont die Beraterin. “Erwachsene greifen im späteren Leben oft auf diese ersten Kindheitserfahrungen zurück. Deshalb ist es so wichtig, dass in diesen ersten Jahren ein stabiles soziales und emotionales Fundament gelegt wird.” Eine mutistische Störung bedarf daher unbedingt einer professionellen Behandlung.
Wenn ein Kind drei bis vier Monate in außerfamiliären Situationen schweigt, handelt es sich nicht mehr um reine Schüchternheit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät sogar schon zur Diagnostik, wenn ein Kind länger als einen Monat im außerfamiliären Bereich nicht spricht.
Je früher eine Diagnosestellung erfolgt und gegebenenfalls eine Behandlung beginnt, desto besser ist die Prognose. Bei einem Kind, das über viele Jahre schweigt, wird sich hingegen der Mutismus in der Regel verfestigen. Dann lässt sich häufig eine Einengung der intellektuellen und sozialen Entwicklung sowie eine massive Verunsicherung im Kontakt mit Gleichaltrigen beobachten. Umgekehrt reagieren Gleichaltrige auf das mutistische Kind oft mit Hilflosigkeit und Unverständnis, Ablehnung oder Wut oder andere Kinder übernehmen eine Helferrolle und sprechen für das mutistische Kind. Diese Rollenverteilung kann das Schweigen aber sogar verfestigen. Auch zentriert die Familie ihr Leben oft auf das betroffene Kind, das sich zuhause, entgegengesetzt zum mutistischen Verhalten, ungehemmt und dominant, manchmal sogar aggressiv zeigen kann.
Eine frühzeitige Behandlung ist daher dringend angeraten. Die von Irmgard und Hans Emmerling entwickelte MUTARI®-Methode stellt einen ganzheitlichen Therapieansatz dar; er setzt auf Empathie, Wertschätzung und ein tiefes Verständnis für die kindliche Not und hat sich sehr bewährt. Emmerlings Ziel ist es, dem Kind einen Weg zu zeigen, wie es ohne “Gesichtsverlust” aus seinem Schweigen heraustreten kann. Bei vielen Kindern zeigen sich schon nach wenigen Tagen erste Erfolge: Sie beginnen mit den Therapeuten zu sprechen und finden innerhalb weniger Wochen den Weg zu einer ungestörten Kommunikation.
Frau Irmgard Emmerling bietet eine kostenlose Telefonberatung für Rat suchende Eltern an:
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