Eine Scheidung ohne Trennungsjahr ist nur in Ausnahmefällen möglich. Erfahren Sie jetzt, ob eine Härtefallscheidung auch für Sie infrage kommt.
1. Das Trennungsjahr
Eine Ehe wird geschieden, wenn sie gescheitert ist und nicht mehr zu erwarten ist, dass die Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufnehmen. Das Scheidungsrecht kennt zwei Fälle des Scheiterns einer ehelichen Lebensgemeinschaft:
– die Ehepartner leben mindestens ein Jahr getrennt und stimmen beide der Scheidung zu oder
– die Ehepartner leben wenigstens drei Jahre getrennt und ein Ehepartner stimmt der Scheidung nicht zu, wohl aber der andere. Nach einer dreijährigen Trennungszeit geht das Gesetz von einer unwiderlegbaren Vermutung des Scheiterns der Ehe aus. Ein scheidungsunwilliger Ehegatte kann sich also maximal drei Jahre gegen die Scheidung wehren.
Zusammengefasst bedeutet das, dass die Eheleute mindestens ein Trennungsjahr abwarten müssen. Das Abwarten des Trennungsjahres dient dazu herauszufinden, ob man die Ehe wirklich auflösen will. Die Scheidungsparteien sollen keine übereilten Entscheidungen treffen.
a) Wie komme ich also aus einer Ehe heraus, wenn ich das Trennungsjahr nicht abwarten will?
Als Härtefallregelung hat das Familienrecht mit § 1565 Abs. 2 BGB eine vorzeitige Scheidung ohne Trennungsjahr geschaffen. Der Härtefallscheidung kommt zum Tragen, wenn das Einhalten des Trennungsjahres für mindestens einen Ehepartner eine unzumutbare Härte darstellt.
Härtefallscheidungen sind Ausnahmen von der Regel und machen nur einen geringen Prozentsatz der Scheidungsverfahren aus.
Für sie gibt es keine vorgefertigten Richtlinien in den zivilrechtlichen Gesetzen.
Scheidungsurteile aufgrund eines Härtefalls sind immer Einzelfallentscheidungen und hängen so von der Einschätzung des jeweiligen Familienrichters oder der jeweiligen Familienrichterin ab.
Allgemein geht es bei der vorzeitigen Scheidung um Fälle, in denen ein Ehegatte physisch oder psychisch stark mitgenommen ist und es ihm oder ihr nicht zuzumuten ist, ein Trennungsjahr abzuwarten.
Die Blitzscheidung wegen unzumutbarer Härte setzt voraus, dass die Ehe gescheitert ist und bereits eine räumliche Trennung zwischen den Ehepartnern vorliegt.
Ein gerichtlicher Antrag auf Ausspruch einer Härtefallscheidung wird meist nicht zum Erfolg führen, wenn die Ehegatten noch einvernehmlich in der Wohnung zusammenleben.
b) Bespiele für eine Härtefallscheidung
Ein objektiver und wichtiger Grund für die vorzeitige Scheidung muss in der Person des anderen Ehegatten, also des Antragsgegners oder der Antragsgegnerin liegen und plausibel dem Gericht vorgetragen werden.
Eine vorzeitige Scheidung ohne Abwarten des Trennungsjahres ist also nicht möglich, wenn man sich heftig verliebt hat und die neue Liebe schnell heiraten will. In diesem Fall läge der Grund für die Härtefallscheidungen in der eigenen Person und das ist als Grund nicht ausreichend.
Subjektive Empfindungen wie Lieblosigkeit oder das reine Abwenden eines Ehegatten vom anderen reichen nicht aus. Keine Härtefallscheidungen begründen nachlässige Haushaltsführung, ständige Streitereien, heftige Eifersuchtsszenen oder Ekel vor dem Partner.
Das Weiterführen der Ehe ist aber beispielsweise für den scheidungswilligen Ehegatten dann unzumutbar, wenn wiederholte schwere Gewalt gegen den Partner oder die Kinder vorliegt, Morddrohungen oder Misshandlungen vorliegen.
Die Rechtsprechung hat Härtefallscheidungen in Einzelfällen auch ausgesprochen wenn z.B. ein Ehegatte schweren Alkoholismus nicht offensichtlich bekämpft, offen auslebt, den Familienunterhalt für den Alkoholkonsum einsetzt und die Familie entsprechend misshandelt. Härtefallscheidungen waren erfolgreich der sexuellen Erniedrigungen durch den anderen Ehegatten, teilweise nach Aufnahme der Prostitution oder Aufnahme einer anderen Beziehung mit Außenwirkung für das komplette Umfeld.
c) Abwägung, ob eine Scheidung ohne Trennungsjahr sinnvoll ist
Härtefallscheidungen sind oft Gratwanderungen und hängen vom nachvollziehbaren Vortrag des Scheidungswilligen ab. Auch ein Fachanwalt für Familienrecht kann nicht in jedem Fall das Ergebnis der gerichtlichen Entscheidung verbindlich vorwegnehmen.
Eine Härtefallscheidung wird oft am Beispiel der fristlosen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses verdeutlicht. Wenn ein Arbeitsvertrag fristlos gekündigt wird, dann kann die Kündigung nur aus wichtigem und sehr schwerwiegendem Grund erfolgen.
Dem Arbeitgeber oder Arbeitnehmer darf es nicht zuzumuten sein, am Arbeitsvertrag festzuhalten und die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten. Gleiches gilt für einen Mietvertrag. Auch hier gibt es ordentliche Kündigungen und außerordentliche Kündigungen. Eine Blitzscheidung aufgrund einer Härtefallregelung ist im Scheidungsrecht quasi eine fristlose Kündigung der Ehe.
Im regulären Scheidungsverfahren begnügt sich der Familienrichter im Regelfall mit dem Feststellen der Statusangaben, der Heirat, dem Trennungszeitpunkt und dem Wunsch der Eheleute geschieden zu werden. Wird ein Verfahren auf Durchführung einer Härtefallscheidung betrieben muss der Antragsteller “schmutzige Wäsche waschen” und den gesamten Rosenkrieg dem Gericht vortragen und belegen.
Daher ist die Blitzscheidung wegen unbilliger Härte im Vorfeld mit dem eigenen Rechtsanwalt gut abzuwägen. Die emotionale Belastung für die Beteiligten und das gesamte familiäre Umfeld ist in den meisten Fällen erheblich. Eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt sollte anhand der dann vorhandenen aktuellen Rechtsprechung einschätzen, ob der vorliegende Fall Aussicht auf Erfolg vor dem Familiengericht hat.
2. Wenn ich keine Härtefallscheidung will: Wie kann ich einen Scheidungsprozess beschleunigen?
Will der scheidungswillige Ehegatte nicht zum äußersten Mittel der Härtefallscheidung greifen stellt sich die Frage welche Alternativen vorhanden sind.
a) Einvernehmliche Scheidungen sind schneller
Hilfreich sind gleichgerichtete Interessen.
Ganz generell ist bei Ehepartnern, die gleichgerichtete Interessen im Hinblick auf eine möglichst schnelle Scheidung haben der Scheidungstermin eine “Formalie”. Der Scheidungsrichter oder die Scheidungsrichterin wird die Ehegatten fragen, wann sie sich getrennt haben.
Antworten die Ehegatten mit dem gleichen Zeitpunkt und begründen dies womöglich noch mit dem Auszug eines Ehegatten oder dem Getrenntleben in der Wohnung, so wird der Familienrichter dies in der Regel nicht anzweifeln. Untermauert werden kann dieser persönliche Vortrag in der mündlichen Verhandlung im Vorfeld mit einer schriftlichen Trennungserklärung, die der Rechtsanwalt dem Scheidungsantrag beifügt.
b) Zügiges Einreichen des Scheidungsantrages
Der Scheidungsantrag sollte rechtzeitig eingereicht werden.
Ist für den Scheidungsanwalt oder die Scheidungsanwältin, die den scheidungswilligen Ehegatten vertritt der Ablauf des Trennungsjahres plausibel, so wird er oder sie einen Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht. Ein Scheidungsantrag kann auch in der Regel schon ein paar Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres beim zuständigen Familiengericht anhängig gemacht werden.
Das Amtsgericht, das für das Scheidungsverfahren zuständig ist braucht eine gewisse Vorlaufzeit um eine Akte anzulegen, ein Aktenzeichen zu vergeben und vom Antragsteller eine Gerichtskostenvorschussrechnung anzufordern. Dann wird der Scheidungsantrag noch der Gegenseite zugestellt und ein Scheidungstermin anberaumt.
Hierfür benötigt das Gericht -wenn der zuständige Rechtsanwalt nicht durch freundliche Schriftsätze oder freundliche Telefonate drängelt- mehrere Wochen. Durch das Einreichen eines Scheidungsantrages bereits etwas vor Ablauf des Trennungsjahres kann das Scheidungsverfahren also beschleunigt werden.
Allerdings sollte man es nicht übertreiben, sonst wird das Gericht den Scheidungsantrag mangels Ablauf des Trennungsjahres zurückweisen.
c) Außergerichtliche Bearbeitung des Versorgungsausgleichs
Eine weitere vollkommen legitime Vorgehensweise das Scheidungsverfahren zu beschleunigen ist die außergerichtliche Regelung des Versorgungsausgleichs. Ein Versorgungsausgleich wird vom Scheidungsgericht von Amts wegen durchgeführt, wenn die Ehezeit länger als drei Jahre angedauert hat. Hat die Ehe weniger als drei Jahre bestanden, wird in der Regel kein Versorgungsausgleich durchgeführt.
Der Versorgungsausgleich ist der Ausgleich der Rentenanwartschaften zwischen den Eheleuten und für die Ehezeit. Hierzu müssen der zuständige Familienrichter oder die zuständige Familienrichterin alle Rententräger anschreiben und dort die entsprechenden Rentenauskünfte einholen.
Die Durchführung des Versorgungsausgleichs kann schon von Gerichtsseite aus mehrere Monate in Anspruch nehmen. Wenn die scheidungswilligen Ehegatten sich einig sind, können sie in Form einer notariellen Urkunde den Versorgungsausgleich bereits vor dem Scheidungstermin regeln.
In dieser Notarurkunde kann der Versorgungsausgleich z.B. wechselseitig ausgeschlossen werden. Dann verzichten die Ehegatten gegenseitig auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs und jeder Ehegatte erhält auch nach der Scheidung seine ungeschmälerte Altersrente.
Die notarielle Urkunde wird dem Scheidungsgericht vorgelegt. Der Scheidungsrichter muss dann darüber entscheiden, ob diese Regelung zwischen den Ehegatten billig und nicht sittenwidrig ist. Das sollte im Vorfeld unbedingt mit dem Rechtsanwalt besprochen werden. Es hat sich als praktikabel erwiesen mit Einreichung der Notarurkunde dem Scheidungsrichter kurz zu erläutern, warum keine Sittenwidrigkeit vorliegt. Beispiel: Beide Eheleute sind kinderlos, haben Rentenanwartschaften, sind berufstätig und sparen weiterhin für das Alter an.
Der Richter wird bei Vorliegen eines wechselseitigen notariellen Verzichts auf Durchführung des Versorgungsausgleichs keine Auskünfte zu den Rentenanwartschaften in der Ehezeit einholen, sondern in der Regel kurzfristig einen Scheidungstermin anberaumen. Dadurch können die scheidungswilligen Ehegatten mehrere Monate einsparen.
Ein wechselseitiger Verzicht auf den Versorgungsausgleich sollte nur vorgenommen werden, wenn kein Ehegatte dadurch Nachteile in seiner oder ihrer Altersabsicherung hat.
d) Die elektronische Kostenmarke
Zu einem schnelleren Scheidungsurteil gelangt der Scheidungswillige auch durch den Erwerb einer so genannten elektronischen Gerichtskostenmarke. Mit Einreichung eines Scheidungsantrages muss der Antragsteller einen Gerichtskostenvorschuss an das Familiengericht bezahlen.
Erst nach Eingang des Gerichtskostenvorschusses wird der Familienrichter den Scheidungsantrag dem Antragsgegner oder der Antragsgegnerin zu stellen und somit dem Scheidungsverfahren Fortgang geben. Hierzu warten die allermeisten Antragsteller den Eingang der Gerichtskostenvorschussrechnung ab und überweisen diese dann.
In den meisten Bundesländern ist es bereits im Vorfeld der Einreichung des Scheidungsantrages möglich, eine elektronische Gerichtskostenmarken zu kaufen. Diese kann online in Höhe des voraussichtlichen Gerichtskostenvorschusses erworben werden. Der Scheidungsanwalt wird den PDF-Ausdruck der elektronischen Gerichtskostenmarke dem Scheidungsantrag beifügen.
Die Geschäftsstelle des Familiengerichts kann mithilfe eines Barcodes dann den Gerichtskostenvorschuss unmittelbar vereinnahmen. Das geht in der Regel wesentlich schneller als das Abwarten des Zugangs einer Gerichtskostenvorschussrechnung.
Der antragstellende Scheidungsanwalt kann dem Gericht Gründe vorbringen, warum sein Mandant oder seine Mandantin auf eine schnelle Scheidung angewiesen ist. Gerade bei bereits bestehenden Schwangerschaften vom neuen Lebensgefährten oder kurzfristigen Umzügen ins Ausland werden sich die wenigsten Richter gegen die kurzfristige Anberaumung eines Scheidungstermins sperren.
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Quelle: https://www.kanzlei-huckert.de/familienrecht/scheidung-ohne-trennungsjahr/
Rechtsanwältin Simone Huckert
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