(ddp direct) München, April 2013: Die europäischen Bahngesellschaften setzen 2013 vor allem darauf, ihre Profitabilität und ihre finanzielle Lage zu verbessen. Denn die europaweite Bahnwelt erlebt gerade einen wichtigen Wandel: Die zunehmende Komplexität des Bahnmarktes mit neuen Akteuren und veränderten Regeln führt zu immer komplexeren Planungsprozessen. Bahnbetreiber müssen daher in der Lage sein, flexible Planungssysteme zu entwickeln und den kurzfristigen Marktveränderungen gerecht zu werden. Eine besondere Herausforderung stellt die Änderung des ersten europäischen Eisenbahnpakets zur Marktliberalisierung dar. 40 Prozent der Befragten fürchten, dass die geplanten Reformen eher zu einer Überregulierung des Marktes führen werden. Außerdem äußern sich 80 Prozent der Bahngesellschaften negativ über die langwierigen Zulassungsprozesse für Bahntechnik. Eine wichtige Rolle spielt die Finanzierung des Bahnbetriebs: 81 Prozent der Bahnen wollen Infrastruktur und Fahrzeuge aus eigener Kraft finanzieren – durch bessere Effizienz und höhere Einnahmen. Auf kommunaler Ebene sehen hingegen 60 Prozent der Befragten gute Finanzierungsmöglichkeiten durch das Engagement privater Investoren (Public Private Partnership). Das sind die wichtigsten Ergebnisse der Studie „Executive Rail Radar“ von Roland Berger Strategy Consultants. Befragt wurden mehr als 280 Bahnen, Infrastrukturbetreiber und kommunale Verkehrsunternehmen.
“Die Bahnen wollen ihre Profitabilität und Effizienz weiter verbessern. Dafür müssen sie unter anderem ihre Planungsprozesse verbessern”, erklärt Martin Streichfuss, Partner von Roland Berger Strategy Consultants. “Doch genau hier liegt die besondere Herausforderung. Denn aufgrund des zunehmenden Bahnverkehrs, der vielen Marktakteure und der veränderten Regeln in Europa wird das Umfeld immer komplexer und unberechenbarer.”
Bahngesellschaften wollen profitabler arbeiten
Die europäischen Bahngesellschaften setzen 2013 hauptsächlich auf die Verbesserung ihrer Profitabilität und ihrer finanziellen Stabilität (56%). Auf der Agenda des Managements folgen Themen wie Investitionen (28%), Qualitätsverbesserung (26%) und Infrastrukturmodernisierung (22%) erst mit großem Abstand. “Die Umfrage zeigt eindeutig, dass die Mehrheit der europäischen Bahnen vor allem mit der Stabilisierung der eigenen finanziellen Lage beschäftigt sind”, erklärt Roland Berger-Partner Andreas Schwilling. “Denn sind Bahngesellschaften nicht profitabel genug, können sie kaum in Infrastruktur, die Modernisierung ihrer Züge und die Verbesserung ihres Service investieren, um weiter zu wachsen.”
Umso wichtiger wird daher die Planung. So meinen 38 Prozent der Umfrageteilnehmer, dass die Anforderungen hier durch das Marktumfeld deutlich zunehmen. Neue Marktteilnehmer, stärkere Nachfrageschwankungen und die unsicheren öffentlichen Fördermittel erschweren die langfristige Planung: 31 Prozent der Befragten haben Schwierigkeiten, ihre Budgets für einen 5-Jahres-Zeitraum festzulegen. “Bahngesellschaften neigen deshalb dazu, immer kurzfristiger zu planen”, sagt Schwilling.
Doch auch die kurzfristige Planung (21%) und die Schätzung der voraussichtlichen Passagier- und Cargovolumina (19%) werden schwieriger. “Bahnbetreiber sollten daher vor allem auf eine effiziente Budgetierung achten, um ihre Ziele nicht aus den Augen zu verlieren und bei Abweichungen schnell handeln zu können”, rät Roland Berger-Stratege Streichfuß.
Deregulierung führt zur Überregulierung des Bahnmarktes
Dass ständige Marktveränderungen eine höhere Planungsflexibilität und schnellere Reaktionen verlangen, darüber sind sich rund 45 Prozent der Bahngesellschaften einig. Um ihre Planungen leichter zu gestalten, extrapolieren sie öfters Daten aus der Vergangenheit (45%) und klammern komplexe Planungsparameter wie z.B. Wettbewerbsaktionen bewusst aus (34%). “Doch das birgt Risiken”, sagt Berger-Partner Andreas Schwilling.
Zusätzlich fürchtet die Bahnindustrie die Folgen der Änderung des ersten europäischen Bahnpakets zur Liberalisierung des Markts. So sind über 40 Prozent der Bahnmanager der Meinung, dass die geplante Deregulierung eher zu einer Überregulierung des europäischen Bahnmarktes führen wird. Knapp die Hälfte der Befragten kritisiert, dass künftig langfristige Vereinbarungen zwischen Staat und Infrastrukturbetreibern verlangt werden. Besonders kritisch äußern sich Teilnehmer aus Deutschland, der Schweiz, Dänemark, der Slowakei und Slowenien. Negative Auswirkungen der europaweiten Liberalisierung erwarten vor allem die integrierten Bahnkonzerne (63%) und Bahnen ohne Infrastruktur (50%) – deutlich mehr als die Infrastrukturbetreiber (25%). Mehr Kontrolle wünscht sich hingegen die Hälfte der Befragten bezüglich der Trassenpreise. “Nur geregelte Tarife, die allen Bahnbetreibern einen diskriminierungsfreien Zugang zu den Bahntrassen ermöglichen, können eine tatsächliche Marktliberalisierung garantieren”, sagt Berger-Experte Martin Streichfuß.
Problematisch sind außerdem die Bahnzulassungsprozesse in den meisten europäischen Ländern – 80 Prozent der Bahngesellschaften halten diese Verfahren für ineffizient. Eine Ausnahme bilden lediglich die Schweiz und Österreich. Grund für die langwierigen Genehmigungsprozesse sind hauptsächlich die hohen Sicherheitsanforderungen einiger nationaler Bahngesetze.
Privatinvestoren sind gefragt
Um ihre Infrastruktur und den laufenden Betrieb zu finanzieren, setzen 81 Prozent der Bahngesellschaften auf die eigene Leistungsfähigkeit. Dafür wollen sie ihre Effizienz und Einnahmen steigern. Dennoch glauben 60 Prozent, dass eine öffentliche Finanzierung weiterhin notwendig sein wird; im kommunalen Transportsektor sind es sogar 90 Prozent der Befragten. “Die Tatsache, dass viele Bahngesellschaften verstärkt auf eigene Finanzmittel setzen wollen, ist eine Reaktion auf die Eurokrise und auf die unsichere Finanzlage mancher europäischer Länder”, erläutert Schwilling. “Viele Unternehmen wissen, dass sie aufgrund der leeren Staatskassen ihre Weiterentwicklung zum großen Teil selbst finanzieren müssen.”
Wegen mangelnder öffentlicher Mittel werden auch Public Private Partnership (PPP)-Modelle in den kommenden fünf Jahren eine immer wichtigere Rolle spielen – allen voran bei kommunalen Transportsystemen. 57 Prozent der Befragten sehen eine Beteiligung privater Investoren als reine funktionale Privatisierung, um Infrastrukturen aufzubauen, zu verwalten und zu warten – allerdings ohne Übertragung der Besitzrechte an die Privatinvestoren. Für solche PPP-Modelle kommen hauptsächlich Bahnhöfe und Primärinfrastrukturen spezifischer Bahnlinien infrage, wie etwa Verbindungen zu Flughäfen, Hochgeschwindigkeits- und Cargostrecken. “Solche Investorenbeteiligungen bieten einerseits hervorragende Möglichkeiten, die Infrastruktur zu modernisieren. Andererseits sind die Profitabilitätserwartungen privater Investoren sehr hoch und viel kurzfristiger ausgerichtet als bei der öffentlicher Hand. Das kann Bahngesellschaften stark unter Druck setzen“, fasst Martin Streichfuß zusammen.
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