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Dirk Harbecke, Chairman von Rock Tech Lithium, erläutert Hintergründe zum Lithiummarkt
Die Prognosen für den künftigen Bedarf an Lithium werden regelmäßig von den Entwicklungen in der Automobilindustrie abgeleitet. Tatsächlich sind die Zahlen hier beeindruckend. Die Schweizer Investmentbank UBS rechnet damit, dass weltweit im kommenden Jahr fast zwei Drittel mehr Akkus (gemessen an Gigawattstunden – GWh) für den Antrieb von Elektroautos und Plugin-Hybride nachgefragt werden als 2020. In den beiden Jahren darauf soll sich das Plus auf jeweils 50 Prozent belaufen. In absoluten Zahlen ausgedrückt heißt das, dass die Nachfrage nach Akkus von 125 GWh in diesem Jahr bis 2023 auf 456 GWh zunehmen soll – das würde mehr als eine Verdreifachung bedeuten.
Die genannten Zahlen beziehen sich ausschließlich auf die Automobilindustrie. Hier lassen sich Entwicklungen vergleichsweise gut vorhersagen, weil so ziemlich alle Autohersteller konkrete Ziele für die Produktion von Elektroautos ausgegeben haben. Außerdem ist die Visibilität bei den Batteriefabriken recht hoch, die weltweit geplant sind, sich bereits im Bau befinden oder sogar schon produzieren. Schließlich gibt es jede Menge Analysten, die die entsprechenden Entwicklungen beobachten und bewerten.
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Bei anderen Einsatzgebieten von Lithium-Ionen-Akkus ist die künftige Nachfrage weitaus schwieriger zu quantifizieren. Es liegt aber auf der Hand, dass hier ähnliche Zuwachsraten wie bei Elektroautos zu erwarten sind. So werden Batterien zunehmend auch in anderen Transportmitteln eingesetzt.
Leise Schiffe
Vor allem bei Booten und Schiffen macht der Einsatz von Elektroantrieben überall dort Sinn, wo eine möglichst geringe Lärmbelästigung wichtig ist. Das gilt zum Beispiel auf Seen, die touristisch genutzt werden, oder in den Fjorden Skandinaviens. Es ist kein Zufall, dass der deutsche Motorenhersteller Deutz schon vor drei Jahren den E-Spezialisten Torqeedo übernommen hat, der vor allem kleinere Boote mit Elektromotoren ausrüstet. Die renommierte Hurtigruten-Reederei aus Norwegen sprach bei der Jungfernfahr der Roald Amundsen von einem neuen Zeitalter. Das Kreuzfahrtschiff verfügt neben Dieselmotoren auch über elektrisch angetriebene Schrauben, die zeitweise allein das Schiff antreiben können.
Ganz so weit wie auf Wasser ist die Entwicklung in der Luft noch nicht. Aber auch hier gibt es permanent technologische Fortschritte. Verschiedene große Konzerne wie Airbus oder Startups wie die deutsche Lilium testen bereits Flugtaxis, die elektrisch angetrieben vier Fluggäste von A nach B befördern – zum Beispiel von der Innenstadt zum Flughafen und zurück. Der britische Flugzeugbauer British Aero Space (BAE) arbeitet sogar nach eigenen Angaben an einem Kampfflugzeug mit hybridem oder sogar rein elektrischem Antrieb.
Enorme Nachfrage in der Unterhaltungselektronik
Sehr viel weiter verbreitet sind Lithium-Ionen-Batterien bereits in Werkzeugen, Haushaltsgeräten und in der Unterhaltungselektronik – zum Beispiel in Akku-Schraubern, schnurlosen Staubsaugern oder mobilen Spielekonsolen. Spätestens seit den AirPods von Apple finden auch Kopfhörer mit Lithium-Ionen-Batterien reißenden Absatz. Der Chef des deutschen Batterie-Spezialisten Varta, Herbert Schein, meinte in einem Zeitungsinterview. In fünf, sechs Jahren wird kaum noch ein Headset mit Kabeln genutzt werden. Smartphones werden mit vielen kleinen Geräten zusammenarbeiten. Und alle brauchen Lithium-Ionen-Batterien. Hier liegt enormes Potential. Varta hat übrigens vor Kurzem bekannt gegeben, jetzt auch in die Produktion von großen Akkus für den Antrieb von E-Autos einzusteigen.
Wachstumsmärkte Powerpacks und 5G
Ein ganz anderes Einsatzgebiet sind Riesenbatterien, sogenannte Powerpacks, für Wind- und Solarparks. So lässt sich zwischenzeitlich überschüssiger Strom speichern und später wieder abgeben, wenn er gebraucht wird. Erneuerbare Energien werden so grundlastfähig. Tesla hat mit Powerpacks in Australien im großen Stil gute Erfahrungen gemacht. Schon länger hat Tesla-Chef Elon Musk das Ziel ausgegeben, künftig rund die Hälfte des Geschäfts mit Powerpacks und Powerwalls, also mit Energiespeichern für kommerzielle Stromanbieter und private Haushalte zu machen.
Eine bislang noch völlig unterschätzte Entwicklung vollzieht sich bei der Umstellung der Mobilfunknetze von der vierten (4G) auf die fünfte (5G) Generation. 5G nutzt deutlich höhere Frequenzen als sein Vorgänger. Die kürzeren Wellen ermöglichen die dramatisch höhere Geschwindigkeit. Allerdings reichen die Signale nicht so weit wie bei 4G. Die Endgeräte können sie nur empfangen (oder auch senden), wenn sie sich näher an den Funkstationen befinden. Von ihnen braucht es also eine deutlich höhere Zahl, um einen flächendeckenden Empfang zu gewährleisten. Der Clou ist, dass diese 5G-Stationen wesentlich mehr Strom benötigen. Die herkömmlichen Blei-Säure-Batterien, die 4G versorgen, reichen nicht aus. Gebraucht werden Lithium-Eisenphosphat-Akkus – und zwar in großen Mengen.
Unter dem Strich wird kurzfristig die Nachfrage nach Lithium-Ionen-Akkus in der Automobilindustrie mengenmäßig wohl am stärksten zunehmen. Dazu kommen aber mittelfristig andere Bereiche, wie die aufgeführten Beispiele, die ebenfalls große Mengen an Batterien benötigen und die Nachfrage nach den Energierohstoffen zusätzlich antreiben. Denn Strom muss fast überall gespeichert werden.
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