Das Kernkraftwerk Isar Block 2 im beschaulichen Essenbach bei Landshut ist eines der effizientesten Kernkraftwerke weltweit. Mit einer Nennleistung von 1485 kW (brutto) und einer Jahresproduktion von 12,306 Milliarden kWh (brutto) im Jahr 2011 hat das Kernkraftwerk Isar 2 erneut den ersten Platz im weltweiten Ranking der Stromproduktion belegt. KKI 2 hat in Sachen Leistungsfähigkeit, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit einen beeindruckenden Maßstab gesetzt, und das zum neunten Mal. Im Zuge der diesjährigen Revision hat die Gruppe G+H Isolierung über 60 Monteure, Techniker und Ingenieure eingesetzt, die für einen reibungslosen Ablauf der anfallenden Isolier- und Brandschutzarbeiten im Reaktorgebäude und im Maschinenhaus gesorgt haben. Nach Aussage von Johann Floca, Leiter Technik G+H Isolierung Ludwigshafen, war neben den umfangreichen Maßnahmen in der Revision eine zusätzliche anspruchsvolle Aufgabe die Erneuerung der Isolierung der Frischdampf-Sicherheits-Armaturenstationen (FSA-Stationen).
Frischdampf-Sicherheits-Armaturenstationen
Die Konvoianlage Isar 2 der vierten Druckwassergeneration ver-fügt über vier Stränge im Sekundärkreislauf mit je einer FSA-Station. Die einzelnen FSA-Stationen bestehen aus fünf Hauptarmaturen mit zusammen 14 Vorsteuerarmaturenblöcken. Sie dienen der Druckabsicherung der Sekundärseite und sind damit eine der wichtigsten sicherheitstechnischen Einrichtungen in einem Kernkraftwerk.
Aus alt mach neu
Sicherheitsrelevante Anlagenteile in einem Kernkraftwerk sind in geschlossenen erdbebensicheren Gebäuden geschützt. Diese Gebäude werden durch die Verlustwärmeströme von den Anlagenkomponenten aufgeheizt und müssen durch eine Zwangskühlung auf einem Temperaturniveau gehalten werden. Dies dient primär zum Schutz der empfindlichen Elektronik und Messtechnik. Erhöhte Raumtemperaturen wirken sich zudem auf die Lebensdauer des Betons aus, der nur bis zu einer Dauerbelastungstemperatur von 80 Grad Celsius beansprucht werden darf. Entsprechend der Auslegung darf die Raumtemperatur in diesen Gebäudeteilen nicht über 45 Grad Celsius steigen. Das Dämmsystem aus Matratzenisolierung, Mineralwolle und verzinktem Blech hat nach 25 Jahren wegen der regelmäßigen De- und Remontagen an Isolierwirksamkeit eingebüßt und wurde durch ein Dämmsystem aus G+H ISOCAP® Kassettenisolierung und Matratzenisolierung ersetzt. Da die Platzverhältnisse sehr beengt sind, bringt der Montageort der Isolierung einige Herausforderungen mit sich. Viele Störkanten in Form von Rohrleitungen, Stellmotoren, Kabeltrassen, Messinstrumentierungen und Elektroinstallationen erschweren die De- und Remontage der Isolierung. Daher sind die Anforderungen an die Planung, die an ein neues optimiertes Dämmsystem gestellt werden, groß. Zur Umsetzung der Anforderungen bedarf es eines innovativen Dämmkonzepts, das genau an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden kann und mit dem die Vorgaben aus der Planung erfüllt werden können.
Eins und eins macht 3-D
Zur Realisierung dieses Projekts hat G+H Isolierung ein exaktes Aufmaß vor Ort durchgeführt und ein dreidimensionales Modell erstellt, das alle Elemente der angrenzenden Bereiche der Armaturenstationen erfasst. Für dieses Modell wurde ein maßgeschneidertes Dämmsystem konzeptioniert, das eine partielle De- und Remontage aller Armaturen im jeweiligen Frischdampfleitungssystem ermöglicht. Die Teilungen der Kassetten wurden so gewählt, dass der Nahtanteil so gering wie möglich ausfällt, um eine Reduzierung der Wärmeverluste zu erzielen, aber dennoch eine sichere und schnelle De- und Remontierbarkeit zu gewährleisten. Dies wurde mittels CAD-Modell virtuell simuliert und optimiert.
Gute Kooperation der Mitarbeiter vom KKI und G+H
Um ein Projekt erfolgreich abschließen zu können, bedarf es guter Kommunikation und Abstimmung zwischen allen Gewerken. So ist es dem für das gesamte Druckhaltesystem und die Armaturenstationen verantwortlichen Ingenieur Max Ulmer vom E.ON Kernkraftwerk Isar 2 enorm wichtig, dass einerseits die Dämmwirkung der Bestandsisolierung verbessert wird. Zum anderen dürfen nur minimale Temperaturgradienten im Bereich der Ventilsitze auftreten. Daher wurden das komplette Dämmkonzept auf Konvektionsströmungen analysiert, Hohlräume beseitigt, Dichtungsmatratzen und Konvektionsdichtringe an Durchdringungen von Rohrleitungen und Stellmotoren angebracht und so die Temperaturverteilung in den Armaturen homogenisiert.
Modulares Wärmedämmsystem G+H ISOCAP®
Die Auslegungstemperatur für die Isolierung der Armaturenstation ist gleich der Frischdampftemperatur am Dampferzeugeraustritt und liegt bei 286 Grad Celsius. Die Kombination aus hohen Temperaturen und Vibrationen, die in erster Linie durch Strömungsimpulse verursacht werden, fordern eine gute Abstimmung der einzelnen Dämmkomponenten aufeinander. Das G+H ISOCAP® Isoliersystem ist durch seine hohe mechanische Festigkeit und selbsttragende Konstruktion für diese Aufgabe prädestiniert. Der Dämmstoff ist in Edelstahlblech gekapselt. Daher kann dieses Dämmsystem beliebig oft de- und remontiert werden, ohne an Formstabilität und Dämmwirkung zu verlieren.
Die gewählten Kassettenabmaße sowie die Art der Befestigung des Dämmmaterials in den Kassetten unterbinden eine Absen-kung des Dämmstoffs und gewährleisten über Jahre hinweg eine konstante Dämmwirkung. Die Kapselung des Isoliermaterials verhindert zusätzlich einen Fremdstoffeintrag, wie zum Beispiel Öle oder andere Schmierstoffe, auf die heiße Komponentenoberfläche. Verschmutzungen verbleiben auf der Oberfläche der Isolierung und können problemlos entfernt werden. Somit trägt das Dämmsystem zusätzlich zur erhöhten Sicherheit und zu verbessertem Brandschutz bei. An jeder FSA-Station wurden über 80 G+H ISOCAP® Isolierkassetten und Matratzenisolierung mit Dämmdicken zwischen 20 und 220 Millimetern verbaut. Alle Dämmsystemeinheiten mit Unterkonstruktion und circa 40 Quadratmetern Blechverkleidung haben eine Gesamtmasse von rund 1,3 Tonnen. Dies allein macht dieses Projekt aber noch nicht zu einem Erfolg.
Sicherheit geht vor
Die Raumtemperaturen der Redundanzen konnten bei gleichzeitiger Abschaltung eines von zwei Klimageräten von ursprünglich 33 auf 29 Grad Celsius gesenkt werden. Die Oberflächentemperaturen der Isolierung wurden im homogenen Bereich im Durchschnitt um 20 K reduziert. Bei anstehenden Revisionsarbeiten bedeutet dies zudem eine schnellere und einfachere Demontage der Isolierung und verschafft den nachstehenden Gewerken bei der engen Terminsituation einen Zeitvorteil. Die Partikelbelastung während der De- und Remontage wurde auf ein Minimum reduziert. Anschließende Reinigungsarbeiten sind weniger arbeitsintensiv, und durch die Minderung der Schwebstoffe konnten die Arbeitsplatz-bedingungen für die Monteure erheblich verbessert werden.
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