Research Revolution “Brand Pit”: Neue Software erstellt virtuelle Verbraucherprofile

Mit einer neuen Software können Unternehmen ihre Logos und Produkte in Social-Media-Fotos auswerten und mehr über die Vorlieben ihrer Kunden erfahren.

BildMarketingkampagnen werden zunehmend anspruchsvoller. Deshalb suchen Brand Manager nach zusätzlichen Möglichkeiten, an gezielte Informationen über das Verbraucherverhalten und die Produktwahrnehmung ihrer Kunden zu gelangen.

Mit der von Tsz Tat Chu und Mayuko Yamaura entwickelten neuen Software Brand Pit können jetzt mithilfe der Bilderkennung Markenlogos und Produkte in Fotos auf Social-Media-Seiten analysiert werden. Das Marktforschungsinstrument soll den Unternehmen dabei helfen, ihre Konsumenten und deren Kaufverhalten besser kennenzulernen.

Die Idee für Brand Pit hatte Chu während der Gründung eines neuen Bekleidungsunternehmens: “Ich wollte unbedingt ein Feedback von den Käufern meiner Produkte bekommen. Mir war klar, dass dies nur online möglich war, aber ich konnte niemanden finden, der unsere Marke mit einem Hashtag verlinkt hatte. Selbst Bekannte, die etwas auf Facebook geteilt haben könnten, verwendeten keine Schlagworte. Vielleicht weil sie sich nicht an den Namen der Marke erinnern konnten”, erzählt Chu. Deshalb kooperierte der ausgebildete Ingenieur 2013 mit Mayuko Yamaura und entwickelte die Software Brand Pit.

Das Unternehmen erhielt Unterstützung durch das “Blueprint Programme” von Swire Properties: Über das Programm kam das Start-up mit Kunden in Kontakt und erhielt sechs Monate lang kostenlos Büroräume in Taikoo Place auf Hong Kong Island. Zudem wurden die Unternehmensgründer von Invest Hong Kong bei der Kontaktaufnahme mit potentiellen Kunden unterstützt.

“Indem sich unsere Kunden auf der Website von Brand Pit einloggen, können sie mit dem Photofeed herausfinden, auf welchen Social-Media-Portalen Verbraucher Fotos mit ihren Produkten posten. Gleichzeitig lassen sich Geschlecht, Altersgruppe, ethnische Herkunft und selbst die Gesichtsemotionen der Person auf dem Foto analysieren. Damit wird ein authentischer Schnappschuss des Verbraucherverhaltens erzeugt”, so Chu.

“Zudem versuchen wir herauszufinden, ob das Foto beispielsweise im Büro oder in einem Restaurant gemacht wurde und bestimmen den Kleidungsstil – und zwar nicht nur die Kleidermarke, sondern auch, ob es sich um ein legeres oder förmliches Outfit handelt. So sehen wir, in welchem Umfeld das Produkt verwendet wird”, erzählt er weiter. Da das Unternehmen nur Daten analysiert, die auf Social-Media-Seiten öffentlich zugänglich sind, gibt es auch keine Probleme mit der Verletzung der Privatsphäre der User.

Mit der Auswertung der Photofeeds liefert Brand Pit seinen Kunden wertvolle Verbraucherdaten: “Für Heineken fanden wir beispielsweise heraus, dass 70 Prozent der Verbraucher männlich und meist um die 20 Jahre, die weiblichen Konsumenten etwa um die 30 Jahre alt sind. Zudem werden Heineken-Produkte zu 90 Prozent drinnen und zu 10 Prozent im Freien konsumiert. So trinken die meisten Leute zuhause und die Fotos, die draußen geschossen wurden, sind fast alle am Strand oder im Park gemacht worden. Außerdem können wir auswerten, welches Essen am wahrscheinlichsten zusammen mit einem bestimmten Produkt konsumiert wird. Im Heineken-Beispiel sind es Hühnchen und Pommes”, so Chu.

An den Texten der hochgeladenen Fotos sei Brand Pit nicht interessiert: “Das Feedback zu den Produkten ist uns egal. Wir konzentrieren uns ausschließlich auf das Foto. Da die Abbildungen und die Verpackungen der Produkte normalerweise weltweit gleich sind, kann man diese sehr leicht identifizieren”, berichtet er.

Unilever, der weltweit drittgrößte Hersteller von Verbrauchsgütern etwa der Marken Dove, Langnese und des Weichspülers Comfort, wurde im vergangenen Jahr auf Brand Pit aufmerksam. Momentan ist der niederländisch-britische Konzern Brand Pits größter Kunde. “Eine Suchanfrage für Unilever generiert sehr viele Ergebnisse, da beispielsweise der Begriff Comfort zum einen ein sehr häufig gebrauchtes Wort ist und etwa ein Taxi-Unternehmen in Singapur diesen Namen trägt. In solchen Fällen macht die Bilderkennung viel mehr Sinn, da wir mit unserer Software das Logo erfassen.” Das betriebsinterne Analystenteam bei Unilever sei sehr erfolgsorientiert und so habe das Unternehmen aufgrund der Forschungsergebnisse von Brand Pit einmal sogar eine Marketingkampagne gestoppt.

Innerhalb der nächsten sechs Monate möchte Brand Pit verschiedene Business Angels ansprechen, da sie diese in Hongkong als effizientesten Weg zur Beschaffung von Geldmitteln sehen. Darüber hinaus will das Unternehmen seine Präsenz in Japan ausbauen, wo es bereits eine Niederlassung gibt. “Wir haben das dortige Büro vor zwei Jahren eröffnet, aber bisher noch keinen Umsatz erzielt. Es ist sehr hart, in Japan Beziehungen aufzubauen, da es dort im Vergleich zu Hongkong viel schwieriger ist, Kontakte in die Geschäftswelt zu bekommen”, erzählt Chu.

Durch die Analyse der Markenlogos können mit der Software auch Sprachbarrieren überbrückt werden und dies sei eine Voraussetzung für eine internationale Vermarktung der Software. “Erst kürzlich haben wir eine Anfrage einer koreanischen Kosmetikfirma erhalten und obwohl wir kein Koreanisch verstehen oder sprechen, können wir dennoch das Logo erfassen. Dies bietet uns die Chance, bis zu einem gewissen Level leicht zu wachsen.”

Chu geht davon aus, dass seine Software die Möglichkeiten für die Beobachtung des Verbraucherverhaltens revolutionieren wird: “Derzeit ist die Marktforschung auf Verbraucherumfragen angewiesen, die viele Konsumenten nur ausfüllen, wenn sie im Gegenzug ein kleines Geschenk erhalten. Zwar sind Fokusgruppen besser, aber sehr kostspielig und zeitintensiv. Nachteilig ist auch, dass sich die Befragten innerhalb einer Gruppe oft dem Gruppendruck beugen. Zudem ist es nicht ganz einfach, sich an die Erfahrung, die man mit einem Produkt gemacht hat, zurückzuerinnern. Diese Erinnerung kann sehr von der eigentlichen Wahrnehmung abweichen. Mit Brand Pit erfassen wir jedoch den Moment, den die Verbrauchter mit dem Produkt festhalten und genau das ist die Zukunft der Marktforschung.”

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