Regionale Wertschöpfung entsteht nur durch die dezentrale Energiewende

(Mynewsdesk) Die Übertragungsnetzbetreiber Tennet und Transnet BW haben am gestrigen Dienstag ihren Plan für den Bau einer Hochspannungsleitung von der Küste bis nach Bayern vorgestellt. Die Südlink genannte Trasse soll rund 800 Kilometer lang werden und auch durch Wolfhager Gebiet führen. Die Stadtwerke Wolfhagen und die Stadtwerke Union Nordhessen (SUN) sehen das Vorhaben kritisch. Ebenso der Wolfhager Bürgermeister Reinhard Schaake: Indem wir die lokale Energiewende vorangetrieben haben, haben wir alles dafür getan, solche Leitungen überflüssig zu machen. Leicht sei der Prozess in seiner Stadt nicht gewesen, es habe kontroverse Diskussionen beispielsweise um den Ausbau der Windkraft gegeben. Vor diesem Hintergrund halte ich die geplante Leitung für eine zu große zusätzliche Belastung der Menschen in unserer Stadt.

Die geplante Leitung soll laut Planung westlich an den Wolfhager Ortsteilen Niederelsungen, Oberelsungen, Altenhasungen und Istha vorbeiführen. Die Kernstadt selbst wird östlich passiert. Wir lehnen den Netzausbau keinesfalls kategorisch ab, sagt Martin Rühl, Geschäftsführer der Stadtwerke Wolfhagen und der SUN. Im Zuge der Energiewende brauchen wir neue Leitungen. Die Frage ist aber: Welcher Ausbau ist nötig, wo ist er überflüssig? Der Strom, den Südlink transportieren soll, stammt aus dem Norden. Windräder an der Küste und auf hoher See sollen ihn erzeugen. Vorteil der Windparks dort: Sie produzieren Strom zu einem günstigen Preis. Nachteil: Lange Hochspannungsleitungen müssen gebaut werden, um ihn zu den Verbrauchern, insbesondere den süddeutschen Industriestandorten zu transportieren.

Stadtwerke und SUN stellen sich die Energiewende anders vor. Sie stehen für den dezentralen Ausbau regenerativer Energien. Jede Region soll den Strom, den sie verbraucht, zu einem möglichst großen Anteil selbst erzeugen. Dass das geht, hat die SUN gemeinsam mit dem Kasseler Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) errechnet: Nordhessen kann über 100 Prozent der benötigten Energie regenerativ in der Region erzeugen. Und zwar schon 2030. Vor allem der Einsatz der Windkraft macht es möglich.

Höhere Kosten entstehen durch die dezentrale Energiewende überdies auch nicht. Zwar sei die Kilowattstunde, die im Binnenland erzeugt werde, geringfügig teurer, so Rühl. Dies werde aber dadurch kompensiert, dass der Ausbau der Netze nicht im aktuell geplanten Umfang stattfinden müsse. Nur die Leitungen, die tatsächlich durch den Ausbau erneuerbarer Energien notwendig werden, müssen gebaut werden. Es darf nicht sein, dass wir diese Leitungen für Windenergie bauen und für Kohlestrom nutzen, so Rühl.

Der Stadtwerke-Chef fordert deshalb gemeinsam mit Bürgermeister Schaake eine echte Bürgerbeteiligung in einem zu 100 Prozent transparenten Verfahren. Schließlich müssten die Bürger die Leitungen letztlich auch bezahlen. Über die Netzentgelte werden die Kosten umgelegt. Und auch Leitungen, die nicht ausgelastet sind, weil sie am Bedarf vorbei geplant wurden, kosten Geld, sagt Martin Rühl. Anders als beim Ausbau der Windkraft in Nordhessen haben Gemeinden davon jedoch kaum einen Vorteil. Kommunen, Stadtwerke und Energiegenossenschaften bleiben weitestgehend außen vor – ein falscher Weg: Regionale Wertschöpfung entsteht nur durch die dezentrale Energiewende, sagen Schaake und Rühl. Sie verteile Lasten und Nutzen der Energiewende gerecht.

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