“Liebe – Lust – Prostata. Frühe Diagnose rettet Leben” von Friedrich Zimmermann
Berlin, 3. Februar 2016. Unsicherheit ist einer der häufigeren Begleiter auf des Menschen Lebensweg. Das ist auch ok – allerdings kommt es immer auf die Perspektive an. Am 4. Februar ist Weltkrebstag/World Day of Cancer – das gefürchtete Wort “Karzinom” verbinden wir mit -idealerweise weit entfernten- unzähligen (Schicksals-)Berichten, Fachliteratur oder Konferenzen.
Die beste Idee, um diesem weltumspannenden Thema mutig gegenüber zu treten und einen eigenen intimen Umgang damit zu finden, ist auch hier eine lebensbejahende Einstellung. Und Offenheit gegenüber den Informationen. Im Fokus: Früherkennung.
Dass es eben nicht tödlich enden muss, legt in seinem Buch “Liebe – Lust – Prostata. Frühe Diagnose rettet Leben” der Journalist Friedrich Zimmermann dar. Die Schilderungen des ehemaligen Patienten spiegeln eine persönliche Erfahrung wider: vom ersten Schock nach der Diagnose über die Unsicherheit, welchen ärztlichen Rat Mann befolgen sollte, bis hin zur Begegnung auf dem partnerschaftlichen Parkett, der OP, der Nachsorge und einer neuen Bedeutung von Viagra. Persönlich können sie für jede/-n werden, weil all diese Entscheidungen immer mehrere Familien-Menschen betreffen. Es geht ans Eingemachte – und nein, Kürbiskerne helfen null!
Zimmermanns essayistischer Bericht seines erfolgreichen Wegs wird in der zweiten Jahreshälfte erscheinen und angereichert sein mit einem wichtigen Findex/Stichwortverzeichnis sowie Interviews mit bedeutenden europäischen Ärzten (*s.u.). Nicht nur zum Verfahren der Früherkennung und den besten Behandlungsmethoden von Prostatakrebs befragt er sie, sondern gemeinsam stoßen sie wieder und wieder darauf, “warum Männer so sind, wie sie sind” und welche bedeutungsvolle Rolle den Partnerinnen zukommt.
“Warum haben die meisten Männer Angst davor, sich von einem Arzt untersuchen zu lassen?” “Was ist ein Screening?”
“Warum ist es gesellschaftlich “zulässig”, dass Männer an einem Herzinfarkt sterben, nicht aber an Diabetes oder Krebs?”
“Warum gehen Jungs nirgendwo hin, während Mütter ihre Mädchen ab dem 13. Lebensjahr zur gynäkologischen Untersuchung und Aufklärung begleiten, wo sich diese zeitlebens betreut fühlen können?” Auch Jungen hätten gerne einen unabhängigen Ort, um ungehemmt Fragen zu Körper und Sexualität zu stellen, was am besten ein Urologe übernehmen kann.
“Wenn alle großangelegten Vorsorgekampagnen der vergangenen 40 Jahre als erfolglos einzustufen sind, weil noch immer nur etwa 16% Männer zur Vorsorge gehen, wo sollte dann endlich neu angesetzt werden und was sind “Jungensprechstunden” (Dr. med. W. Bühmann/Sylt)?”
“Lieber tot als impotent!” oder weniger ent-täuschend: “Lieber krebsfrei leben, als potent sterben!” – Wo liegt die Täuschung?
Fragen an den Autor leitet die Redaktion gerne an das Büro Textwissen weiter. (Text: Jana Noritsch) (Bildrecht: Friedrich Zimmermann, Berlin, 2015, Buchcover)
Abdruck kostenfrei; um ein Belegexemplar/Link wird gebeten (textwissen@berlin.de).
* Im Interview waren u.a.:
Dr. med. Dorfinger (Wien) zum PSA-Marker/Screening und der kassenärztlichen Anerkennung in Österreich, aber auch zur Rolle der Frau/Partnerin in Bezug auf die Vorsorgeuntersuchung des Mannes.
Dr. med. Bühmann (Sylt) bspw. zu www.jungensprechstunde.de, einer tollen Plattform für sämtliche Themen, die junge Männer interessieren.
Zitiert wird ferner aus den Ratgebern der Deutschen Krebshilfe und im Findex u.a. englischsprachige Journale, Kongress- und Konferenzunterlagen.
Zitate des Autors (mit Genehmigung entnommen aus dem Manuskript
“Liebe – Lust – Prostata. Frühe Diagnose rettet Leben” von Friedrich Zimmermann)
-bei Verwendung: bitte unbedingt kennzeichnen-
S. 1-2: (…) Ungewollt wird jeder Mann, jede Frau, jedes Paar irgendwann von einem Organ hören, dass da Prostata heißt. Die umständliche deutsche Beschreibung ist noch weniger bekannt: Vorsteherdrüse. Das hört sich schon schrecklich an, wie das Klischee vom alten Mann. Anrüchig. (…) Doch schleichend, nach den Jahren unbeschwerter Lust und Liebesglut, beginnen die Zweifel, ob man/frau sich den Fragen rund um die Prostata stellen sollte. Es geht nicht nur um Altmännerängste, nicht nur um witzelnden Komiker im Unterhaltungsprogramm. Seriös gefragt: Was passiert da eigentlich beim Mann? Wenn in der Werbung vor den Sieben-Uhr-Nachrichten im ZDF über Harndrang beim Mann geredet wird? Wenn die Reklame für Arzneien plötzlich ins Auge springt, die sich an Grauhaarige im besten Alter wendet? Wenn von Frauen das Prostata-Karzinom in der Apothekerzeitung zum ersten Mal wahrgenommen wird? Statistisch gesehen ist zwar “nur” jeder dritte Mann, von 10.000 untersuchten Männern, betroffen. Das zur Beruhigung. (…) / Am Anfang war das Wort oder Entmystifizierung eines Tabus
Am Ende der Personalversammlung meldete sich John noch einmal zu Wort. Der Mitsechziger, bekannt für seine sprachlich pointierten Einwände, möchte eine Erklärung abgeben. Nicht nur eine private, sondern eine intime. Die Anwesenden, die längst auf dem Sprung sind den Raum zu verlassen, ihre Aktendeckel in der Hand haltend, horchen auf. Der Kollege liebt eine klare Sprache. In Bruchteilen einer Sekunde, als das Wort intim fällt, liegt Spannung in der Luft: “Am Montag wird meine Prostata operativ entfernt.” Schweigen, Schockstarre, Räuspern, Stottern beim Institutsleiter, der als erster meint, etwas sagen zu müssen. John unterbricht ihn und schaut uns an: “Jeder hat schon davon gehört, keiner redet bei uns offen darüber. Ich will mich den Fragen stellen. Am Wochenende könnt ihr mich in der Klinik besuchen.” Ein Tabubruch in Südafrika. Selbst nach Überwindung der Apartheid als Staatsräson spricht noch niemand öffentlich über Sexualität, auch nicht unter Kollegen.
Prostata bedeutet doch auch Sex? Diese Gleichung geht nicht nur mir durch den Kopf. John, ein gut aussehender Mann mit Charisma ist beliebt. Seit ein paar Jahren erneut verheiratet mit Charlotte, einer wesentlich jüngeren, attraktiven Frau aus den Niederlanden. Jeder hier kennt die beiden als glückliches Paar. Assoziationsketten wirbeln durch den Kopf. Was nun? (…)
S. 13: Bin ich früher zum Arzt gegangen, dann mit Selbstvertrauen. Der Arzt musste mir meistens nur sagen, woher die Beschwerden oder Schmerzen kommen, eine Diagnose stellen. Mein Vertrauen in die Selbstheilungskräfte des Körpers war recht stabil. So richtige Angst hatte ich nicht. Mein relativ gesundes Leben beruhigte mich, dass alles wieder gut wird. Das ist nun anders. Der Befund Krebs in der Prostata hat dieses Selbstvertrauen erschüttert. Gesundes Leben hin, Selbstheilungskräfte her, warum dann Krebs? Ursachen, Gründe für diesen Krebs sucht die Wissenschaft immer noch. Ich fühle mich nicht mehr so selbstsicher. Zumal ich jetzt anders in mich hineinhorche: Hier ein kleiner Schmerz, da ein Zipperlein, dort knirscht es, sind das möglicherweise Anzeichen für mehr Krebszellen im Körper? Die totale Verunsicherung, zumal ich früher schon zur Hypochondrie neigte. Wer so gesund ist wie ich, den bringen leichte Schmerzen oder akute Beschwerden aus dem Rhythmus. Das Image als “Strahlemann” bekommt Risse. (…)
S. 16: (…) Mein Freund Peter bringt es noch einmal auf den Punkt: Warum hast du dich für die Operation entschieden und nicht für die anderen Möglichkeiten? Hier geht es um Krebs, nicht um einen Krebsverdacht. Ich will, dass der Tumor entfernt wird, radikal und endgültig. Dr. Mayer, der Operateur sagt, dass er eine solche Möglichkeit sieht. Alle anderen Methoden, z.B. Bestrahlungen, Seeds oder Hormontherapie, können den Tumor treffen und zerstören, wenigstens das Wachstum verzögern. Können (!) – aber es besteht auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich die “bösen” Zellen von den Strahlen nicht beeindrucken lassen. Der Tumor bleibt, ruht, schläft oder zieht sich zurück. (…) Die Ungewissheit würde mich zu sehr und immer neu belasten. Peter versteht meine Entscheidung. (…)
S. 22-23: (…) Dr. Stein ist ein sympathischer Mensch, der sich freut, dass seine ehemaligen Kollegen an ihn denken und dass ich wohl alles gut überstanden habe. Ich erzähle ihm, dass die Rentenversicherung die Anschlussheilbehandlung (AHB) in Bad Wildungen genehmigt hat. Mein neuer Urologe meint, dass sei das Mekka für Patienten wie mich. Dort kenne man sich aus, man habe viel Erfahrung und das Personal macht mich wieder fit. Ich reise mit der Bahn nach Bad Wildungen. Wichtige Frage beim Packen: Wie viele Windeln muss ich für vier Wochen mitnehmen? Der Koffer fährt per Kurier voraus. (…) Ich male mir ein Schild: GEDULD! – mit rotem, großem Ausrufungszeichen. Darunter eine Ablage für die Pillen, nach Tagen eingeteilt. Jedes Medikament eine neue Geduldsprobe. Das mit der Potenz geht wahrscheinlich schneller. Es passiert nun mal im Kopf; dort sitzt der Sexualtrieb. Wenn ein Nervenbündel bei der OP geschont wurde, kann die post-operative Erektionsstörung langsam überwunden werden. Im Patientenratgeber der Klinik sprechen die Autoren von einer sexuellen Funktionsstörung (hier Gliedversteifung Impotentia coeundi – erektile Dysfunktion = Erektionsstörung). Zur Wiederherstellung der Potenz gibt es Medikamente. (…)
S. 35-36: (…) Ein Mann, so scheint es, ist nur dann ein richtiger Mann, wenn keine Zweifel an seiner Potenz aufkommen. Verlust der Prostata bedeutet für ihn gleichermaßen Verlust der Zeugungsfähigkeit und somit der Männlichkeit. Ein solcher Verlust wäre ja schrecklich. Eine weit verbreitete Meinung unter Männern: Charly Chaplin und Anthony Quinn waren beide über 80 Jahre alt, als sie Kinder zeugten. Ob das stimmt – das ist vielen Männern egal.
Frauen, liebende Frauen, haben da eher Verständnis. Sie sind offenbar nicht so vordergründig “penetrations-orientiert” und auf die Potenz fixiert. Verächtlich sprechen viele von “rauf-rein-raus”. Von einer Befriedigung sind sie mit solchen Männern weit entfernt. (Zu dieser Aussage komme ich nicht allein durch eigene Recherchen; auch Psychologen haben darüber geforscht.)
Warum aber werden Prostataleiden und die Entfernung dieses Organs so kontrovers aufgenommen? Schon bei der Frage nach der eigentlichen Funktion der Prostata reden viele Männer um den heißen Brei herum, weil sie diese nicht kennen, nicht so genau kennen wollen. “Das hat irgendwie mit der Potenz und dem Sex zu tun.” Irgendwie? “Damit habe ich mich noch nicht befasst. Sollte ich?” Es ist ihm peinlich. Und warum sollte sich jeder Mann damit befassen? (…)
S. 43 (…) Dennoch, es war nicht Glück allein. Ich hatte Angst vor dem Sterben. Ich wollte nicht die Augen verschließen, davonlaufen, flüchten, wie das im Beruf gelegentlich der Fall war. Ich musste endlich mal eine wirklich lebenswichtige Entscheidung treffen. Unwissenheit konnte ich nicht vorschützen. Ich wusste genug über diese Krankheit, weil einige Freunde und Bekannte die Barriere des Schweigens aufgehoben hatten. Ihnen gilt mein Dank – in einem Fall auch posthum. (…)
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