Wir sprachen mit dem Herausgeber, dem Soziologen Dr. Sacha Szabo über die Plastikfigur als Kulturträger
Sie sind 7,5 cm groß, ihr freundliches Lächeln ist weltbekannt und jetzt feiern sie ihren 40sten Geburtstag. Playmobil-Figuren.
Auf der Spielemesse im Februar 1974 wurden die Plastikfiguren von Horst Brandstätter vorgestellt. Anfangs noch skeptisch betrachtet, wurden die Figuren bereits am Ende der Messe zum Verkaufsschlager. Mit dem Erfolg wuchs die Playmobilfamilie von Anfangs drei Urtypen, dem Ritter, dem Bauarbeiter und dem Indianer. 1976 kam die erste Playmobilfrau auf den Markt, Anfang der achtziger Jahre dann Kinder und Ende der achtziger Jahre wurde das Sortiment grundlegend überarbeitet, jetzt hatten die Figuren auch ganz individuelle Gesichter und weiter wuchs die Familie bis zur ersten schwangeren Playmobilfrau “Anna”, die 2012 auf den Markt kam. Wir sind gespannt, was sich Playmobil selbst zum runden Geburtstag schenkt. Für das Freiburger Institut für Theoriekultur war dieser Geburtstag Anlass sich wissenschaftlich mit diesem Erfolgsprodukt zu beschäftigen. Herausgekommen ist der Sammelband “Playmobil durchleutet” der von Sacha Szabo und Hannah Köpper herausgegeben wurde und dieses kulturelle Objekt aus unterschiedlicher Perspektive beleuchtet. Es wird zum Beispiel das Rollenbild im Kontext der Individualisierung hinterfragt, die historische Exaktheit der Playmobilritter oder das Frauenbild der Playmobilwelt. Es ist ein liebevoll zusammengestelltes Geschenk, das die Wissenschaft hier diesem Artefakt widmet.
Wir sprachen mit Dr. Sacha Szabo , einem der Herausgeber des Bandes über die Faszination von Playmobil.
Was begeistert einen Wissenschaftler an Playmobil?
Sacha Szabo: Ich selbst habe als Kind mit den ersten Playmobilfiguren gespielt, insofern ist mein Blick immer auch ein wenig romantisiert. Aber als Sozialwissenschaftler fallen einem sofort die sozialen Rollen ein.
Welche sind das?
Sacha Szabo: Es ist ganz spannend, wenn man die ersten Figuren betrachtet, findet man die Typen einer schichtmäßigen Gesellschaft: den Wehrstand: die Ritter, den Lehrstand: die Ärzte und den Nährstand: die Bauarbeiter. Was aber darüber hinaus so spannend ist, ist dass bei diesen Figuren der Wechsel zwischen den Rollen problemlos möglich ist. Zog man einem Bauarbeiter den Helm ab und setzte ihm eine Krone auf, wurde aus dem Arbeiter ein König. Eine wunderbare Utopie!
Playmobil hat sich aber weiterentwickelt, es gibt jetzt viel mehr als nur diese drei Figuren.
Sacha Szabo: Ja, auch dies lässt sich soziologisch beschreiben. Die Playmobils durchliefen eine Entwicklung hin zur Individualisierung, vergleichbar der von Menschen in der postindustriellen Gesellschaft. Das Risiko dieser individuellen Figuren ist nun ähnlich vergleichbar mit Spezialisten in unserer Arbeitswelt. Sie sind hoch spezialisiert und damit nicht mehr so flexibel einsetzbar wie die Urfiguren. Wenn sie nicht zur Spielwelt passen, droht ihnen das Schicksal in der Spielkiste zu bleiben und die Bühne anderen Playmobilfiguren zu überlassen.
Was wird denn gespielt?
Sacha Szabo: Gerade Playmobil als einerseits geschlossenes System, das andererseits eine hohe Innendifferenzierung hat, bietet die Möglichkeit die erlebte Wirklichkeit nochmals als Geschichte zu verarbeiten. Dies ist eine Leistung, die für Kinder notwendig ist, um Realität überhaupt begreifen zu können. Ein Autounfall, der nur schwer in das Weltbild eines Kindes integrierbar ist, kann nun mit den Figuren nachgespielt werden und damit in eine Sinnstruktur eingebettet werden.
Ist das alles?
Sacha Szabo: Das ist ein nicht zu unterschätzender Aspekt. Die Produktion von Sinn ist eine der anthropologisch exklusiven Eigenschaften des Menschen. Wir haben es also bei der Nachstellung von Wirklichkeit mit Kulturproduktion in Reinform zu tun.
Um was geht es in Ihrem Buch?
Sacha Szabo: Wir haben die Sinndimensionen dieses Playmobiluniversums ausmessen wollen und sind mit wissenschaftlicher Sachlichkeit beispielsweise der Frage nachgegangen ob das Bild, das Playmobilritter vermitteln ein realistisches ist und in welchen Punkten es von der Historie abweicht. Es wundert nicht, es ist ein romantisierendes Bild, das bestimmte Handlungsethiken in den Vordergrund stellt. Auch haben wir das Frauenbild von Playmobil untersucht.
Und welches ist das?
Sacha Szabo: Es war zu Anfang ein sehr traditionelles, die Playmobilfrau hat sich nur langsam emanzipiert. Anfangs war sie für die Verpflegung und für die Versorgung zuständig. Bis heute gibt es viele Playmobilmütter. Aber die Playmobilfrau ist auch in traditionelle Männerberufe vorgedrungen, nun gibt es nicht nur Polizistinnen sondern auch Einbrecherinnen. Was aber aus Sicht der Gender-Studies spannend ist. Die Playmobil “Figures” Sets erlauben auch Cross-gegenderte Figuren. Man kann Figuren zusammenstellen, die zugleich männliche wie weibliche Attribute beinhalten. Eine Modernität, die wir zu Beginn unserer Untersuchung nicht erwartet hatten.
Wann wird Ihr Buch erscheinen?
Sacha Szabo: Es wird im Februar passend zum Geburtstag von Playmobil erhältlich sein. Man kann es unter dem Titel: “Playmobil durchleutet. Analysen und Diagnosen zu dem weltbekannten Spielzeug” überall im Buchhandel erhalten.
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Angaben zum Buch:
Hannah Köpper/ Sacha Szabo (Hg.)
Playmobil® durchleuchtet.
Wissenschaftliche Analysen und Diagnosen zu dem weltbekannten Spielzeug
Marburg, Tectum, 19,90 EUR,
ISBN: 978-3-8288-3022-6
Erscheinungsdatum: Januar/Februar 2014
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