Osteopathie braucht gesetzliche Qualitätssicherung / Verband der Osteopathen Deutschland (VOD) e.V.: Politik muss Krankenkassen entlasten

(Mynewsdesk) Osteopathie boomt. Die Krankenkassen haben seit 2012 im scharfen Wettbewerb um Versicherte auf die ganzheitliche Medizin gesetzt und viele neue Kunden hinzugewonnen. Wer kritisiert, die Zahlungen für freiwillige Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen für Osteopathie-Behandlungen hätten sich von 2012 bis 2013 verdreifacht, macht die Rechnung ohne die Kostenersparnisse durch Osteopathie für das Gesundheitssystem. Andererseits gilt es, Lücken in der Qualitätssicherung durch eine gesetzliche Regelung zu schließen. Hier ist die Politik gefordert. Die aktuelle Berichterstattung über Osteopathie bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen Stimmungsmache und berechtigten Argumenten, so Prof. Marina Fuhrmann M.Sc. (USA) DO, Vorsitzende des Verbandes der Osteopathen Deutschland (VOD) e.V. Die in Medienberichten genannten Mehrausgaben von 110 Millionen Euro der Kassen für Osteopathiebehandlungen belaufen sich bei ca. 70 Millionen Mitgliedern der Gesetzlichen Krankenkassen auf Mehrkosten von gerade einmal 1,50 Euro pro Versicherten und Jahr. Rechnet man die Einsparungen durch Osteopathie-Behandlungen – z.B. für nicht mehr nötige Operationen oder Arztbesuche – und die Einnahmen der Kassen durch Neukunden dagegen, lässt das die zunächst mächtige Zahl von 110 Millionen Euro fraglich erscheinen. Mehr noch: Bei dieser Rechnung käme man auf ein Nullsummenspiel oder hätte einen Netto-Einspareffekt, unterstreicht Prof. Marina Fuhrmann M.Sc. (USA) DO. Dringenden Handlungsbedarf durch die Politik sieht der VOD in puncto Patientenschutz: Die Gesetzlichen Krankenkassen tragen eine Verantwortung für die Qualitätssicherung, der sie in der aktuellen Situation nicht gerecht werden können, meint VOD-Vorstandsmitglied Ulrike von Tümpling DO. Die Situation ist kompliziert: Osteopathie wird in Deutschland der Heilkunde zugerechnet und darf nur von Ärzten und Heilpraktikern vollumfänglich ausgeübt werden. Da es den Beruf Osteopath hierzulande noch nicht gibt, darf sich auf Grund fehlender gesetzlicher Vorgaben gleichzeitig derzeit nahezu jeder Osteopath nennen. Das berücksichtigen Krankenkassen nicht immer – dem Wildwuchs ist somit Tür und Tor geöffnet. Mehr als 100 Krankenkassen erstatten ihren Versicherten die Kosten für Osteopathie-Behandlungen heute teilweise – viele beziehen dabei Therapeuten mit in die Erstattung ein, die nur wenige hundert Stunden Ausbildung genossen haben. Andere Therapeuten wie Physiotherapeuten dürften Osteopathie nicht ohne Rezept ausüben, werden aber durch teilweise laxe Kassen-Praktiken zum Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz gedrängt. Ebenfalls paradox: Obwohl Osteopathie als Heilkunde nicht delegierbar ist, verlangen Krankenkassen eine ärztliche Verordnung/Empfehlung zur Kostenerstattung.  Das Argument der Kassen, die Qualität der Behandlung solle dadurch gesichert sein, dass eine Mitgliedschaft in einem Berufsverband beziehungsweise die Möglichkeit der Mitgliedschaft nachgewiesen wird, ist nicht stichhaltig, da sie den Begriff Berufsverband nicht immer exakt definieren. Die Folge: Patienten wissen nicht, welche Ausbildung sich hinter dem Osteopathen verbirgt, den sie aufsuchen. Der VOD fordert die Politik deshalb auf, eine bundesgesetzliche Regelung zu schaffen, die die Ausbildung des Osteopathen festschreibt und damit Qualität sichert. Die aktuell vom Berufsverband der Orthopäden und Unfallchirurgen (BVOU) geäußerten Forderungen nach Strukturverträgen für osteopathische Leistungen mit den Gesetzlichen Krankenkassen sind in den Augen des VOD nicht ernst zu nehmen: Zum einen verwundert es, dass sich auch Unfallchirurgen und chirurgische Orthopäden mit dem Thema Osteopathie auseinandersetzen und sie offenbar im Alleingang mit den Krankenkassen betreiben wollen. Frakturen, offene Wunden, Polytraumen und andere für diese Berufsgruppen gängige Diagnosen sind für langjährig ausgebildete umsichtige Osteopathen ein absolutes Tabu. Osteopathie als ganzheitliche Medizin wird bei Funktionsstörungen und nicht bei defekten Strukturen eingesetzt. Wer das nicht weiß, hat sich nicht mit Osteopathie befasst. Zum anderen zählt der Verband BVOU die Osteopathie zur Manuellen Medizin, wofür eine umfangreiche, 320 Stunden umfassende Weiterbildung erforderlich sei. In ihr würden bereits osteopathische Inhalte gelehrt. Diese Stundenzahl liegt jedoch weit unter den Vorgaben der Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der europäischen Osteopathie-Fachgesellschaften und der osteopathischen Ärztegesellschaften. Sie ist allenfalls eine osteopathische Einführung, jedoch keine osteopathische Medizin, gewährleistet weder eine ausreichende Patientensicherheit noch folgt sie dem Anspruch auf effiziente Behandlung. Die Forderungen des BVOU sind auch deshalb nicht umsetzbar, weil Osteopathie keine ausschließlich ärztliche Disziplin ist, sondern der Empfehlung der WHO entsprechend aktuell von ca. 7000 nicht-ärztlichen Osteopathen in Deutschland durchgeführt wird. Diese Realität kann auch der BVOU nicht ignorieren. Aus diesem Grunde unterstützen die Krankenkassen im wachsenden Maße eine bundesgesetzliche Berufsregelung des Osteopathen, die die Patientensicherheit und Qualitätssicherung im Auge hat. Die Etablierung einer Schmalspurfortbildung für Ärzte leistet zur Qualitätssicherung keinen Beitrag. In diesem Punkt sind sich nicht-ärztliche und ärztliche Osteopathie-Verbände einig.
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