Oper Carmen gegen den Strich gebürstet oder Don José als mordlüsterner Revolverheld

Oper Carmen gegen den Strich gebürstet oder Don José als mordlüsterner Revolverheld

Das Burgplatz Open Air in Braunschweig geht mit Bizets Carmen in die fünfzehnte Saison

Oper Carmen gegen den Strich gebürstet oder Don José als mordlüsterner Revolverheld

(NL/6903450264) Seit fünfzehn Jahren bereichert das Staatstheater Braunschweig mit seinem Open Air Programm auf dem Burgplatz in einer eigens dafür errichteten Arena das Kulturleben der Okerstadt. In diesem Jahr steht mit der Opéra-comique von Georges Bizet Meisterwerk wie zu Beginn der Freiluftaufführungs-Ära Carmen erneut auf dem Spielplan. Regisseur Philipp M. Krenn war angetreten, die oft volksfesthafte Aufführungspraktik gänzlich gegen den Strich zu bürsten. Generalmusikdirektor Srba Dinic stand dem nicht nach, denn er interpretierte Bizets Partitur nicht als Popkonzert mit gehörigem Um-Tata, sondern mit dem umsichtigen und bestens aufgelegten Staatsorchester Braunschweig feinfühlig. Er ließ auch zarte Töne zu und kostete die Möglichkeiten einer dramatischen Entwicklung ohne eindimensionale Knalleffekte aus. Schon die Ouvertüre ließ in ihrer musikalischen Vielfalt aufhorchen. Wie seit Jahren hervorragend, konnten die Zuschauer wieder von einer bestens eingerichteten Tontechnik profitieren, die gerade beim Orchesterpart die Qualität einer prominenten Einspielung eines hochkarätigen Klangkörpers aufwies. Aber das bloße herunterdudeln der Carmen-Hits versagt sich Dinic. Der temperamentvolle Dirigent Srba Dinic entlockte seinem Orchester vielmehr dunkle differenzierte Töne und setzt eine dramatische Entwicklung durch, die zeigten, dass das Staatorchester Braunschweig zu den führenden Klangkörpern im Norden der Republik gehört. Dinic führte Orchester, Chor und Solisten jenseits der sonst anzutreffenden plakatistischen Carmen-Routine sicher durch die Premiere. Das Publikum, das sich auch aus vielen Gästen der Sponsoren und des Staatstheaters zusammensetzte, feierte vornehmlich sich selbst und das Arena-Event, die Solisten, den Generalmusikdirektor und sein Staatsorchester sowie die Chöre und blieb beim Regieteam im Gegensatz zu den bisherigen Burgplatz-Open Air Premieren ungewohnt verhalten. Es mischten sich sogar einzelne Buhrufe für das Regieteam, das spanische Folklore weitgehend vermeidet, ihren Ansatz aber nicht durchhält und immer wieder ins Klischee verfällt, in den Applaus.

Der eigentlich opernerfahrene Regisseur Philipp M. Krenn konnte mit seiner naturalistisch-erdiger Carmensicht, die oft im Dunkeln spielte, schließlich nur bedingt überzeugen. Sein Versuch einer Neuinterpretation gelingt nicht, auch wenn es ehrenwert ist, dass in seiner Darstellung Carmen nicht Folklore oder Klischee der Kastagnetten-Liebesgeschichten in und um die Stierkampfarena bedeutet. Fraglich bleibt, ob es wirklich einfallsreich ist, Kastagnetten durch Bierflaschen zu ersetzen? Und ob es tatsächlich Sinn macht, die Oper umzudrehen und den Mord von Don José an Carmen an den Anfang zu stellen. Das Fehlen eines traditionellen roten Carmen-Kostüms, von Kastagnetten und der sich nicht immer erklärende Handlungsablaufs macht noch keine interessante Neudeutung des Librettos von Henri Meilhac und Ludovic Halévy und ist auch keine ausreichende Entkitschung. Unangenehm wird es für die Zuhörer, wenn Philipp Krenn die Sänger durch szenische Vorgaben dazu zwingt, im Liegen und Kauern singen zu müssen oder durch falsche Positionierung der Darsteller diese in die Mikrophone der jeweiligen Partner zu singen gezwungen ist. Von einem Bühnenbild im eigentlichen Sinne kann hier keine Rede sein. Vielmehr bietet Heike Vollmer mit Holzstühlen und -tischen, Ledersesseln, Holzbohlen und einem metallenen Bettgestellt lediglich multifunktional einsetzbare Versatzstücke, die kaum arenataugliche Optik erzeugten. Schade. Die Kostüme von Regine Standfuss sind seltsam nichtssagend aber zeitlos aber das Drama um Carmen, Escamillo und Sergeant Don José muss sich ja zeitlich auch nicht festlegen.

Die krude und zuweilen verworrene Handlung machte es dem Publikum nicht leicht und dass in französischer Sprache gesungen wurde, steigerte dieses Problem. Die Führung des großen Chores, der sich aus Chor- und Extrachor des Staatstheaters formierte, misslang nicht. Aber die Choristen treten halt einfach nur auf und ab. Nur bei der Positionierung des Chores im Zuschauerbereich macht das Sinn, denn die Choristen bilden dann das voyeuristische Publikum. Der Staatheaterchor wurde mit Extrachor von Georg Menskes bestens einstudiert. Und der Kinderchor konnte stimmstark in der Führung von Mike Garling gefallen. Auf dem Braunschweiger Burgplatz wurde Lillas Pastia zum handlungstragenden und handlungsbeeinflussenden wortlosen Erzähler, den der fast seit 20 Jahren zum Schauspielensemble des Staatstheaters Braunschweig gehörende Mattias Schamberger mit bloßem Oberkörper und typischer Torerohose (einer der Reste des doch vorhandenen Klischees) dämonisch darbot. Er steuerte als Mister Tod nicht nur Don José, der Carmen mehrfach, Bauernmädchen Michaela, sich selbst und irgendwie jeden erschoss, so dass es fast komische Züge bekam. Irgendwie wurde die Kraft, die dem Stück inne wohnt, durch die vermeintliche, hier fehlgeleitete, Kraft einer Waffe ersetzt.

Wenig Licht und umso mehr Schatten bot die Besetzung der einzelnen Partien. Die Operndirektion des Staatstheaters Braunschweig muss sich an erster Stelle fragen lassen, ob es wirklich sein muss, die Rolle des Don José mit einem rein lyrischen Tenor zu besetzen. Kwonsoo Jeons, der dem Don José schauspielerisch das Profil eines ewig Gehetzten gab, kann keinerlei Vorwurf gemacht werden, denn seine Stimme ist wundervoll und höhenstark aber eben nicht durchschlagskräftig genug, um seine Rolle gesanglich festspieltauglich zu interpretieren. Hier steht stimmlich ein hervorragender Rudolfo auf der Bühne, der (noch) nicht über die heldischen Qualitäten, die für die Partie des Don José erforderlich sind, verfügt. Eugene Villanueva zeigte in der letzten Spielzeit in Braunschweig als Marquis von Posa in Verdis Don Carlo einen ausgesprochen stimmschönen und mit dem notwendigen Strahl ausgestatteten Bariton. In der Rolle des Escamillos präsentierte er jedoch nur noch das Skelett seiner ehemals ausdrucksstarken Stimme. Höhenschwach mit brüchigem tiefem Fundament und ohne heldenbaritonaler Attacke gab er einen schmerbäuchigen lahmen Stierkämpfer, der auch beim lächerlichen Stage Diving oder albernen Armdrücken keinen Respekt einflößen oder gar Feuer entfachen konnte.

Kommen wir zu den Pluspunkten: Das Staatstheater Braunschweig darf sich glücklich schätzen, drei Mezzosoprane im Ensemble zu haben, die eine Carmen darstellen und singen können. In der Premiere zeigt Jelena Kordic mit tief grundiertem weiblich sattem Mezzosopran, wie schön in Carmen gesungen werden kann, wenn die Besetzung angemessen und die Stimme gesund und frisch ist. Carmen hatte in dieser Inszenierung in erster Linie stimmliche Reize, die das Publikum wirklich begeisterten. Der Regisseur verwandelte die Figur der Carmen in eine relativ unbeteiligte Person mit goldfarbenem Oberteil, die nicht im Mittelpunkt der Handlung steht und mehr geschehen lässt, als die Handlung voranzutreiben. Ein verführerisches Spiel, Liebe oder Sehnsucht sah der Regisseur in seiner Deutung der Carmen nicht vor. Irgendwie passte die bieder dargestellte und kostümierte Michaela nicht ins Regiekonzept. Sie wirkte wie ein Fremdkörper. Doch konnte die in Braunschweig seit Jahren zu den Publikumslieblingen gehörende Ekaterina Kudryavtseva mit ihrem aufblühenden lyrischen Sopran punkten, durch Melos in der Stimme berühren und es verwundert nicht, dass die Sängerin beim Schlussapplaus ähnlich wie Jelena Kordic mit starkem Applaus und Bravorufen bedacht wurde. Als durchweg schönstimmige Comprimarii sangen Matthias Stier Remendado, Maximilian Krummen Dancairo, Jelana Bankovic Fraquita, Milda Tubelyte Mercedes und David Ostrek, der alternierend mit Eugene Villanueva als Escamillo besetzt ist, kräftig den Morales. Die Rolle des Zuniga gab Dominic Barberi mit angenehm kräftigem Bass. Die Oper Carmen wird auf dem Braunschweiger Burgplatz noch bis einschließlich 5. September 2018 gespielt. Insgesamt finden 20 Aufführungen mit rund 25.000 Zuschauern statt, die bei gezielten Aktivitäten auch die regulären Aufführungen des Braunschweiger Staatstheaters bereichern könnten. Weitere Informationen und Kartenbestellung unter www.staatstheater-braunschweig.de

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