Die Angabe einer “voraussichtlichen Versanddauer” einer Lieferung verstößt gegen das Wettbewerbsrecht.
In seinem Urteil vom 05.10.12 (Aktenzeichen: 2 U 49/12) hat das Oberlandesgericht (OLG) Bremen entschieden, dass eine Angabe zu einer voraussichtlichen Versanddauer einer Lieferung gegen das Wettbewerbsrecht verstößt und daher abgemahnt werden kann.
Dieses Urteil dürfte von einiger Bedeutung für alle Internet- und sonstigen Versandhändler sein. Auch große Händler wie etwa Amazon sind selbstverständlich davon betroffen.
Bestimmte Formulierungen dürfen bei Fernabsatzgeschäften nicht mehr verwendet werden, wenn der Verkäufer keine Abmahnung riskieren will. Betroffen sind Angaben, die dem Käufer eine unbestimmte Lieferdauer voraussagen. Im verhandelten Fall wurde auf der Internetplattform Amazon eine Versanddauer von 1-3 Tagen genannt.
Diese Beschreibung ist dem Urteil des OLG Bremen zufolge rechtswidrig. Das OLG änderte damit das Urteil der Vorinstanz (Landgericht Bremen).
Problematisch an diesem Sachverhalt ist, dass die Angabe zur Lieferdauer beim Einstellen eines Angebots auf der Webseite bereits vorformuliert ist, ohne dass der Verkäufer hierauf einen Einfluss hat. Nach dem Urteil des OLG müssen die Händler nun mit Abmahnungen rechnen, obgleich sie die Formulierung nicht ändern können.
Als Begründung für diese Rechtsauffassung stützt sich das OLG auf das Argument, die Angabe der Lieferdauer sei ein unwirksamer Bestandteil der AGB des Unternehmens.
Zunächst wurde festgestellt, dass es sich bei der fraglichen Angabe nicht um irgendeinen rechtlich irrelevanten Hinweis handelt, denn der Käufer kann ihn nur als verbindlich verstehen. Daher war der Hinweis als AGB-Bestandteil zu werten und unterfällt als solcher den Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB. Aus diesen Vorschriften ergibt sich eine Unwirksamkeit besagter Formulierungen, weil sie sich auf unbestimmte Fristen (“1-3 Tage”) beziehen. Der Händler schuldet für die Erbringung der Leistung jedoch klare Angaben, damit für den Käufer deutlich erkennbar ist, wann er mit seiner Ware rechnen kann.
Mit dieser Vorgehensweise soll verhindert werden, dass der Käufer Rechte verliert, die sich aus der Fristüberschreitung und somit aus einem Leistungsverzug ergeben können. Das sind Rechte aus den §§ 280, 281, 286, 323 und 326 BGB.
Wenn AGB diese Rechte “aushebeln” sollen, so sind sie unwirksam, weil das Klauselverbot des § 308 BGB dies so vorschreibt. Der Käufer muss daher den genauen Zeitpunkt berechnen können, ab dem der Händler mit der Leistung in Verzug gerät.
In der Vergangenheit hat die Rechtssprechung jedoch bereits unbestimmte Formulierungen zugelassen (“ungefähr”, “ca.”, “etc.”). Denn hier kann der Käufer die Lieferzeit ausreichend genau ersehen, wenngleich er mit einer gewissen zeitlichen Schwankung rechnen muss. Die Fomulierung “Voraussichtlich” dagegen überlässt die Festlegung der subjektiven Ansicht des Händlers und eröffnet ihm damit einen zu großen Spielraum.
Als Konsequenz ist sie unwirksam und an ihre Stelle tritt die gesetzliche Norm des § 271 BGB, welcher vorsieht, dass die Lieferung sofort zu erfolgen hat. Durch eine Mahnung könnte der Käufer den Verzug erreichen und ggf. Schadensersatz geltend machen – für den Fall, dass nicht “sofort” geliefert wird.
Die Händler werden sich nun überlegen müssen, wie sie die Versandangabe künftig handhaben wollen, zumal ja, wie bereits erwähnt, auf vielen Plattformen die rechtswidrige Formulierung automatisch generiert wird.
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