Lebensversicherungen werden “grüner”

Lebensversicherungen werden “grüner”

– Der immer wieder beschriebene Megatrend zur Nachhaltigkeit betrifft immer mehr Lebensbereiche und Dienste, die man lange Zeit nicht mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Verbindung gebracht hat.

BildDer immer wieder beschriebene Megatrend zur Nachhaltigkeit betrifft immer mehr Lebensbereiche und Dienste, die man lange Zeit nicht mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Verbindung gebracht hat. Nach dem Willen der Politik sollen jetzt auch Finanzprodukte und Lebensversicherungen am Umbau Europas zum ersten klimaneutralen Kontinent mitwirken. 

* Versicherungen sollen beim Sicherungsvermögen für Lebensversicherungen mehr auf Nachhaltigkeit achten
* Auch soziale Aspekte spielen hier eine Rolle
* Verbraucher sind sehr interessiert, verlangen aber auch bei grünen Versicherungen die gleiche Leistung und Sicherheit

Für den Verbraucher stellt sich die Frage, was an einer Lebensversicherung noch nachhaltiger werden könnte. Schließlich handelt es sich um eine sehr langfristige Geldanlage, in die oft jahrzehntelang eingezahlt wird und die im besten Fall auch über einen sehr langen Zeitraum wieder ausgezahlt. Das sieht nach einer langfristigen und nachhaltigen Lösung aus.

Aber nicht alle Geldanlagen, die die finanzielle Basis für dieses Modell bilden, erfüllen auch den Anspruch, Umwelt und Klima zugutekommen, oder zumindest in dieser Hinsicht nicht schädlich zu sein. Versicherungen können und sollen diese Aspekte jetzt überprüfen, aber langfristige Geldanlagen für bestehende Verträge lassen sich nicht einfach austauschen. Vor allem der Wunsch nach einer Absicherung bestimmte bislang die Auswahl der Geldanlagen für die Lebensversicherungen, und so dominieren festverzinsliche Wertpapiere mit langer Laufzeit.

Nachhaltig meint mehr als umweltfreundlich

Für die Versicherungsgesellschaften spielen bei der Auswahl von Geldanlagen künftig nicht nur Umweltaspekte eine Rolle. Die Anlagepolitik wird vielmehr bestimmt vom Kürzel ESG. Das steht für Environmental Social Governance, zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Das bezeichnet die ,Corporate Social Responsibility’. Damit ist wiederum die unternehmerische Sozialverantwortung gemeint, die den freiwilligen Beitrag der Wirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung kennzeichnet und damit über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht.

Heute interessieren sich nicht nur immer mehr Verbraucher dafür, wo ihr angelegtes Geld konkret liegt und wer davon außer ihnen noch profitiert. Viele potenzielle Kunden treten von vornherein mit dem Wunsch an Versicherer oder Vermittler heran, dass ihr Geld nicht nur sicher und ertragreich angelegt wird, sondern eben auch nachhaltig und sozial. Sie wollen von den erfahrenen Finanzexperten bei ihrer Entscheidung an die Hand genommen werden, um ruhigen Gewissens die richtige Wahl zu treffen. 

Zu dieser Sensibilisierung für das Thema Nachhaltigkeit haben nicht zuletzt die Naturkatastrophen der vergangenen Jahre beigetragen, die das Thema ins Bewusstsein gerückt haben. Einen weiteren Beitrag hat schon vor einiger Zeit der Gesetzgeber getan. Er entschied, dass ab Januar 2022 auch vor dem Abschluss einer Lebensversicherung die Haltung eines Versicherten zum Thema Nachhaltigkeit abgefragt und berücksichtigt werden soll. 

Kritischer Blick auf das Sicherungsvermögen

Dass es bei dieser Beurteilung von nachhaltigen Geldanlagen um mehr geht, als um Fragen wie das papierlose Büro oder das Pflanzen von Bäumen, macht André Disselkamp, Co-Founder von Insurancy deutlich. Die Vermittler sind angetreten, um die Versicherungsbranche nachhaltiger zu gestalten. “Wir schauen uns bei Lebensversicherern an, welche ETFs oder Fonds die Gesellschaften im Portfolio haben,” berichtet er. “Für uns trennt sich bei der Anlage im Sicherungsvermögen die Spreu vom Weizen.”

Dennoch kommt eine pauschale Bevorzugung der nachhaltigen Angebote für die meisten Versicherungsunternehmen nicht in Betracht. Dafür spielen die Risikoabwägungen bei den Geldanlagen eine zu wichtige Rolle, um grünen Investments immer den Vorzug zu geben. Und auch die aufgeschlossenen Kunden erwarten meist gar keinen Automatismus beim Umstieg von konventionellem auf nachhaltige Sicherungsvermögen, sondern eher ein Prüfen und Abwägen. 

Selbst gut informierte und aufgeklärte Versicherungskunden sind seit dem Ukrainekrieg und dem Anstieg der Inflation vorsichtig geworden. Die Fachhochschule Dortmund hat bei einer Studie festgestellt, dass 70 Prozent der Befragten nachhaltige Aspekte bei einer Lebensversicherung besonders wichtig sind.

Verbraucher schauen auf Kosten und Nachhaltigkeit

Andererseits wollten zum Zeitpunkt der Befragung rund 40 Prozent der Teilnehmer das Thema Versicherungen zumindest solange zurückstellen, bis die Preise nicht mehr so stark steigen. So drosseln viele Verbraucher zwar bereitwillig ihren Energieverbrauch und setzen eher auf Reparatur als auf die neue Anschaffung von Geräten. Bei Themen wie Urlaubsreisen, Geldanlagen und Versicherungen dagegen dominiert noch immer die Preisorientierung, so ein weiteres Ergebnis der Studie. 

Im Endeffekt bedeutet das auch, dass bei aller Offenheit für das Thema Nachhaltigkeit bei Versicherungen fast ein Drittel der Befragten am Versicherungsschutz sparen. Die Autoren der Studie formulieren das Ergebnis dennoch positiv: Darin stecke für Versicherer die Chance, positive Aspekte der Nachhaltigkeit wie die Investition in neue, bessere Energieerzeugungen und nachhaltige Produkte zu betonen. 

Und das würde wiederum wohl bedeuten, dass die Versicherer trotz aller Widrigkeiten gute Möglichkeiten sehen, die Herausforderung Nachhaltigkeit anzunehmen, um sich Marktanteile in einem sich verändernden Umfeld zu sichern. 

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