Lebensart im Huis van Oranje von barock bis modern – Königin Beatrix eröffnet die Ausstellung Dutch Design in Oranienbaum

(ddp direct) Der Vorplatz zum Schloss Oranienbaum ist vollgeparkt mit Firmenwagen aus der Region. Die Handwerker arbeiten auf ein Datum hin: den 25. April. „Es ist dann sogar der zweite Besuch der Königin Beatrix im Schloss Oranienbaum“, freut sich Wolfgang Savelsberg. Der Kunsthistoriker ist verantwortlich für alles, was innerhalb der Kulturstiftung DessauWörlitz mit den Museen und deren Sammlungen zu tun hat – und ist auch im Vorbereiten von Protokollveranstaltungen auf dem Wege zum Profi. Von der niederländischen Königin weiß er: Sie hat ein persönliches Interesse am Schloss Oranienbaum. Wie dessen Erbauerin Henriette Catharina ist auch Beatrix eine Prinzessin von Nassau-Oranien. Henriette Catharina war verheiratet mit Johann Georg II von Anhalt-Dessau und brachte das Orangenbäumchen mit an den Ort, wo sie sich Ende des 17. Jahrhunderts nach Plänen ihres Landsmannes Cornelis Ryckwaert ein Sommerschloss bauen ließ: Oranienbaum, ein barockes Ensemble aus Stadt, Schloss und Garten.
Das orange Schloss soll wieder leuchten, soll zu einem Juwel, einem Kleinod werden im Gartenreich Dessau-Wörlitz. Über die Restaurierungsarbeiten in dem „kleinen Stück Holland“ hat die Königin Beatrix ihren herrschaftlichen Schirm aufgespannt gemeinsam mit dem deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck.

In sämtlichen Räumen und Gängen des Schlosses sind Glasvitrinen deponiert und Regalwände für die Sommerausstellung „Dutch Design – Huis van Oranje“ aufgebaut. Stündlich werden Kisten aus den Niederlanden erwartet, gefüllt mit gläsernen und keramischen Herrlichkeiten, mit kostbarem Schmuck und prachtvollem Kunsthandwerk. Berühmte niederländische Designer wie Viktor & Rolf, Hella Jongerius, Iris van Herpen, Piet Hein Eek, Spijkers en Spijkers, Marcel Wanders, Jan Taminiau, Jeroen Vinken, Richard Hutten, Bernard Heesen und Gijs Bakker stellen aus, sowie die Fotografin Desiree Dolron . Außerdem werden historische Möbel wie auch neuzeitliche Stücke aus dem königlichen Archiv in Den Haag zu sehen sein.

„Bitte jetzt nicht diese Tür öffnen, auf der anderen Seite steht eine Leiter!“ Tapeten werden hier aufgespannt, man sollte die Handwerker ihre Arbeit in Ruhe machen lassen. Aber die haben sich an den Medien-Rummel gewöhnt. An der Leiter steht einer, der ist mehr noch als ein Handwerker – ein Kunst-Handwerker. „Sie haben eine sehr schöne Tapete kreiert“, Wolfgang Savelsberg freut sich über das zufällige Zusammentreffen mit Wouter Dolk. Er ist Niederländer. „Ich lebe allerdings schon seit 25 Jahren in Köln“, gibt er zu. Auf seiner weißen Stofftapete versammelt sich eine riesige Schar orangefarbener Zugvögel – darunter ein blauer. „Die Stimme des blauen Blutes“, schmunzelt Dolk. Die Tapete von diesem zeitgenössischen Künstler ist eines der erstklassigen Design- und Modeexponate, die hier zur Schau gestellt werden. „Das exzellente Handwerk schwebt ja als Leitthema über unserer Ausstellung“, betont Savelsverg.

Studenten der Designhochschule in Amsterdam zum Beispiel haben Kleider und Kostüme historischen Porträts nachempfunden. Oder ein niederländischer Glasbläser fertigte einen Tisch mit handgeschliffener Spiegelfläche. Die gläserne Tafel wird historisches Kristall zum Funkeln bringen.
Überhaupt gerät Wolfgang Savelsberg ins Schwärmen, wenn er von dem Spiegelsaal der Henriette Catharina spricht. Die Pracht von einst soll sich in der Ausstellung in Erinnerung bringen.

Wesentlich älter als die bedruckten Stoffbahnen von Wouter Dolk sind die Bahnen im Ledertapetensaal. Sie haben die Zeit vom 17. Jahrhundert bis heute gut überstanden. Selbst die Nutzung als Anhaltisches Staatsarchiv viele DDR-Jahre hindurch und weiter bis 2002 hat ihnen nicht geschadet. „Im Gegenteil“, meint Savelsberg. „Archivmaterial puffert Feuchtigkeit. Und die Verdunkelung der Räume war das Beste, was der Ledertapete in all diesen Jahren passieren konnte.“Jetzt halten auch lichte Farben hier Einzug. Smalteblau kommt wieder zum Vorschein, es stammt aus der Barockzeit. In einigen frisch restaurierten Räumen hat sich die Moderne mit Farben eingerichtet, die in den 1920er Jahren von Dessauer Bauhauskünstlern entwickelt wurden. Selbstredend ist auch das „Orange“ hier zuhause. An der Außenfassade allerdings, so Savelsberg, war die Farbe des Schlosses ein gedecktes Weiß mit grauen Bossen, um einen Baustein aus Belgien zu imitieren. Dieses Aussehen soll auch wieder hergestellt werden.

Ein Wachmann im Hause hat Gemälde mit Porträts der königlichen Ahnengalerie in seinem aufmerksamen Blick. Einige der wertvollen Bilder waren schonim Besitz der Kulturstiftung DessauWörlitz andere wurden für die Ausstellung erworben oder geliehen. Die Königin wird es freuen, ihre Verwandten hier zu sehen. Und nicht nur sie. Vom „ernsthaften“ Historiker bis zum Fan königlicher Familienstorys werden die Besucher in Oranienbaum von einem Ausstellungs-Ensemble empfangen, das so authentisch ist wie selten eine Exposition. „Weil die Öffentlichkeit auch an der Restaurierung des Schlosses teilhaben und sie verfolgen kann“, sagt Savelsberg.

Der erste Raum, der 2002 nach dem Auszug des Staatsarchivs der Bevölkerung geöffnet wurde, war der historische Sommerspeisesaal im Schlosskeller. Dessen Gewölbe ist komplett mit den berühmten delftblauen Fliesen „angekleidet“. Jetzt öffnet Savelsberg die Tür zu einem Raum, der im vergangenen Jahr von Studenten restauriert wurde. Königin Beatrix wolle ihn unbedingt sehen, wurde explizit zu Protokoll gegeben. Vor vier Jahren hatten die Kulturstiftung DessauWörlitz und der Königliche Dienst in Den Haag die „Internationale Summer School“ exklusiv für Schloss Oranienbaum ins Leben gerufen. Beiden Partnern läge sehr daran, so Savelsberg, diese Sommerschule auch in den kommenden Jahren der Restaurierungszeit zu öffnen. Denn die Räume mit barockem Schmuckornament halten unter dicken Farbschichten noch manches Geheimnis ihrer Nachnutzung verborgen.

Die Ausstellung „Dutch Design“ zählt zu den Höhepunkten im Jubiläumsjahr „ANHALT | 800“. Für Besucher ist die Schau vom 26. April bis zum 30. September 2012 täglich außer montags geöffnet (Dutch Design).

Autorin: Kathrain Graubaum
Kontakt:
Dr. Wolfgang Savelsberg
Kulturstiftung DessauWörlitz
Tel. 0340/64615-35
savelsberg@ksdw.de
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